Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)
dessen Ankunft mitzuteilen, er sei nur auf Wunsch des Präsidenten verpflichtet worden, nicht weil er selbst ihn gewollt habe. Guardiola war entschlossen, seinen Wert durch Leistungen auf dem grünen Rasen zu beweisen, und akzeptierte die Prämisse. Er unterschrieb am 26. September 2001 einen Vertrag, als die Saison bereits begonnen hatte, gab seinen Einstand als Spieler aber erst am 14. Oktober gegen Chievo Verona.
Der mit Pep befreundete Trainer Juanma Lillo erinnert sich: »Eineinhalb Monate nach Peps Ankunft in Brescia war die Mannschaft bereits stärker von seinen Vorstellungen zur Spielweise beeinflusst als vom Trainer, aber Mazzone war klug genug, sich nicht gegen die Ideen zu wenden, die Pep bei diesem Team einführte. Eines Tages fragte Pep nach Videoaufzeichnungen zum nächsten Gegner, die Spieler und Betreuer analysieren sollten – so etwas war bei diesem Klub noch nie zuvor gemacht worden.« Anstatt den Wechsel nach Brescia als Rückschlag in seiner Laufbahn zu empfinden, sah Pep ihn als Möglichkeit, eine neue Art des Fußballspielens kennenzulernen und folglich auch sein taktisches Wissen zu erweitern. In dieser Phase hatte er bereits beschlossen, im Fußballgeschäft weiterzuarbeiten, wenn seine Spielerkarriere zu Ende ging. Fußball war seine Leidenschaft, seine Obsession, die Sache, mit der er sich am besten auskannte, und die Serie A galt seit Sacchi als die Liga mit der höchstentwickelten Defensivtaktik. Sein AC Mailand der 1980er-Jahre hatte nach allgemeiner Auffassung in Sachen Tempo und Defensivstrategie in den letzten beiden Jahrzehnten Maßstäbe gesetzt, und Pep war entschlossen, während seiner Zeit in Italien so viel wie möglich zu lernen.
Auf dem Trainingsplatz in Brescia an einem kalten Novembermorgen, 2001
Die langen Verletzungszeiten, sein Abschied von Barcelona oder sportliche Niederlagen verblassen bis zur völligen Bedeutungslosigkeit im Vergleich zu der emotionalen Zerreißprobe, die Pep durchmachte, als er während seiner Zeit in Brescia beim Dopingtest zweimal durchfiel – zunächst nach einem Spiel gegen Piacenza am 21. Oktober 2001 und dann, zwei Wochen später, nach einer Begegnung mit Lazio Rom am 4. November. Die Ergebnisse weiterer Analysen der Proben, die an ein Labor in Rom geschickt worden waren, bestätigten die Beschuldigung, dass Pep Nandrolon eingenommen hatte, ein anaboles Steroid, dem eine Verbesserung von Kraft und Ausdauer zugeschrieben wird und das ähnliche Eigenschaften wie Testosteron aufweist.
Guardiola erhielt die Nachricht über das mutmaßlich positive Ergebnis bei Freistoßübungen während des Trainings. »Ich sah, wie Carletto Mazzone mit dem Mannschaftsarzt sprach. Dieser Augenblick und dieses Gespräch veränderten mein Leben, aber das sollte mir erst später klar werden«, erinnerte sich Pep unlängst. »Sie kamen zu mir und teilten mir die Neuigkeit mit. Als ich in die Umkleidekabine zurückkam, sah ich an den inzwischen eingegangenen Anrufen auf meinem Telefon, dass die Welt ihr Urteil über mich bereits gefällt hatte.«
Pep rief noch am selben Tag Manel Estiarte an, der zu seiner besten Zeit als der Maradona des Wasserballs galt, einen Olympiasieger und Freund, der in Italien spielte und mit dem ihn eine enge Freundschaft verband. »Kennst du einen Rechtsanwalt? Ich werde einen brauchen«, sagte er zu Manel. Der kam am nächsten Tag zu Besuch, er erwartete, einen deprimierten Fußballer vorzufinden, den man in die Arme schließen musste, und hatte ein paar beruhigende Worte vorbereitet. Aber er traf auf einen Pep, wie man ihn kannte: stoisch, nachdenklich, obsessiv. Guardiola war die ganze Nacht wach gewesen und hatte zahlreiche Vorfälle recherchiert, die der Situation ähnelten, in der er sich jetzt befand: Er hatte die Schriftsätze gelesen und sich in Fallstudien vertieft. Pep stürzte sich auf die Suche nach einer Lösung, anstatt sich abzuwenden und sein Schicksal zu akzeptieren. Er würde kämpfen und die Sache nicht einfach nur den Rechtsanwälten überlassen. Auf seine typische Art nahm er diese Angelegenheit persönlich und war entschlossen, seine Geschicke selbst zu lenken und nicht andere darüber entscheiden zu lassen.
Pep war entschlossen, sich zu wehren, aber es sollte immer wieder Augenblicke geben, in denen diese Entschlossenheit auf die Probe gestellt wurde. In solchen Zeiten war Manel Estiarte zur Stelle, unterstützte ihn und bewahrte ihn davor, in Verzweiflung zu versinken, wie Pep selbst in der Einleitung zu Todos
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