Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)
auf meiner Ebene reden kann, du bist mein Kapitän.‹ Meist gab er den anderen Spielern, wie Figo, Anweisungen, in welchem Bereich sie sich bewegen sollten: vor ihm, draußen auf dem Flügel, sodass er sie anspielen konnte. Pep ist ein sehr taktisch denkender Spielertyp und außerdem ein guter Mensch, und deshalb wirkte er auf seine Mitspieler auch überzeugend.«
Die Beziehung zwischen dem Bar Ç a-Kapitän und seinem Trainer entwickelte sich weiter, Peps Ansehen wuchs, und er begnügte sich keineswegs nur damit, van Gaals Anweisungen für die anderen Spieler auf dem Platz weiterzugeben. Oft brachte er eine andere Vorgehensweise ins Gespräch, wenn er den Eindruck hatte, dass dies der ganzen Gruppe nützen würde.
Van Gaal führt ein Beispiel für ihre gemeinsame Vorgehensweise an, mit der sie im Tandem zu einer Lösung kommen wollten: »Pep war immer bescheiden. Ja, wir redeten oft miteinander, und er trug Ideen vor, aber immer auf die bescheidene Art. Ich erzähle Ihnen jetzt mal, was mit Stoitschkov geschah. Christo wollte meine Regeln nicht akzeptieren. Disziplin ist entscheidend, sie ist sehr wichtig. Gibt es außerhalb des Spielfelds keine Disziplin, ist es auf dem Platz nicht anders. Ich musste den Bulgaren ständig vor den anderen Spielern ermahnen: ›Du befolgst die Anweisungen nicht, ich kann dich nicht im Team behalten.‹ Ich verordnete ihm sogar Training mit der Reservemannschaft. Aber die Spieler hielten das für keine so gute Idee, also bat mich Guardiola, damals bereits Kapitän, ihm eine zweite Chance zu geben. Ich antwortete ihm: ›Okay, es geht nicht um mich, das Team ist wichtiger. Aber er kann das nicht noch einmal machen.‹ Also trainierte Christo wieder mit der ersten Mannschaft, enttäuschte mich aber wenig später abermals, und wieder musste ich ihn tadeln. Pep kam zu mir und sagte: ›Sie sind am Zug, wir haben ihm eine Chance gegeben, und er hat sie nicht genutzt.‹ Er wusste, wie wichtig Stoitschkov für die Mannschaft war, aber er wusste auch, dass es Regeln und Grenzen gab. Dass das Team Vorrang hat.«
Dieses Erfordernis, nämlich die Mannschaft über die Einzelperson zu stellen, erlebte Pep am eigenen Leib, als ihn van Gaal in der Saison 1999/2000 dem Ende seiner Spielerlaufbahn näherbringen und ihn schon mal auf den Weg vom Spieler zum Trainer bugsieren sollte. »Übrigens nahm ich Guardiola für Xavi aus der Mannschaft«, erklärt van Gaal. »Ich denke, Pep verstand das. Spieler müssen verstehen, dass man Änderungen nicht nur wegen des persönlichen Talents, sondern mit Blick auf die Zukunft vornimmt. Man muss über die weitere Entwicklung nachdenken, und wenn man sieht, dass bei einem Spieler die Form nachlässt, während der andere sich verbessert, muss man handeln. Für einen Spieler ist das schwer zu verstehen, und in seinem Innersten gelang das Guardiola vielleicht auch nicht. Aber für den Klub hat es sich als gut erwiesen, dass Guardiola sich weiterentwickelte, dass er schließlich als Spieler Platz machte und als Trainer zurückkehrte. Immer wieder schließt sich der Kreis. Die Kultur des Klubs, jedes Klubs, ist entscheidend. Und es ist sehr wichtig, dass die Institution ihre Fußballer lehrt, das zu bewahren. Heute gibt es Schlüsselspieler – Xavi, Iniesta, Puyol –, die in ihrer Führungsrolle Dinge anwenden, die sie von Pep als Spieler und Anführer gelernt haben.«
Van Gaals Vermächtnis beim FC Barcelona ist vielleicht einer der am gründlichsten missverstandenen Abschnitte der Klubgeschichte. Das ist zum größten Teil eine Folge seines schlechten Verhältnisses zur lokalen Presse, die für die Öffentlichkeit ein populäres Bild vom Klubgeschehen konstruiert und verbreitet und aus der eigenen Wahrnehmung im Hinblick auf künftige Generationen einfach Fakten macht. Die katalanischen Medien machten sich zum Beispiel immer wieder für talentierte, aber im persönlichen Umgang unangenehme Spieler wie Stoitschkov und Rivaldo stark. Van Gaal stellten sie dabei gleichzeitig als kalte und rücksichtslose Person dar, die nicht die geringste Ahnung von dem hatte, wofür der FC Barcelona als Klub und als nationale Institution stand. Doch die Wirklichkeit sieht ganz anders aus. Es trifft zwar zu, dass die Blaupause für die Spielkultur des Klubs von Johan Cruyff stammt, aber van Gaal hat einen wesentlichen Anteil am Ausbau der Grundlagen und der Verbesserung der Methodik und Systeme, auf denen ein großer Teil des gegenwärtigen Erfolgs von Barcelona beruht. Van
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