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Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)

Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)

Titel: Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillem Balagué
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abgeschrieben war. Guardiola hatte seine Fußballschuhe erst sieben Monate zuvor an den Nagel gehängt, als Barcelona ihn als Trainer der zweiten Mannschaft verpflichtete. Doch als er ins Mini Estadi kam, um die Arbeit mit dem Barcelona-Nachwuchs aufzunehmen, wusste er, dass ein Teil von ihm unbedingt der Vergangenheit angehören musste: Er würde nicht als ehemaliger Spieler, sondern als neuer Trainer arbeiten. Und er musste eine Sperre aufbauen, die beide Welten voneinander trennte.
    Nach der rundum positiven Erfahrung mit dem B-Team war die erste Mannschaft etwas ganz anderes. Ein Spieler erlebte Pep Guardiolas Übergang vom Spieler zum Trainer, seinen Wechsel aus einer überschaubaren Welt in ein komplexes Netzwerk von Welten, aus nächster Nähe. Xavi Hernández war Ende der 1990er-Jahre sein Mannschaftskollege gewesen und konnte sich Peps Wechsel in die neue Rolle mühelos vorstellen, aber ihm war auch völlig klar, dass die Fähigkeit, ein Spiel zu analysieren, nur einer der Vorzüge ist, über die ein Trainer verfügen muss. Xavi und Pep hatten sich während Rijkaards Amtszeit ausführlich über die Defizite des Teams und die Schwierigkeiten im Umgang mit Spielern unterhalten, die vergessen hatten, wie man sich als Profi verhalten muss. Der Mittelfeldmann sagte Pep auch, er würde einen großartigen Trainer abgeben – er wollte, dass Pep und seine Werte und Ideen zum FC Barcelona zurückkehrten.
    Xavi war nach diesen Gesprächen überzeugt, dass eine Dosis der Guardiola-Medizin genau das war, was die Gruppe brauchte. Und Pep selbst wusste, als er die Umkleidekabine betrat, dass er nicht Xavi (oder Iniesta, Valdés oder Puyol) überzeugen musste, sondern diejenigen, die nicht allzu viel über ihn wussten. Er war seinerseits überzeugt, dass er das konnte.
    Um diese Spieler zu überzeugen, musste er so auftreten, dass es nicht danach aussah, als würde er den Beruf erst in der Praxis erlernen: Er hatte klare Vorstellungen von dem, was zu tun war, und vertraute darauf, dass sein Instinkt und seine Erfahrungen als Spieler ihm helfen würden. Aber es sollte auch noch unerwartete Wendungen und neue Lehren geben, die zu ziehen waren. Aber im täglichen Umgang mit der Mannschaft, wo ein Spieler den Trainer ständig von Neuem auf die Probe stellt, war es ganz wichtig, dass er vom allerersten Tag an jederzeit den Eindruck vermittelte, dass er genau wusste, was er tat.
    Die Entscheidung, Ronaldinho und Deco aus der Mannschaft zu werfen, verschaffte Pep umgehend Autorität, aber seine Handschrift wurde erst in der alltäglichen Arbeit erkennbar. Und dafür war die erste Versammlung, das erste Gespräch, außerordentlich wichtig. Er bat Xavi Hernández umgehend in sein Büro. Der Gesprächston glich dabei zwar dem bei früheren Unterhaltungen, die die beiden geführt hatten, aber etwas hatte sich unweigerlich geändert: ein Anflug von Demut in Xavis Stimme, der leicht geneigte Kopf. Pep war jetzt der Chef.
    Der Mittelfeldspieler hatte eben erst mit der spanischen Nationalmannschaft den Europameistertitel gewonnen, und in den Zeitungen standen Geschichten über seinen möglichen Vereinswechsel. Er hatte eine schwierige Phase in seiner Laufbahn hinter sich und verlor in dieser Zeit rasch die Freude am Fußball. Das hatte nicht nur mit dem Ausbleiben von Titelgewinnen in den zurückliegenden zwei Spielzeiten zu tun, sondern auch mit der Enttäuschung, die man empfindet, wenn talentierte Spieler scheitern, mit dem Mangel an Synergie im Klub und mit der Zahl der Jahre, die er in einem Umfeld verbracht hatte, in dem enorme Anforderungen gestellt wurden. Es war eine gefährliche Mischung.
    Xavi wollte hören, was Pep plante. Er hatte nicht die Absicht, wegzugehen, aber wenn es sein musste, erwog er die Möglichkeit, es in der Premier League zu versuchen. Manchester United streckte bereits die Fühler aus.
    Die Unterhaltung zwischen Spieler und Trainer fand in den ersten gemeinsamen Trainingstagen statt.
    Xavi: »Ich will nicht drumherum reden, Pep, ich habe eine Frage an dich: Zählst du auf mich?«
    Pep: »Ich kann mir dieses Team nicht ohne dich vorstellen. Ich sehe nicht, dass es ohne dich funktionieren könnte.«
    Mit dieser Bemerkung hatte Pep Guardiola Xavis Feuer wieder entfacht.
    Aber die psychische Erholung des Mittelfeldspielers war damit noch nicht beendet. In den seltenen Fällen einer Niederlage oder einer schlechten eigenen Leistung brachte Xavi seine negativen Gefühle am nächsten Tag auf den Trainingsplatz mit.

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