Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)
die Stars sein wollten in einem Team, in dem sich niemand als Star fühlt.«
Im ersten Jahr von Peps Amtszeit hatte Barcelona in einem entscheidenden Moment eines besonders wichtigen Spiels eine klare Torchance ausgelassen – der Trainer mag sich gar nicht daran erinnern, welches Spiel das war und wer diese Chance hatte. Aber unmittelbar nach dem Fehlschlag wandte er sich um und betrachtete die Reservebank. Einige Spieler waren aufgesprungen, weil sie den Ball schon im Netz zappeln sahen, andere zeigten keinerlei Reaktion. Pep orientiert sich an vielen Einzelheiten dieser Art, um zu verstehen, wie die Gruppe funktioniert, und diese Szene blieb ihm vermutlich dauerhaft im Gedächtnis. Sie wurde schließlich zu mehr als einer reinen Anekdote. Im darauffolgenden Sommer hatten alle Spieler, denen keine Reaktion anzumerken war, den Klub verlassen.
Zu Beginn des vierten Jahres von Peps Amtszeit in der ersten Mannschaft musste ein weiterer Stürmer gehen. Es war nicht der als Ibrahimović-Ersatz verpflichtete David Villa, über dessen Wirken sich Guardiola in aller Öffentlichkeit erfreut zeigte. Es war Bojan Krkić, der liebenswürdige, schüchtern wirkende Junge mit dem Babyface, der nach seinem Debüt noch im Rijkaard-Team mit gerade einmal 17 Jahren alle Herzen für sich gewonnen hatte und zum vielversprechendsten Absolventen aller Zeiten aus der Talentschmiede La Masía erklärt worden war.
Krkić hatte unter Pep kaum eine Chance zu glänzen erhalten und wurde schließlich an den AS Rom ausgeliehen. Der Youngster war sichtlich verärgert, weil es ihm nicht vergönnt gewesen war, beim Klub seiner Kindheit Triumphe zu feiern, aber noch mehr verletzte ihn die Art, in der Guardiola seinen Abgang handhabte. »Ich habe mich nicht von Pep verabschiedet, nur von denen, die mich gut behandelt haben«, sagte er unmittelbar nach seinem Weggang. »Die Beziehung zu Pep war nicht sehr gut.«
Diese Aussage beunruhigte die Sportkommentatoren in Katalonien. Die in Barcelona erscheinende Sportzeitung El Mundo Deportivo schrieb: »Wenn Pep wieder zur Erde zurückkehrt und auf demselben Boden wandelt wie wir gewöhnlichen Sterblichen, verwirrt er uns. So haben Bojans Aussagen gewirkt: Sie haben uns eine Seite an unserem Trainer gezeigt, die wir gar nicht entdecken wollten. Die Geschichte unseres jungen Spielers aus Linyola hat uns einen gefühllosen, nicht aus der Ruhe zu bringenden Trainer gezeigt, der als ebenso geheimnisvoll wie untadelig gilt, von diesem Image geschützt wird und seine Gefühle vollkommen unter Kontrolle zu haben scheint.«
Im Zentrum dieser Debatte stand die Person Guardiola, die für Barcelona-Fans und Journalisten unantastbar, fast mystisch war, aber jetzt von einem ehemaligen Spieler mit emotionsgeladenen, unmittelbar von Herzen kommenden Worten attackiert wurde. »Würde Pep mich jetzt anrufen und bitten zurückzukommen, würde ich Nein sagen«, erklärte Krkić in einem emotionalen Fernsehinterview nach seinem Weggang. »Es würde mir schwerfallen, ihm zu vertrauen. Ich sage nicht, dass sich unsere Wege nie mehr kreuzen werden, aber wenn er mich jetzt anriefe, würde ich Nein sagen. Ich habe keine gute Zeit erlebt. Es wäre keine gute Idee, wieder unter seinem Kommando zu stehen.«
Krkić war »in erster Linie« weggegangen, »weil ich nicht spielte« und »nicht glücklich war«, aber auch wegen »der Art, in der [ich]« von Pep »behandelt wurde«. »Nicht zu spielen ist die eine Sache, aber noch etwas anderes ist es, wenn man sich nicht als Teil der Gruppe fühlt. Ich hatte das Gefühl, dass ich machen konnte, was ich wollte, und er sah es nicht«, sagte Krkić, der mit einer schmerzerfüllten Traurigkeit, Machtlosigkeit und Resignation zu ringen schien. »Meine Eltern, meine Freunde und meine Freundin, sie alle sagten: ›Rede mit ihm‹, aber ich hatte einfach keine Worte. Vielleicht, weil ich dachte: ›Egal, was du tust, es wird sich nur sehr wenig ändern …‹«
Man konnte dem jungen Mann die Gefühle an den Augen ablesen. In seiner inneren Not bekannte er, dass er sich in der Endphase der Saison »psychisch nicht gut fühlte«, er habe »nicht das Bedürfnis gehabt«, mit einer erfolgreichen Mannschaft zu trainieren. »Ich fühlte mich von meinen Teamkollegen und einem großen Teil der Öffentlichkeit nicht geliebt.« Beim Champions-League-Endspiel in Wembley spitzte sich die Situation zu. »Dort sah ich, dass ich keine Rolle mehr spielte und mich darauf einrichten musste, lange Zeit nicht zu
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