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Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)

Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)

Titel: Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillem Balagué
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Gleichgewicht und Wohlgefühl der Mannschaft auswirken. In Rom und in Wembley hatten die einzigen Zweifel in Bezug auf die Aufstellung mit Verletzungen oder Sperren zu tun, und bei diesen Spielen ging es letztlich immer um einen Kreis von zwölf oder dreizehn Schlüsselspielern. Aber in Peps letzter Saison gab es vor jeder großen Begegnung Zweifel, und es waren harte Entscheidungen zu treffen, bis schließlich die Namen seiner elf Auserwählten genannt wurden.
    Mitunter wirkte diese Auswahl regelrecht politisch, manchmal logisch und, bei einigen Gelegenheiten, fast wie bei Cruyff. Auf diese Art, so dachte Pep, würde er bei seinen Spielern eine Reaktion hervorrufen. Eine Möglichkeit, die Mannschaft aufzurütteln und den gesamten Kader anzuspornen, bestand darin, eine Atmosphäre der Spannung zu schaffen und aufrechtzuerhalten und neue Spieler einzusetzen, die noch keine Erfahrungen in den schwierigsten Spielen der Saison gesammelt hatten. Pep hatte nämlich den Eindruck, dass der entscheidende Wettkampfvorteil der Mannschaft Stück für Stück verloren ging. Die Unsicherheit war allerdings auch schwierig zu kontrollieren, und Peps Bestreben, alle Beteiligten im Unklaren zu lassen, führte – im Unterschied zu früheren Jahren, in denen er die Wellen immer wieder meisterlich geglättet hatte – zu Unruhe, Sorgen und Unbehagen in den Köpfen der Spieler wie auch bei ihm selbst.
    Und wir sollten nicht vergessen: Peps größte Befürchtung seit dem Tag, an dem er vier lange Jahre zuvor zur Saisonvorbereitung nach St. Andrews gereist war, war immer gewesen, dass er eines Tages die Beziehung zur Gruppe einbüßen, den Draht zu seinen Spielern verlieren könnte.
    Ein Mangel an Aufmerksamkeit und unnötige Gegentore in der Nachspielzeit waren vielleicht Warnsignale der Art, wie er sie gefürchtet hatte. Und wenn er das Gefühl hatte, dass nicht alles in Ordnung war, drückte er in entscheidenden Augenblicken der Saison auf bestimmte Knöpfe. Diesmal erwischte er oft nicht die richtigen. Ja, gegen Madrid waren sie ihrem Stil treu geblieben. Und es stimmte schon, gegen Chelsea hatten sie kein Glück gehabt. Aber an der Art, in der die englische Mannschaft Barcelona in den letzten 20 Minuten im Camp Nou neutralisiert hatte, ließ sich ablesen, dass etwas abhandengekommen war.
    Pep hatte sich bei diesem Halbfinal-Rückspiel dafür entschieden, den Nachwuchsmann Cuenca auf der linken Außenbahn einzusetzen, dafür ließ er erfahrene Spieler wie Pedro, Keita und Adriano auf der Bank. Gegen Madrid hatte er mit Tello ein ähnliches Experiment gewagt, damals saßen Piqué, Sánchez und Fàbregas auf der Bank. Die Spielanalyse in den Bar Ç a-Büros bestand aus einer Liste von Fragezeichen. Solche Entscheidungen erinnerten manche Beobachter an Johan Cruyff, der gegen Ende seiner Amtszeit einer sehr eigenwilligen Logik folgte. Cruyffs Kritiker vermuteten damals, dass er sich an Strohhalme klammerte. Andere Kommentatoren meinten, Pep empfinde vielleicht irgendeine Art von »väterlichem Gefühl« für die La-Masía-Talente Cuenca und Tello, was sein Urteilsvermögen trübe. Konnte man wirklich zwei so unglaublich unerfahrene Jungs bei derart wichtigen Spielen gestandenen Nationalspielern vorziehen? Wie konnte man Tello eher zu den Aktivposten zählen als Fàbregas?
    Solche Maßnahmen brachten es auch mit sich, dass die größeren Namen, die auf der Bank Platz nehmen mussten, anfingen, an sich selbst zu zweifeln: »Wenn ich nicht spiele, muss etwas bei mir nicht stimmen.« (Eine Entscheidung, die von jemandem getroffen wurde, den sie bewunderten, verehrten und respektierten und der auch noch eine Bilanz mit so vielen richtigen Entscheidungen vorzuweisen hatte, konnten sie nicht infrage stellen.) Zweifel erzeugen Angst. Und Angst ist ein schlechter Weggefährte, wenn man zu einem Zeitpunkt, an dem die Dinge nicht günstig laufen, Verantwortung übernehmen muss. Das plötzliche Fehlen einer vertrauten Startelf – die in früheren Spielzeiten immer so klar gewesen war – bedeutete, dass viele Akteure mit ihrem Selbstvertrauen zu kämpfen hatten. Pedro zum Beispiel erlebte eine Entwicklung von der großen Entdeckung und Zukunftshoffnung zum großen vergessenen Mann. Fàbregas, der so oft das entscheidende, siegbringende Tor geschossen hatte, wurde vom Retter zum Einwechselspieler.
    Sie waren eine außergewöhnliche Gruppe von Spielern, ein Ausnahmeteam. Aber sie waren auch Menschen.
    In diesen wenigen Wochen mag Guardiola, ohne dass

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