Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)
die aktuelle Saison überschattete. Uli Hoeneß beschloss, sich mit seinem Freund Jupp zu treffen und ihm die Wahrheit, die von dem italienischen Fernsehsender öffentlich gemacht worden war, zu erklären.
Am Mittwoch, dem 16. Januar, zwei Tage vor dem Beginn der Bundesliga-Rückrunde nach der Winterpause, gab der FC Bayern offiziell bekannt, dass Guardiola Heynckes’ Nachfolger werden würde.
Diese Nachricht hatte eine enorme Wirkung in der Welt des Sports. »Habemus Pep«, titelte etwa das Fußballmagazin 11 Freunde . Nach Einschätzung der deutschen Presse kam jetzt der »Intellektuelle des Fußballs« nach Deutschland.
Bild sprach auch vom »Wundertrainer« und freute sich über die Tatsache, dass Guardiolas Verpflichtung für die interessierten Klubs der Premier League ein Schlag ins Gesicht sein musste. »Der Mann hat ›Cojones‹, wie man in Spanien sagt«, schrieb das Boulevardblatt mit der höchsten Auflage in Europa.
Bayern-Präsident Uli Hoeneß, überrascht vom internationalen Echo, als die Nachricht schließlich verkündet war, ist inzwischen der Ansicht, dass er beim Timing der Bekanntgabe vielleicht in einem Detail einen Fehler gemacht hat. » Wir hätten es vielleicht vor Weihnachten bekannt geben können, damit das Presse-Echo in der Winterpause stattgefunden hätte« – und nicht zu einem Zeitpunkt, zu dem die Saison wieder in vollem Gang war.
Peps früheren Befürchtungen zum Trotz war außerdem klar, dass der negative Kontext, der sich damit verband, Chef eines im halben Land verhassten Teams zu sein, zumindest aktuell für ihn bedeutungslos war. Er sollte vielmehr das Gesicht und der wichtigste Wortführer des FC Bayern sein, und das in einer Bundesliga, die sehr in Mode war, die im Lauf der letzten fünf Jahre einen enormen Popularitätszuwachs erlebt hatte. »Perfekte Lösung« lautete eine Schlagzeile der Frankfurter Allgemeinen Zeitung . Rummenigge fasste die Gefühle vieler Menschen so zusammen: »Wir sind sicher, dass er nicht nur dem FC Bayern, sondern auch dem deutschen Fußball viel Glanz verleihen kann.«
»Ich finde das großartig. Großes Kompliment an die Bayern, dass ihnen dieser Coup gelungen ist. Das muss man neidlos anerkennen«, sagte Hans-Joachim Watzke, der Geschäftsführer von Borussia Dortmund, in einer Stellungnahme, die in jeder anderen Liga undenkbar gewesen wäre. Die Worte von Jürgen Klopp, dem Dortmunder Trainer, klangen allerdings wie eine sportliche Warnung an den neuen Mann beim FC Bayern: »Ich werde für Guardiola der Mourinho. […] Beim BVB wollen wir den Bayern in den nächsten Jahren ein unangenehmer Gegner sein. Wenn Pep Guardiola mich dann in den 90 Minuten oder wegen des Ergebnisses nicht so mag – kein Problem.«
Jupp Heynckes, der erst wenige Stunden vor der offiziellen Bestätigung von Guardiolas Verpflichtung darüber informiert wurde, eröffnete seine erste Pressekonferenz nach der Winterpause auf Spanisch: »Buenos días a todos« (»Guten Tag allerseits«), »da können Sie sich schon ein bisschen an den Sommer gewöhnen«, scherzte er. Bei dieser Gelegenheit klärte er einige der ungelösten Fragen im Zusammenhang mit dem vermeintlichen Ende seiner Trainerlaufbahn zum Saisonschluss. Er bestätigte, dass er Hoeneß im zurückliegenden Sommer über seine Absicht informiert habe, nach dem Ende dieser Spielzeit aufzuhören, aber er habe dabei hinzugefügt, er wäre bereit, weiterzumachen, falls dies gewünscht werde: »Ich habe gesagt, wenn ihr keine adäquate Lösung für die Nachfolge findet, dann können wir gerne noch einmal reden.« Heynckes, der ehemalige Trainer von Real Madrid (1997/98) und vielen anderen renommierten Fußballvereinen (u. a. Borussia Mönchengladbach, Athletic Bilbao, Benfica Lissabon), ließ jedenfalls die Möglichkeit offen, dass er im Profifußball weiterarbeiten werde: »Es ist nicht richtig, dass ich gesagt habe, ich werde meine Karriere beenden. Ich höre hier beim FC Bayern auf. Ich habe nun fünf Monate Zeit, das zu verkünden, was ich meine sagen zu müssen. Meinen Entschluss möchte ich selbst verkünden. Ich entscheide selbst, wann ich aufhöre.«
So ist der Fußball. Der König ist tot, lang lebe der König. Aber Heynckes wusste, wie diese Dinge liefen, und begrüßte den neuen Trainer mit einem Kurzvortrag, der ebenso elegant wie verantwortungsbewusst war. Pep passe perfekt zum Selbstverständnis und den Anforderungen eines Klubs wie Bayern München: »Dieses Team ist nach Barcelona das zweitbeste
Weitere Kostenlose Bücher