Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)
hatte, wie er diesen Gegner schlagen und sein Team entsprechend einstellen konnte. Im Sommer 2011 nahm der Trainer von Real Madrid einige Feinabstimmungen vor und führte eine neue Taktik ein, bei der seine Mannschaft offensiver stand als noch in der Vorsaison und die Spieler der gegnerischen Hälfte näher rückten. Mourinho hatte während des Sommers auch stets das erste Pflichtspiel im Auge, mit dem die Saison eröffnet wurde: das Spiel um den spanischen Supercup zwischen dem Meister und dem Pokalsieger. Mit anderen Worten: das erste Saisonspiel, in dem es gegen den FC Barcelona ging. Pep wiederum achtete bei der Vorbereitung darauf, dass seine Spieler reichlich Erholungszeit hatten, damit sie in der bestmöglichen körperlichen Verfassung in diese anstrengende Saison gingen.
14. und 17. August 2011 – die ersten Clásicos der Saison um den spanischen Supercup
Das erste Spiel im Bernabéu-Stadion endete 2:2. Drei Tage später schoss Messi, der nach seinem Urlaub noch kaum mit der Mannschaft trainiert hatte, zwei Minuten vor dem Schlusspfiff das entscheidende Tor, mit dem er Guardiolas Mannschaft einen 3:2-Sieg sicherte. Aber das Spiel wird wegen der vergifteten Atmosphäre in Erinnerung bleiben, in der es beendet wurde, nachdem Marcelo wegen eines gefährlichen Tacklings gegen Cesc Fàbregas vom Platz gestellt worden war. Freunde wie Xavi und Casillas gerieten auf dem Platz aneinander, und – das war das Allerschlimmste – man konnte im Fernsehen sehen, wie José Mourinhos Finger in Tito Vilanovas Auge landete, als Spieler und Betreuer beider Mannschaften an der Seitenlinie miteinander stritten. Diese unappetitlichen Szenen führten dazu, dass Spieler wie Xavi und Piqué ihre spanischen Nationalmannschaftskollegen in Madrid offen kritisierten, weil diese sich ihrer Ansicht nach in Mourinhos finstere Machenschaften verstricken ließen.
Ein Barcelona-Spieler, der um Anonymität bat, fasst die damalige Stimmung unter seinen Teamkollegen so zusammen: »Wir wissen, dass er [Mourinho] die Hälfte der Zeit nur Pantomime betreibt, er macht das nur, um die Leute unter Strom zu setzen, aber es ist unglaublich, wie er die Presse um den kleinen Finger wickelt. Einem gegnerischen Trainer ins Auge zu greifen, ist so ziemlich das schändlichste Benehmen, das ich jemals bei einem Fußballspiel erlebt habe. Aber man muss sich nur ansehen, wie schnell die Leute so etwas zu vergessen scheinen. Und wenn du dich erinnerst, wird die Sache dann irgendwie so verdreht, dass wir die Schelte abbekommen, wenn die Zeitungen schreiben: ›Er hat das getan, weil er provoziert wurde!‹ Das fühlt sich die ganze Zeit wie ein aussichtsloser Kampf an.«
Fünf Monate später sollten beide Mannschaften wieder aufeinandertreffen, diesmal im Viertelfinale der Copa del Rey. Das war vielleicht nicht der wichtigste Wettbewerb, bei dem sich die beiden Mannschaften gegenüberstanden, aber mit Madrids Auftritt im Camp Nou kündigte sich, ungeachtet des Endergebnisses, eine Verschiebung in der Dynamik zwischen beiden Mannschaften an.
18. und 26. Januar 2012 – Clásicos im Viertelfinale der Copa del Rey
Nach einem 2:1-Erfolg für Barcelona im Hinspiel in Madrid war die zweite Begegnung im Camp Nou eine spannende Angelegenheit. Beide Mannschaften zeigten phasenweise guten Fußball, hinzu kamen noch die üblichen Streitereien. Barcelona wirkte mit einem zwischenzeitlichen Zwei-Tore-Vorsprung sehr sicher, aber Madrid kämpfte um den Ausgleich, erreichte noch ein 2:2-Unentschieden, und das blieb nicht ohne Wirkung auf Barcelonas Fans und Spieler. Als Real nichts mehr zu verlieren hatte, schien sich die Mannschaft wiederzufinden, machte die Gastgeber nervös und erschütterte ihr Selbstvertrauen. Das Spiel zeigte letztlich, dass ein ultradefensives Konzept nicht zukunftsweisend war, und war ein Signal für die Madrider Spieler, die bis zu jenem Abend von einem Minderwertigkeitskomplex geplagt worden waren. Die spanischen Spieler hatten Mourinho schon eine ganze Zeit lang gebeten, so spielen zu dürfen, und der Trainer akzeptierte die taktische Umstellung. Die Angreifer in Mourinhos Mannschaft, zum Beispiel Cristiano Ronaldo, begrüßten diese Entwicklung. Sie bot einen ersten Einblick in das, was noch kommen sollte.
Halbzeit im Camp Nou. Barcelona liegt im Rückspiel des Pokal-Viertelfinales gegen Real Madrid mit 2:0 in Führung. In der Kabine der Gastgeber tadelt Guardiola seine Spieler.
Er ist mit der gezeigten Leistung nicht zufrieden. Er
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