Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)
mis hermanos (»Alle meine Brüder«) schreibt, der Autobiografie des ehemaligen Wasserballers: »Sieben Jahre lang hielt ich einfach daran fest, dass ich niemals etwas Unrechtes getan hatte. Vom ersten Tag an warst du auf meiner Seite und hieltest zu mir, wenn jemand mit dem Finger auf mich zeigte und sagte: ›Guardiola ist ein schlechter Mensch.‹ Man vergisst ein solches Geschehen nicht. Du warst es, der mit seinem glücklichen Händchen die Teletext-Taste gedrückt hat, mit der mir der richtige Weg gezeigt wurde, sodass sieben Jahre später die Person, die mit dem Finger auf mich gezeigt hatte, ihre Meinung änderte und sagte: ›Guardiola ist kein schlechter Mensch.‹ Jetzt war ich ein guter Mensch. Ja, es war Schicksal, ganz sicher, aber du glaubtest an mich, und deshalb hatte ich Glück. Du hast mir Glück gebracht, dringend benötigtes Glück. Dieses Glück ist ein Geschenk, der beste Titel, den ich in meiner sportlichen Laufbahn je gewonnen habe. Nie wieder werde ich etwas erreichen, was so wichtig ist, das versichere ich dir. Ich hatte zu viel Achtung vor mir selbst, um Mittel einzunehmen, die mir schaden könnten.«
Was, so mag der Leser sich fragen, hatte der Teletext mit dieser Sache zu tun? Pep Guardiola bezieht sich hier auf einen Anruf, den er eines Sonntags von seinem Freund Estiarte erhielt, Monate nachdem des Nationale Olympische Komitee Italiens das positive Ergebnis des Nandrolontests bekannt gegeben hatte. Pep hielt vor diesem Telefonat ein Nickerchen auf dem Sofa, als Manel anrief und aufgeregt in den Hörer brüllte. Estiarte sagte, im Teletext des italienischen Fernsehens sei er zufällig auf eine Geschichte gestoßen, in der von einer neuen Entdeckung zu positiven Befunden bei Nandrolonfällen die Rede gewesen sei. Die Welt-Anti-Doping-Agentur ( WADA ) hatte entschieden, dass ein Testergebnis von weniger als zwei Nanogramm pro Milliliter einer Urinprobe eine nicht ausreichende Menge für einen Dopingnachweis war. Jetzt war nämlich festgestellt worden, dass der menschliche Körper in der Lage war, bis zu neun Nanogramm pro Milliliter selbst herzustellen, die Menge, die man in seinem Körper gefunden hatte (zum Vergleich: Dem kanadischen Sprinter Ben Johnson waren 1988 in Seoul 2000 Nanogramm pro Milliliter nachgewiesen worden). Das war eine zufällige und doch entscheidende Entdeckung, ein Teil eines langen Rechtsstreits, bei dem Peps Willensstärke auf die Probe gestellt werden sollte.
»Ich bin überzeugt, dass ich gewinnen werde«, erklärte Pep während dieses Verfahrens viele Male gegenüber der italienischen Presse. Er wurde mit einer viermonatigen Sperre belegt, aber ab dem Zeitpunkt, zu dem ihn das Nationale Olympische Komitee verurteilte, begann Guardiola einen Rechtsstreit, der erst mit dem Beweis seiner Unschuld endete. Er akzeptierte weder die Beschuldigungen noch irgendeine daraus folgende Sanktion und erklärte: »Das italienische Justizsystem kann mir nicht in die Augen schauen. Ich bin unschuldig.«
Das Gericht in Brescia verurteilte ihn im Mai 2005 zu einer Geldstrafe von 2000 Euro und sieben Monaten Gefängnis. Das Urteil wurde zur Bewährung ausgesetzt, weil Guardiola nicht vorbestraft war, aber es war ein gewaltiger Rückschlag für ihn. »Glaubt ihr, ich müsste ein verbotenes Mittel nehmen, um gegen Piacenza spielen zu können?«, sagte er jedem, der es hören wollte.
Für Pep ging es bei diesem Thema um menschliche Werte, Wahrheit und Lügen. Man beschuldigte ihn einer Tat, die er nicht begangen hatte, und er war darauf eingestellt, alles, was er besaß, für den Nachweis seiner Unschuld einzusetzen. Die Rechtsanwälte könnten ihm ruhig sein ganzes Geld abknöpfen, aber er würde nicht aufgeben, bis sein Ruf wiederhergestellt war. Nach dem Eindruck seiner Verbündeten, und das galt auch für Estiarte, war er vollkommen auf dieses Thema fixiert. Eine gewisse Besessenheit ist vielleicht sein Normalzustand, aber diese Sache führte ihn an den Rand der Erschöpfung. »Lass es gut sein, es ist vorbei, niemand wird sich daran erinnern«, sagte ihm der Freund nach dem Urteil. »Ich erinnere mich daran, und ich weiß, dass es eine Lüge war, dass es nicht wahr ist«, pflegte Pep auf solche Ratschläge zu antworten. Er musste so lange durchhalten, bis sein Name wieder reingewaschen war.
Collell beschreibt in seiner Biografie einen Vorfall, der verdeutlicht, was für eine Farce das Ganze war. Josep María Orobitg, Guardiolas Berater, entschuldigte sich im Frühjahr 2005
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