Pension der Sehnsucht
den Mund nehmen und es Ihnen zu verstehen geben.« Leise fuhr Percy fort: »Sie sind eine sehr raffinierte Frau. Sie haben mit mir zusammen gefrühstückt und im Büro gearbeitet, ohne mich ein einziges Mal mit meinem Namen anzusprechen. Mit geradezu akrobatischem Geschick haben Sie jede Gelegenheit vermieden, meinen Namen nennen zu müssen. Das hat mich, offen gestanden, fasziniert.«
»Seien Sie nicht albern.« Sie wollte die Schultern zucken, doch das gelang ihr nicht, denn seine Hände lagen noch immer fest darauf. »Ihre Fantasie geht mit Ihnen durch.«
»Aber vielleicht …« Nelly wollte sich ihm entziehen, doch er zog sie noch näher an sich heran. »Vielleicht sagen Sie jetzt mal meinen Namen.« Sein Mund berührte fast ihre Lippen. Sie fühlte, wie ihre Knie nachgaben.
»Percy«, flüsterte sie kaum hörbar.
»Sehr schön. Und von jetzt an sagen Sie das öfter zu mir.« Um seine Mundwinkel huschte ein Lächeln. »Haben Sie Angst vor mir, Nelly?«
»Nein.« Es klang nicht sehr überzeugend. »Nein«, wiederholte sie energisch.
»Sie schwindeln ja.« Er lachte amüsiert auf und hauchte einen sanften Kuss auf ihren Mund. Sie stöhnte leicht und schlang die Arme um seinen Hals.
Nelly schien es, als stürze sie einen tiefen Schacht hinunter, in dem bunte Sterne umeinander kreisten. Unwillkürlich erwiderte sie seine Küsse. Percys Hände folgten dem weichen Schwung ihrer Hüften, und während ihre Sinne taumelten, erforschte er die intimeren Stellen ihres Körpers. Nellys Sehnsucht wuchs, und sie schmiegte sich immer enger an ihn. Sie konnte nicht mehr denken, die Welt rings um sie versank.
Doch plötzlich mischte sich Angst in ihre Leidenschaft, und sie befreite sich aus seiner Umarmung. Bestürzt und verwirrt rückte sie von Percy ab. »Ich … ich muss nachschauen, wie weit das Mittagessen ist.« Zitternd umschloss sie die Türklinke.
Percy schob die Hände in die Taschen seines Jacketts und wippte auf den Absätzen. »Natürlich … lauf jetzt und kümmere dich um deine Pflichten, aber mach dich darauf gefasst, dass ich dich früher oder später besitzen werde, Nelly. Wenn es sein muss, bringe ich eine Zeit lang sehr viel Geduld auf.«
Nelly fand die Sprache wieder. »Das ist doch der Gipfel! Ich bin kein Objekt, das du über deinen Makler erwerben kannst.«
»Nein, in diesem Fall kümmere ich mich ausschließlich selbst darum.« Er lächelte sie aufreizend an. »Ich weiß immer genau, ob mir etwas gehört oder nicht. Anschließend ist es dann nur noch eine Frage der Zeit.«
»Aber mich bekommst du nicht!« Außer sich vor Wut trat sie dicht vor ihn. »Ich bin kein Besitz, den du deiner Trophäensammlung einverleiben kannst. Du behauptest, du hättest Geduld. Dann warte ruhig bis zum Jüngsten Tag.«
Sein Lächeln schürte nur noch ihren Zorn. Nelly drehte sich um und verließ türenknallend das Büro.
4. K APITEL
Montags gab es für Nelly immer viel zu tun. Sie war davon überzeugt, dass größere Katastrophen sich nur an einem Montag ereigneten, denn das war der Tag, an dem sie sich am wenigsten in der Lage fühlte, mit Schwierigkeiten fertig zu werden.
Percys Anwesenheit in ihrem Büro war eine zusätzliche Belastung. Seine Absicht, sie eines Tages zu erobern, ärgerte sie noch immer.
Frostig erklärte sie ihm jedes Telefongespräch, das sie führte, jeden Brief, den sie schrieb, jede Rechnung, die sie ablegte. Sie schwor sich, ihm keinen Grund zu der Behauptung zu geben, sie verweigere ihre Mitarbeit. Ich entziehe mich ihm als Frau, dachte sie schadenfroh, aber nicht als Managerin seines Hotels.
Percy verhielt sich korrekt und unpersönlich, was Nelly wiederum auch nicht gefiel. Sie hatte noch keinen Mann kennen gelernt, der sich so in der Gewalt hatte wie er. Seine Ruhe war geradezu aufreizend. Sie liebäugelte mit dem Gedanken, ihm ihre Tasse Kaffee über den Kopf zu gießen, nur um ihm irgendeine Reaktion zu entlocken. Die Vorstellung erheiterte sie.
»Denkst du gerade an einen Witz?« fragte Percy, als Nelly still vergnügt vor sich hin kicherte.
»Was?« Gleich wurde ihr Ton wieder kühl. »Nein, ich habe nur gerade an etwas anderes gedacht. Und jetzt entschuldige mich bitte«, fuhr sie fort, »ich muss mich davon überzeugen, dass die Zimmer alle aufgeräumt sind. Wo möchtest du zu Mittag essen? Hier im Büro oder im Speisezimmer?«
»Im Speisezimmer.« Percy lehnte sich zurück und klopfte mit dem Kugelschreiber auf die Schreibtischplatte. »Leistest du mir
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