People Always Leave
war alles ein wenig zu viel“, gestand Nathan und legte seinen Kopf auf Deans Brustkorb. Seine rechte Hand griff unter Deans muskulösen Oberarm und umklammerte diesen fest.
„Erzählst du mir davon?“, fragte Dean sanft.
Tief atmete Nathan durch, bevor er zu erzählen begann. „Ich habe David in der fünften Klasse kennengelernt. Anfangs war er mir völlig egal. Doch in der achten sah ich ihn plötzlich mit ganz anderen Augen. Ich war verliebt. Nach all den Jahren schlossen wir eine geheime Freundschaft. Schließlich war ich der Außenseiter, die Schwuchtel, und er der beliebte Südländer. Und jeder weiß, dass Südländer, egal ob Italiener, Spanier oder Griechen, nicht schwul sein dürfen. Wir trafen uns heimlich, unterhielten uns, und irgendwann kamen wir uns näher. Alles war so neu, so erfrischend. Wir liebten uns, doch nach ein paar Jahren des Versteckens kam es heraus, und er wurde von allen fertiggemacht. Zwar wusste niemand, dass ich derjenige war, mit dem er etwas hatte, doch es spielte ja auch keine Rolle. Er tat mir wirklich leid. Dennoch hielt uns das Ganze nicht davon ab, uns zu lieben. Er beendete die Schule, während ich vorzeitig abging. Wir schmiedeten Pläne, wollten in eine andere Stadt … zusammenziehen … und einfach nur unser Leben leben. Mein Vater wusste von all dem nichts – dafür Davids Eltern. Sie versuchten wirklich alles, um uns auseinanderzubringen. Sie begannen eine regelrechte Hetzjagd gegen ihren eigenen Sohn. Angebliche Freunde nahmen ihn sich zur Brust, drohten und schlugen ihn. Eine Zeit lang wollte er aufgrund der Geschehnisse sogar nichts mehr mit mir zu tun haben, doch seine Liebe zu mir siegte schließlich, und er kam zurück. Die Nacht, in der er verstarb, war das Schlimmste und Grausamste, was ich je erlebt habe. Nie hätte ich gedacht, dass Menschen so voller Hass sein können. Als David leblos auf dem Boden lag und die Fremden verschwanden, rannte ich zu ihm und versuchte ihm zu helfen.“
Nathans Stimme wurde mit jedem gesprochenen Wort schwerer. „Er sah mich an, zitterte und griff nach meiner Hand. Sein Blick …“
„Nathan“, flüsterte David entkräftet.
„Bitte, David! Halte durch! Ich werde Hilfe holen!“
„Nathan …“
„Ja?“, schluchzte der Braunhaarige.
„Versprich mir, dass du dein Leben leben wirst.“
„David, bitte! Sag das nicht! Du wirst durchkommen. Das verspreche ich dir, ja? Und sobald du gesund bist, ziehen wir zusammen und …“
David lächelte ihn an. „Vergiss mich bitte nicht“, wünschte er sich und schloss seine Augen.
„David?“, schluchzte Nathan. „David?! David!“, heulte er und warf sich auf ihn. „David …“
„Sein Herz“, begann Nathan mit schwerer Stimme, „es schlug nicht mehr. Überall war Blut, und ich wusste nicht, was ich tun sollte.“
„Hast du einen Krankenwagen und die Polizei gerufen?“
„Klar, sicher. Leider jedoch zu spät. Ich musste eine Aussage bei der Polizei machen, doch die Täter fand man nie. Zwei Polizisten fuhren mich nach Hause, und wie schon erwartet, war mein Vater nicht anzutreffen. Er war mit seiner tollen Perle feiern.“
„War es die Nacht, in der es mit dir geschah?“
„Ja, Dean, es war die Nacht.“
„Das bedeutet, dass du bei keinem Arzt je die komplette Wahrheit gesagt hast?“
„Dean, niemand wusste über David und mich Bescheid. Niemand. Nicht einmal meine damalige beste Freundin.“
„Warte, Nathan“, stutzte Dean.
„Ja?“
„Du hast also die ganze Zeit über gelogen?“
„Ich war nie der Glückliche an diesem Abend – so, wie ich es immer erzählte. Ich saß einfach nur da … und dann geschah es.“
„Verstehe, und du hast deinem Vater nie davon erzählt?“
„Nein. Er hätte es niemals verstanden.“
„Woher willst du das wissen?“
„Glaub mir, Dean. Ich weiß es.“
„Stand denn nichts in der Zeitung?“
„Nichts, Dean. Rein gar nichts.“
„Aber du musst dich doch anders verhalten haben … er muss doch etwas gespürt haben?“
„Habe ich doch, Dean.“
„Was meinst du?“
„Es war die Nacht, als alles begann. Für meinen Vater war ich stets ein Rätsel gewesen. Ein Rätsel, welches er nicht lösen konnte. Er horchte meine damaligen Freunde aus, ob ich schwul sein könnte und so ein Quatsch. Doch da ich es stets verneinte …“
„Du hast all die Jahre ganz allein mit dem Wissen gelebt, dass dein Freund ermordet wurde?“
„Es musste so sein.“
„Wieso?“
„Weil ich wusste, dass, wenn es
Weitere Kostenlose Bücher