Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)
Guardiola sein«, sagte Laporta an jenem Nachmittag und sonnte sich im Widerschein des Ruhms eines Idols einer ganzen Generation von Barcelona-Fans. Cruyff ließ sich nicht blicken, obwohl er Guardiolas Ernennung zugestimmt hatte. Er zog es vor, hinter den Kulissen von Laporta die Fäden zu ziehen, so wie er das immer gehalten hatte.
Das Ausmaß des Risikos, das der Klub mit Guardiola einging, entsprach seinem Bekanntheitsgrad, aber er selbst hatte keine Angst vor einem Absturz. Seine Rede bei der Vorstellung vor den Medienvertretern war eine Wortkaskade, die er selbst viele Male aufgesagt hatte, im Bett liegend, im Pool in Doha oder bei tagträumerischen Spaziergängen an den Stränden von Pescara: »Ich bin ein Trainerneuling, deshalb gehe ich diese Chance mit grenzenloser Begeisterung an. Ich bin darauf eingestellt, auf jede erdenkliche Weise hilfreich zu sein. Ich kenne den Klub und hoffe, dass ich die Spieler und die Idee des Fußballspielens voranbringen werde, in die Sie alle Ihre Hoffnung setzen. Die beste Methode zur Ausbildung der Spieler ist, ihnen zu vermitteln, dass sie gewinnen können. Ich hoffe, das Gefühl des Privilegs, das ich empfinde, wird auch von allen Mitgliedern des Teams geteilt«, so Guardiola in dem gut besuchten Pressekonferenzraum.
Guardiola wiederholt gerne, dass seine wahre Berufung das Unterrichten sei. Er träumt davon, dass er, wenn er einmal dem Profifußball den Rücken kehrt, Kinder und junge Burschen trainieren kann, die »noch zuhören und etwas lernen wollen«. Seine erste Ansprache als Trainer hielt er wenige Tage nach seiner Vorstellung vor einem Publikum, das aus lernbegierigen jungen Burschen bestand. Nach seiner Erinnerung trug er dabei einige Gedanken vor, die so gut wie alle anderen für seine Vorstellung vom Fußballspiel standen.
Er könne damit leben, dass sie immer mal wieder ein schlechtes Spiel ablieferten, sagte er ihnen, aber er verlange bei jedem Spiel hundertprozentiges Engagement auf dem Platz. Er wolle, dass alle Teammitglieder professionell aufträten, auch wenn sie noch nicht als Profis gälten, und sich in allem, was sie täten, vom Wettkampfgedanken leiten ließen. »Das Ziel ist der Aufstieg; um das zu erreichen, müssen wir gewinnen, und das können wir nicht ohne Anstrengung«, ließ er seine Spieler wissen. Außerdem erklärte er, dass die Angreifer die besten Verteidiger werden müssten und die Verteidiger die erste Angriffsreihe und den Ball aus der Abwehr nach vorne bringen.
Die Spielweise war, ganz egal, was geschah, nicht verhandelbar: »Die Philosophie, die hinter der Spielweise dieses Klubs steht, ist allgemein bekannt. Und ich glaube an sie und fühle sie. Ich hoffe, dass ich sie allen vermitteln kann. Wir müssen ehrgeizig sein und den Aufstieg erreichen, da gibt es kein Vertun. Wir müssen das Spiel dominieren können und sicherstellen, dass wir nicht selbst dominiert werden.«
Der Klub hatte sich ein wahres Juwel gesichert. Pep nützte dieser Institution nicht nur, weil er Spiele gewann, sondern weil er das verstand und anwendete, was La Masía ihn gelehrt hatte. La Masía, die Akademie, die ihn geformt und stark gemacht hatte, die seine Stärken betont und seine Schwächen kaschiert hatte, führte ihn letztlich zum Erfolg.
Pep richtete sich in seiner neuen Rolle ein, indem er sich mit einem Helferteam umgab, dem er vertrauen konnte, mit einer Gruppe von Kollegen, die unzertrennlich gewesen waren, seit sie sich in La Masía kennengelernt hatten: Tito Vilanova, seine rechte Hand, Emili Ricart, der Rehabilitationstrainer, und Aureli Altimira, der Fitnesstrainer. Dieser Gruppe wurde schon bald klar, dass die technischen Qualitäten der Spieler, die ihnen im B-Team zur Verfügung standen, keinem Zweifel unterlagen. Jeder Spieler in La Masía hatte aufgrund des dort praktizierten Auswahlverfahrens überdurchschnittliche technische Fähigkeiten – nach mehr als zwei Jahrzehnten, in denen dort eher junge Burschen bevorzugt wurden, die mit dem Ball umgehen konnten, anstatt dass sie nach körperlichen Merkmalen ausgesucht würden. Pep sah jedoch, dass die technischen Fähigkeiten noch durch intensiveres Training und größere körperliche Belastungsproben ergänzt werden mussten, wenn das Team Erfolg haben wollte.
Und vor allem mussten sie das Siegen lernen. Einer Mannschaft und einer Jugendakademie, die so überreich mit Talenten gesegnet war, einen unbedingten, wettkampforientierten Siegeswillen einzuflößen, war so etwas wie ein
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