Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)
Gaal ist sich des Einflusses vielleicht gar nicht bewusst, den er mit seiner Arbeit auf Pep hatte. Dieser betrachtet ihn heute als Schlüsselfigur für den aktuellen Erfolg der Mannschaft: »Ich bin mir nicht sicher, ob er der beste Trainer der Welt ist, wie er immer wieder sagt«, erklärt Guardiola, »aber er ist mit Sicherheit einer der Besten. Ich habe viel von ihm gelernt. Allerdings müsste ich ihn fragen, ob er alles wieder genauso machen würde, wenn er nochmals die Möglichkeit dazu hätte.«
Peps Zeit unter van Gaal verlief nicht problemlos, und seine langen Verletzungspausen führten zu einigen unangenehmen Vertragsverhandlungen, die für Distanz zum Vorstand sorgten, ihm einige bittere Erfahrungen einbrachten und ihm zeigten, wie unversöhnlich und grausam die Fußballwelt mit denjenigen umgehen kann, die in ihr den eigenen Lebensunterhalt bestreiten.
Pep war während van Gaals Amtszeit noch verletzt, als Josep Lluís Núñez, der Klubpräsident, sich bei einem der Ärzte nach seinem Gesundheitszustand erkundigte – und als der Bericht zum körperlichen Zustand positiv ausfiel, hakte Núñez nach: »Gut, aber was ist mit seinem Kopf? Wie geht es seinem Kopf? Ist er nicht ein bisschen krank im Kopf?«
Pep fand heraus, dass der Präsident an ihm zweifelte. Noch schlimmer war allerdings das in den Straßen von Barcelona kursierende Gerücht, Guardiolas »rätselhafte« Verletzungen hätten bedauerlicherweise wohl damit zu tun, dass er sich mit Aids angesteckt habe. Pep hegt einen Verdacht zum Ursprung dieser völlig aus der Luft gegriffenen Gerüchte: Sie kamen weder aus der eigenen Mannschaft noch aus dem Kollegenkreis noch gar von Journalisten, noch waren Fans rivalisierender Klubs die Urheber. Dennoch war es offensichtlich, dass der Vorstand nichts unternahm, um die Gerüchteküche zum Schweigen zu bringen und den eigenen Kapitän zu schützen.
Für Pep wurde es schwierig, sich die Freude am Fußball in einem Klub zu bewahren, dessen Vorstand ihm weder Unterstützung gewährte noch Respekt erwies. Die Stimmung in der Mannschaft und ihrem Umfeld wurde immer negativer und verschlechterte sich noch weiter, als Peps Mitspieler und enger Freund Luís Figo die Fachwelt mit seinem Wechsel zu Real Madrid verblüffte. Dieser Vorgang war ein weiteres Symptom für die Zerwürfnisse und Brüche zwischen Klubpräsident und Vorstand, Mannschaft und Anhängern. Der Klub hatte sich gewandelt, es herrschte nicht mehr das Umfeld vor, in dem Fußball auf der Höhe der Dream-Team-Erfolge zelebriert wurde, er war eine Institution geworden, die von Pessimismus und gegenseitigen Vorwürfen dominiert wurde. Die Fans machten aus ihrer Frustration ein öffentliches Bekenntnis der Wut, die sie über Figos äußersten Akt des Verrats empfanden. Sie verwandelten das Camp Nou in einen von Hass brodelnden Hexenkessel, als der portugiesische Mittelfeldmann in das Stadion zurückkehrte, in dem er nur wenige Monate zuvor noch als Held gefeiert worden war. Der Lärm, der Figo empfing, als er im weißen Trikot von Real Madrid den Rasen in Barcelona betrat, wurde mit einem Düsenflugzeug verglichen, und die Feindseligkeit, die von den Bar Ç a-Fans ausging, mag Figo die gewünschte Botschaft vermittelt haben. Sie trug aber auch wenig dazu bei, die Stimmung in einem Klub zu verbessern, in dem das negative Element vorherrschte.
Pep hatte Mühe, mit der geballten Wucht des Hasses zurechtzukommen, der dem portugiesischen Star entgegenschlug, dem Paten eines seiner Kinder, und die Atmosphäre, die mit dieser ganzen Geschichte verbunden war, trug bei ihm zu einem wachsenden Gefühl des Unwohlseins bei. Genug ist genug, dachte er schließlich und beschloss – etwa zwölf Monate vor Auslaufen seines Vertrags im Sommer 2001 –, den FC Barcelona zu verlassen. »Wenn er sich entschieden hat, gibt es keine Möglichkeit mehr, ihn umzustimmen«, sagt Peps Berater Josep María Orobitg, der die Anweisung erhielt, mit Barcelona keine Verhandlungen über eine Vertragsverlängerung zu führen. Diese Entscheidung fiel Pep natürlich nicht leicht, aber er beschrieb das so: »Ich wog die Tasche mit den Dingen ab, die ich dazugewinnen würde, wenn ich weggehe, und sie war voller als die andere mit den Dingen, die ich bekäme, wenn ich bleibe.«
Pep verabschiedete sich zwei Monate vor Saisonende mit einer emotional aufgeladenen, sehr gut besuchten Pressekonferenz. Er saß alleine auf dem Podium, ohne dass ein Vertreter des Vorstands mit von der Partie
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