Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)
gewesen wäre. Joan Gaspart, der damalige Klubpräsident, der ansonsten kaum eine Gelegenheit ausließ, im Rampenlicht zu stehen, war geschäftlich verhindert. Pep, der so bewegt war, dass ihm die Stimme brach, erklärte: »Als ich hierherkam, war ich 13 Jahre alt, inzwischen bin ich 30 und Familienvater. Meine Karriere rinnt mir durch die Finger, und ich möchte sie im Ausland beenden und andere Länder, Kulturen und Ligen kennenlernen. Ich fühle mich ziemlich befreit: ein bisschen ruhiger, ein bisschen wohler.«
Nach elf Spielzeiten in der ersten Mannschaft verließ Pep Guardiola, Bar Ç as Kapitän, der am häufigsten ausgezeichnete Spieler der Klubgeschichte, die letzte Symbolfigur des Dream Teams, die noch im Camp Nou spielte, am 24. Juni 2001 den Klub, den er liebte. Er hatte dort 379 Spiele absolviert, dabei ganze zehn Tore erzielt, aber 16 Titel gewonnen, darunter sechs spanische Meistertitel, einen Europapokal der Landesmeister, zwei nationale Pokalsiege und zwei Europapokale der Pokalsieger. Er war zu diesem Zeitpunkt auch viel mehr als nur ein weiterer großer Spieler, der den Klub verließ: Er ging als Symbol der katalanischen Identität des Teams in einer Ära, die von einem Zustrom ausländischer Spieler geprägt worden war.
Sein letztes Spiel im Camp Nou war das Halbfinal-Rückspiel im spanischen Pokalwettbewerb gegen Celta Vigo, bei dem Barcelona ausschied. Pep wartete danach, bis sich das Stadion vollständig geleert hatte. Cristina, seine Partnerin, war gekommen, um ihn zu unterstützen, so wie sie das bereits am Tag ihrer ersten Begegnung getan hatte, an dem er das Geschäft ihrer Familie betreten hatte. Ein simpler Einkaufsgang, bei dem er sich eine Jeans kaufen wollte, endete in einer Beziehung, die ihm in den schwierigsten Augenblicken seiner Laufbahn zu einer Kraft- und Trostquelle werden sollte. In Augenblicken wie diesem. Das Paar ging gemeinsam mit Peps Berater Josep María Orobitg aus der Kabine, den Gang hinunter und die paar Stufen hinauf, die zur Seitenauslinie des Camp Nou führten. Dort stand er dann zum allerletzten Mal als Spieler, um sich innerlich von dem Platz zu verabschieden, den er zum ersten Mal als Zehnjähriger gesehen hatte, knapp 20 Jahre zuvor auf der Nordtribüne hinter dem Tor sitzend. Er nahm die Stille, die in dem leeren Stadion herrschte, in sich auf, aber zum Weinen war ihm nicht zumute. Das vorherrschende Gefühl war, dass ihm eine große Last von den Schultern genommen wurde.
Luciano Moggi mit Leibwächtern am Mittagstisch.
Italien, Sommer 2001
»Das war eine schwierige Zeit, als Pep wegging«, erinnert sich Charly Rexach. »Sie nannten ihn alles Mögliche, er bekam eine Menge Prügel, ohne dass man ihm für irgendetwas, was vorgefallen war, Vorwürfe hätte machen können. Die Eigengewächse bekamen immer ihr Fett weg. Er war ausgebrannt und litt sehr. Guardiola leidet, er ist nicht der Typ, der solche Sachen an sich abprallen lässt. Er war überlastet und empfand ein Gefühl der Befreiung, als er weiterzog.«
Pep war 30 Jahre alt, als er sein letztes Spiel für Bar Ç a machte, und er war nach wie vor in einer guten Verfassung, also erwarteten die Leute unweigerlich, dass er zu einem von Europas führenden Klubs wechseln würde. Und es gingen auch Angebote ein. Inter Mailand, AC Mailand, AS Rom, Lazio Rom, Paris Saint-Germain und sogar einige griechische Vereine bekundeten Interesse. Die Tatsache, dass Pep auf dem Markt war, weckte in England das Interesse von Tottenham Hotspur, FC Liverpool, Arsenal London, Manchester United, Wigan Athletic, West Ham United und FC Fulham. Aber Pep wollte für die Mannschaft spielen, die seine Vorstellung beflügelt hatte, als er noch ein kleiner Junge war und auf dem Dorfplatz von Santpedor kickte. Er wollte zu Juventus Turin, so wie einst Platini, sein Vorbild auf dem Poster in seinem Kinderzimmer in Santpedor.
Nach der Darstellung von Jaume Collell in seiner ausgezeichneten Guardiola-Biografie verliefen Peps Verhandlungen mit Juventus wie eine Episode aus einem Mafiafilm. Die Geschichte beginnt mit einem Anruf bei Josep María Orobitg, dem Spielerberater, bei dem der Angerufene erfuhr, jemand von Juventus wünsche ein geheimes Treffen mit ihm. Also fuhr in Barcelona ein Auto vor, mit dem der Berater abgeholt und über eine Reihe von Nebenstraßen bis nach Turin kutschiert wurde. Auf dieser Fahrt wurde kaum ein Wort gesprochen, bis sie schließlich zu einem bescheidenen Hotel an einem abgelegenen Ort gelangten.
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