People Always Leave
die Lippen.
„War das eben etwa ein Lächeln?“, staunte Schlaus.
„Wieso soll sich Dean von mir fernhalten?“, wollte Nathan freundlich wissen, ohne auf die Frage einzugehen. „Er tut mir gut, wirklich.“
„Er ist Arzt, Nathan, und keiner deiner Freunde. Früher oder später muss er mir sowieso sagen, über was ihr geredet habt.“
Nathans Laune sank schlagartig wieder in den Keller. „Lieber sterbe ich, als dass Sie etwas über mich erfahren, was Sie nicht verstehen würden.“
„Das wirst du auch“, schockte Doktor Schlaus ihn und keuchte wütend auf. „Deine Blutwerte waren nämlich miserabel. Um ehrlich zu sein, wundert es mich, dass du noch stehen kannst.“
„Sie finden das lustig, nicht?“
„Du willst sterben, Nathan. Meine Pflicht ist es nur, dich so lange wie möglich am Leben zu erhalten.“
„Sie können mich mal!“, fluchte er mit Tränen in den Augen und öffnete die Tür.
„Was ich dir noch sagen wollte, ist …“, rief Doktor Schlaus ihm nach. Nathan blickte über die Schulter. „Halt dich in Zukunft von Alexander fern. Oder möchtest du ihn auch unglücklich machen? Immerhin hast du nicht mehr lange.“
Am liebsten hätte Nathan nach irgendetwas Schwerem gegriffen und es in Schlaus´ Richtung geschmissen. Er tat es jedoch nicht und ging stattdessen wortlos aus dem Zimmer.
Schlaus wollte ihm zwar noch etwas sagen, doch er erkannte, dass es für diesen Moment einfach genug war. Tief atmete er durch.
***
Nathan war gerade auf dem Weg zur Treppe, als leise Gitarrenklänge und Gesang durch den Flur hallten. Sie führten ihn direkt in den Gemeinschaftsraum, vor dem er bedrückt stehen blieb. Ergreifend fasste er sich an die Brust. Dean spielte eine wunderschöne Ballade auf einer Gitarre und sang dazu. Patienten saßen um ihn herum und hörten seiner Stimme erfreut zu. Auch Alexander war anwesend, doch wie Nathan bekümmert feststellen musste, bemerkte der Autist ihn nicht. Nur Bärbel nahm ihn wahr, und aus irgendeinem Grund lächelte sie ihm erleichtert zu.
„You feel so alone right now but I promise you I stand always by your side. I will take your pain away. No more hurt inside of you“ , sang Dean.
Reglos sah Nathan zu Jennifer, die ihn ebenfalls bemerkt hatte. Sie verhöhnte ihn mit einem unsympathischen Grinsen. Ihrem Blick hielt er nur kurz stand. Hastig suchte er das Weite.
Unbewusst blickte Dean zur Tür und sah nur noch Nathans Rückansicht. Prompt verspielte er sich – kaschierte es aber mit einem kurzen Lächeln. Zu gern hätte er die Gitarre zur Seite gestellt und wäre Nathan nachgegangen. Doch er war nicht mehr sein Patient, und das bedeutete, dass er sich aus allem raushalten musste – egal, wie schwer es ihm auch fiel.
Auf dem Weg in sein Zimmer blieb Nathan vor Alexanders Tür stehen und blickte hinein. Ohne lange darüber nachzudenken, betrat er es und nahm auf dem Bett Platz. Er sah auf das weiße Kopfkissen und griff danach. Fest drückte er es an sich und schloss die Augen. Der Geruch, der ihm in die Nase stieg, kam ihm bekannt vor.
„Aber“, wisperte er geschockt. Ungewollt erinnerte er sich zurück.
Ängstlich und schluchzend stand Nathan in der Dunkelheit auf einer Brücke und blickte zu einer Horde Jugendlicher, die jemanden zusammenschlug.
„Nein!“, brüllte Nathan panisch, als er sah, wie jemand zu Boden ging.
„David!“, schreckte Nathan auf und rannte aufgebracht in sein Zimmer. Er knallte die Tür zu. Mit einem Mal rastete er komplett aus. Völlig außer sich riss er die Bettdecke von seinem Bett, donnerte die Sachen vom Nachttischschrank auf den Fußboden und blickte dann zu Jennifers Reich. Wütend stapfte er hinüber und verursachte ein regelrechtes Chaos. Die Nachttischlampe schoss hinunter, Kissen flogen umher und auch die Kleider mussten leiden. Dass es nicht seine Sachen waren, die er aufgebracht aus dem Kleiderschrank schmiss, interessierte ihn in diesem Moment nicht. Alles, was er in die Finger bekam, klatschte er mit Gewalt auf den Boden. Und er nahm keine Rücksicht. Auf gar nichts.
Nathan riss die Schublade auf und stoppte urplötzlich. Sein Blick fiel auf eine große Schere. Die Haarsträhne in seinem Gesicht nervte ihn total. Wütend versuchte er sie hinter sein Ohr zu streifen – es klappte nicht. Hastig griff er nach der Schere und begab sich zügig ins Bad. Kurz sah er sich im Spiegel an, bis er unüberlegt und kreischend sein kostbares Haar abschnitt. Büschelweise flog seine braune Mähne
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