Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)
genau das Stärkungsmittel, das sie brauchte.
Xavi: »Pep hatte uns mehr als einmal gesagt, er müsse sich auf die Zunge beißen, die Kontrolle wahren und dürfe nicht auf die Anschuldigungen und Provokationen eingehen. Aber an jenem Tag hatte der Trainer von Real Madrid Pep direkt angegriffen. Er hatte seinen Namen erwähnt.«
Puyol: »Sie sagen ihre Sachen. Dann folgt noch mehr und immer mehr, lauter Lügen. Eines Tages musst du in die Luft gehen.«
Xavi: »Ich war beeindruckt, als ich hörte, was Pep getan hatte. Schockiert. Und es gefiel mir, es gefiel mir sehr.«
Puyol: »Wir sind angegriffen worden. Die Leute hatten Dinge über uns erfunden. Das hat uns immer wehgetan, und Pep gab einfach die Antwort darauf.«
Xavi: »Der innere Zorn muss irgendwann rauskommen. Nach dem Training hörten wir, dass er das alles gesagt hatte. Mein Handy lief vor lauter SMS über. Im Hotel sahen wir dann die Nachrichten, und da war Pep!«
Villa: »Wir sahen das nicht live, weil wir gerade vom Training kamen, uns umzogen und in unsere Zimmer gingen. Aber als wir zum Abendessen herunterkamen, wussten alle Bescheid. Noch vor der Rückkehr des Chefs von der Pressekonferenz brummte der ganze Laden.«
Piqué: »Ich bekam eine SMS , da stand: ›Pep ist hingegangen und hat es gebracht‹, und ich dachte: ›Was ist da passiert?‹, weil ich es nicht gesehen hatte. Ich sprach mit meinen Eltern, die in Madrid waren: ›Mensch, das war brillant! Es war an der Zeit, dass irgendjemand Mourinho Bescheid sagte‹, meinten sie. Die Zuversicht der ganzen Mannschaft erhielt einen kräftigen Schub.«
Xavi: »Wir sahen uns die Bilder von Peps Pressekonferenz an, die im Fernsehen wiederholt wurden, und als wir den Speisesaal des Hotels betraten, kamen unsere Eltern zu uns und sagten: ›Teufel noch mal, ihr hättet hören sollen, was Pep gerade gesagt hat!‹«
Piqué: »Als Pep später dann hereinkam, bekam er von uns eine stehende Ovation. Und Pep meinte nur: ›Was ist los?‹ (als ob er es abschütteln wollte). Auch seine Freunde waren dabei, unter anderem Trueba.«
David Trueba: »Ja, er bekam eine Ovation, und das war meiner Meinung nach mehr als nur demonstrative Unterstützung. Es war eine Botschaft für Pep, die ihm sagte, er solle sich nicht besiegt fühlen, weil er sich in Mourinhos Spiel hatte hineinziehen lassen.«
Piqué: »Er muss ein schlechtes Gefühl gehabt haben, weil das nicht seine Art ist. Aber es war notwendig. Er griff ihn direkt an, und diesmal hieß es: ›Gut gemacht!‹ Er hatte darüber nachgedacht und die Sache geplant. Es kam wunderbar rüber.«
Villa: »Was Pep da tat, half der Mannschaft, aber ich glaube nicht, dass er es tat, um uns zu motivieren. Es ging ihm zunächst wohl darum, sich selbst gut zu fühlen, Dinge loszuwerden und sich dabei gleich vor die Spieler zu stellen, die Betreuer und alle anderen, mit denen er zusammenarbeitet.«
Xavi: »Ach, manchmal musst du selbst austeilen, und das war die perfekte Gelegenheit, es war, als hätte Pep eine Flasche Schampus geöffnet, und all der aufgestaute Druck kam heraus. Die Stimmung wurde wirklich heiterer und leichter.«
Piqué: »Manchmal möchte ich auch gerne dagegenhalten, ich bin nicht aus Stein. Aber Pep sagte uns, er bevorzuge Respekt, Bescheidenheit, eine Antwort auf dem Platz, in einer Pressekonferenz sei das nicht nötig. […] Respekt vor dem Rivalen ist etwas Grundlegendes, aber wenn sie dich ständig angreifen, musst du schließlich eine Antwort geben. Eine Linie war überschritten worden, und wenn du darauf nicht antwortest, stehst du dumm da.«
Ohne Laporta fühlte sich Pep, angesichts von Rosells diskretem Auftreten, weniger geschützt, aber er konnte das nicht zeigen. Zum ersten Mal in seiner Trainerlaufbahn versuchte er ein Spiel in der Pressekonferenz zu gewinnen. Er wollte etwas gegen diesen Zustand der Melancholie unternehmen, in den der Klub zu diesem Zeitpunkt verfallen war. Er wollte das Blatt wenden und den Menschen zeigen, dass er angesichts der Aufgabe, nach der Pokalniederlage wieder gegen Bar Ç as Nemesis antreten zu müssen, weder entmutigt noch eingeschüchtert war. Es war eine Absichtserklärung, als wollte er damit sagen: »Ich kümmere mich um Mourinho.« Die Spieler konnten sich ihrer Gegner auf dem Rasen annehmen, die Vorstandsmitglieder sich mit ihren Pendants auseinandersetzen, und die Journalisten konnten untereinander raufen. Unterdessen wusste Guardiola, was er selbst zu tun hatte.
Die stereotype katalanische
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