People Always Leave
schüttelte den Kopf.
„Keine Ahnung, wie viel Sie brauchen, um wieder ruhig zu werden, aber nehmen Sie dann einfach mal eine und schauen Sie, was passiert.“
„Okay“, nickte ich.
„Wir werden uns nächste Woche wiedersehen“, sagte er und erhob sich. „Vorne wird Ihnen das Rezept ausgestellt.“
„Okay“, murmelte ich ein weiteres Mal und verabschiedete mich mit einem unguten Gefühl. Zwar holte ich das Rezept ab, ging aber nicht zur Apotheke.
Zu Hause versuchte ich mich erneut zu entspannen, doch alles um mich herum kam mir so anders, so fremd vor. Als ob ich gefangen wäre. Gefangen in einem Schleier aus Angst, Leid und Sehnsüchten.
Wie so oft begann ich am Abend The Simpsons zu sehen. Eigentlich nichts Außergewöhnliches, doch dieses Mal sollte alles anders sein. Nichts ahnend und halbwegs gelassen saß ich auf meiner Couch, als meine Pumpe plötzlich zu stolpern begann. Früher hatte es mir nichts ausgemacht, da ich es gewohnt war, doch jetzt wollte es einfach nicht mehr aufhören. Das Herzrasen begann. Alle paar Sekunden stolperte es kräftig, und ich bekam Panik. Jeden Aussetzer konnte ich klar und deutlich in meinem Hals spüren. Gebeugt begab ich mich zu meinem Vater und jammerte: „Mein Herz, mein Herz!“
Er blickte starr zu mir herunter, bis er endlich schnallte, dass es mir nicht gut ging.
„Komm rein! Soll ich einen Arzt rufen?“, fragte er nach einer gefühlten Ewigkeit. Nickend stimmte ich seinem Vorschlag zu.
„Was hast du?“, wollte Bianca von mir wissen, als ich im Wohnraum ankam.
Ich gab ihr keine Antwort und legte mich auf die Couch. Meine Gliedmaßen kribbelten, die Luft wurde immer dünner und mein Herz raste ohne Ende.
„Ich guck mal eben nach einem Notarzt“, sagte mein Dad.
„Wäre es nicht besser, wenn wir einen Krankenwagen rufen würden?“, warf Bianca mit einem besorgten Blick ein.
„Brauchst du einen?“, fragte mich mein Vater tatsächlich.
Fast schon heulend flüsterte ich: „Ja!“
„Dann rufe ich einen“, meinte er gelassen, während Bianca Panik bekam. Es war ungewohnt für mich, dass ausgerechnet sie sich um mich sorgte.
Eine knappe halbe Stunde ließ der Krankenwagen auf sich warten, dann endlich stürmten zwei Männer und eine Frau die Treppe herauf und eilten zu mir. Dauernd musste ich gegen meinen Brustkorb klopfen, da ich das starke Donnern einfach übertönen wollte.
„Was hat er?“, erkundigte sich der Arzt bei meinem Dad und blickte dann mit einem Schmunzeln auf meine Boxerstiefel, die ich gerne trug.
„Sein Herz“, grübelte mein Dad, der nun endlich begriff, dass ich nichts vortäuschte.
„Nehmen Sie irgendwelche Tabletten ein?“, fragte mich die Sanitäterin.
„Ja“, sagte ich. „Betablocker und Omeprazol.“
„Nun hören Sie mal auf, sich dauernd gegen die Brust zu klopfen!“, knurrte der Doktor, als er versuchte, das EKG anzulegen. „Stopp!“
„Es rast“, jammerte ich.
„Ja, aber Sie haben keine Schmerzen, oder?“
Hektisch schüttelte ich meinen Kopf und wäre am liebsten in Tränen ausgebrochen.
Nachdem er meinen Blutdruck gemessen hatte, sagte er: „Ziehen Sie sich an, wir nehmen Sie jetzt mit.“
So viele Menschen.
Dad zögerte kurz. „Soll ich mitkommen?“
Total entkräftet nickte ich ihm zu.
„Wir geben Ihnen jetzt etwas, das Sie beruhigt.“ Der Arzt nahm einen großen Beutel, gefüllt mit einer weißen Flüssigkeit, aus der Tasche. „Das sticht kurz“, sagte er.
Mit dem Tropf, den der andere Sanitäter in seinen Händen hielt, brachten sie mich runter zum Krankenwagen. Mein Dad setzte sich nach vorn, während ich mit den beiden Männern im hinteren Bereich allein war.
„Müssen Sie kotzen, wenn Sie rückwärtsfahren?“, fragte der Sanitäter unfreundlich.
„Nein“, gab ich zurück und legte mich auf die Trage.
„Gut! Ich möchte nämlich nicht Ihre Kotze wegmachen müssen!“
Als ob das jetzt noch eine Rolle spielen würde, dachte ich und versuchte mich zu entspannen. Der eigentlich sehr lange Weg zum entfernten Krankenhaus kam mir viel kürzer vor. Fünf Minuten, wenn überhaupt, doch waren es keine fünf, sondern knapp zwanzig Minuten. Dort angekommen, brachte man mich direkt in die Notaufnahme und schloss mich wieder an ein EKG-Gerät an. Nun lag ich da und blickte auf den Tropf, der immer leerer wurde.
„Ich will mehr“, murmelte ich völlig benommen.
„Wie geht es Ihnen?“, wollte die Krankenschwester von mir wissen, die plötzlich hereinkam und auf den Monitor
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