People Always Leave
in dem mein Vater mittlerweile wohnte, fragte ich mich ständig, was mit mir los war. Da ich aufgrund von Schimmelbefall leider aus meiner Wohnung rausmusste, hatte ich zu allem Übel kurzfristig zu ihm ziehen müssen. Es war schon schlimm genug, dass ich meine große Wohnung aufgeben und in ein kleines Zimmer siedeln musste. Meine Wohnungssuche verlief leider auch nicht gerade gut. Entweder gab es keine in meiner Preisklasse oder die freien Objekte befanden sich nur in Gegenden, in denen wirklich die Hölle ausgebrochen war.
„Ich bin wieder da“, sagte ich, als ich die Wohnzimmertür öffnete und meinen Vater auf dem Sessel sitzen sah.
„Schon zurück?“
„Ja, mir geht es irgendwie nicht gut“, begann ich zu erklären, doch es schien ihm völlig egal zu sein. Er sagte nicht ein Wort dazu. Wütend, gekränkt und auch ängstlich begab ich mich hinauf in meine Luxusbude und setzte mich auf meine Couch. Alles kam mir so seltsam vor. So unwirklich. „Morgen geht es mir besser“ , hoffte ich, und so war es auch. Früh am Morgen machte ich mich zum Einkaufen fertig, stylte meine Haare und zog mir was Schickes an. Ich brauchte unbedingt noch Fressalien für das Wochenende. Gut gelaunt machte ich mich auf den Weg, da geschah es erneut. Kaum an der Ampel angekommen, bekam ich wieder dieses Stechen im Bauch. Mein Innerstes fühlte sich an, als hätte ich zehn Liter Eis auf einmal gegessen. Das Herz geriet aus dem Takt.
„Jetzt reicht es mir!“, grantelte ich und ging zurück. Zu meinem Glück befand sich in der Nähe ein Kiosk, wo ich einfach schnell etwas kaufte. Wieder zu Hause war ich völlig entkräftet. Ich verstand die Welt nicht mehr. Später sollte ich für meinen Vater zur Tanke gehen und hoffte nur, dass dieses Gefühl nicht wieder kommen würde, doch da lag ich falsch. Kaum betrat ich den Ort, wo ich schon Hunderte Male zuvor gewesen war, da begann alles von vorn. Mein Herz schien förmlich aus mir herausspringen zu wollen. Dennoch kaufte ich die Sachen ein, die Hendrik haben wollte.
Lass mich nicht sterben, hoffte ich, als ich bezahlte. Nicht umkippen. Lass mich leben, bitte. Ich zahlte und eilte aus der Tanke, und kaum war ich wieder allein, fern von allen Menschen, ging es mir wieder besser. Erneut versuchte ich meinem Vater davon zu erzählen, doch der feierte lieber mit seinen Saufkollegen und interessierte sich kein Stückchen für mich. In meinem Zimmer angekommen, wusste ich echt nicht mehr, was ich tun sollte.
Am darauffolgenden Tag ging ich erneut zur Tanke, und es verlief genauso wie am Vortag. Es war ein Gefühl, als stünde man kurz vorm Sterben. Mein Körper machte, was er wollte, und immer, wenn mir jemand zu nahe kam, spielte mein ganzer Leib verrückt. Wenn das die Hölle ist, dann möchte ich niemals sterben.
Spät am Abend rief mich ein Freund an, und ich erzählte ihm alles, was mich bedrückte. Er war völlig baff und meinte, dass ich keine Panik bekommen solle. Für ihn klang es wie Hyperventilieren.
Am nächsten Morgen begab ich mich sofort zu meinem Hausarzt. Die Wartezeit war kaum auszuhalten. Dauernd spürte ich, wie mein Herz schlug. Überall! Im Bauch, in den Füßen, im Hals, sogar in den Fingerspitzen. Es machte mich wahnsinnig. Eine ältere Frau, die mich heimlich beobachtete, fragte mich irgendwann: „Ist alles in Ordnung mit Ihnen?“
„Panik“, sagte ich mit einem gespielten Lächeln und begab mich rasch aufs Klo. Die Luft wurde immer dünner und ich immer nervöser. Zurück im Wartezimmer versuchte ich mich mit schönen Gedanken zu beruhigen. Klappte nur nicht wirklich. Nervös wippte ich mit meinem Bein auf und ab.
„Herr Schuster?“, rief mich der Arzt.
Endlich! Hastig eilte ich in das Sprechzimmer und erzählte ihm, ohne Punkt und Komma, von meinem Leiden.
„Aha“, staunte er und horchte mein Herz ab. „Ein wenig schnell.“
„Das hatten wir doch schon einmal, und es verlief all die letzten Jahre so gut“, warf ich ein. „Wieso jetzt schon wieder und dann auch noch in diesem Ausmaß?!“
„Wenn ich das wüsste, würde ich es Ihnen sogar sagen“, lächelte der Arzt und nahm wieder Platz.
Super Antwort!
„Ich verschreibe Ihnen etwas gegen die Angst. Es wäre auch gut, wenn Sie sich um einen Termin bei einem Psychiater kümmern würden. Vielleicht kann dieser Ihnen ja helfen.“
„Ja“, fluchte ich entnervt und nahm das Rezept entgegen. Kaum hatte ich die Praxis verlassen und auf die Menschenmenge geblickt, begann es wieder und wieder,
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