Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)
gründlich um und sammelte Meinungen zu Peps praktischen Trainerqualitäten. Er sprach mit Mitgliedern des Akademie-Betreuerstabes, die gemeinsam mit ihm an Trainerlehrgängen teilgenommen hatten, und auch mit den aktuellen Betreuern, und alle waren sich einig, dass Pep einer der besten Schüler gewesen war, mit dem sie je zusammengearbeitet hatten. Die Entscheidung fiel deshalb schon kurze Zeit nach der Besprechung mit Txiki Beguiristain.
Das war typisch Pep Guardiola: eine Mischung aus Kühnheit und Genie. Es gibt wohl nicht viele ehemalige Spieler, die einen Direktorenposten ablehnen, mit dem die Leitung einer gesamten Nachwuchsakademie verbunden ist, und stattdessen um die Chance bitten, zum Trainer einer erfolglosen Reservemannschaft ernannt zu werden.
»Weißt du auch ganz bestimmt, auf was du dich da einlässt, Pep?«, fragten seine Freunde immer wieder, nachdem sie erfahren hatten, was an jenem Nachmittag besprochen worden war. »Die vierte Liga, das ist die Hölle, das hat nichts mit dem Fußball zu tun, den du kennst. Das wird keine gemächliche Fahrt, eher eine holprige Angelegenheit. Bist du dir auch wirklich ganz sicher?« O ja, er war sich sicher. »Ich will einfach nur Trainer sein«, lautete seine Standardantwort. David Trueba schrieb dazu: »Pep hatte immer sehr deutlich gemacht, dass das Leben aus dem Eingehen von Risiken und aus Fehlern besteht – aber es sollten, wann immer das möglich war, die eigenen Fehler sein, nicht die von anderen.«
Es gab allerdings noch einen weiteren Stolperstein für Peps Wunsch, ein Traineramt übernehmen zu können, und das war die Tatsache, dass bereits ein anderer für diese Aufgabe auserwählt worden war: Guardiolas Freund und ehemaliger Mitspieler Luis Enrique. Ein begeistertes Bar Ç a-Vorstandsmitglied hatte dem ehemaligen spanischen Nationalspieler bereits mitgeteilt, der übrige Vorstand werde seine Ernennung zum Trainer des B-Teams für die Saison 2007/08 einstimmig gutheißen. Durch Peps Auftauchen hatte sich das mit einem Schlag geändert, und Beguiristain musste Luis Enrique mitteilen, dass die Entscheidung rückgängig gemacht worden war.
Für Pep hatte sich jetzt in vielerlei Hinsicht der Kreis geschlossen. Der Junge aus Santpedor, der das Glück gehabt hatte, vor etwa 20 Jahren einen Anruf aus La Masía zu bekommen, kehrte jetzt dorthin zurück, wo alles angefangen hatte. In der Zwischenzeit hatte er einen gewissen Abstand zum Klub gewonnen, und deshalb hatte er jetzt mehr anzubieten, als wenn er geblieben wäre.
Sieben Monate nach seinem Rücktritt als aktiver Fußballer, am 21. Juni 2007, wurde Pep Guardiola als neuer Trainer von Barcelonas B-Team vorgestellt.
Camp Nou, Pressekonferenz am 21. Juni 2007
»Ich hatte keine anderen Angebote vorliegen, niemand hatte mich angerufen. Deshalb bin ich dem Klub sehr dankbar, weil es für mich ein Privileg ist, Bar Ç as B-Team trainieren zu dürfen.« Das sagte Pep den Medienvertretern, die sich an jenem Sommertag zu seiner Vorstellung im Camp Nou versammelt hatten. Die wenig später beginnende Saison sollte mehr werden als nur ein Privileg. Sie entwickelte sich zu einem Feldzug, bei dem seine Qualitäten als Fußballtrainer definiert werden sollten.
Joan Laporta, der in jener Phase allmählich ein Bild abgab, das man in Amerika als lame duck bezeichnet, hatte bei der Pressekonferenz durch die Beförderung eines ehemaligen Spielers, der im Klub wie im ganzen Land als Symbolfigur galt, eine gewisse Glaubwürdigkeit bewahrt. Der neben Guardiola sitzende Laporta war in jenem Moment auf Peps Nimbus angewiesen. Früher war er ein erfolgreicher Präsident gewesen, hatte Barcelona mit zwei Meistertiteln und einem Sieg in der Champions League, die in Draufgängermanier herausgespielt worden waren, in Europa wieder zu einer Macht werden lassen. Doch im Lauf der Zeit hatte das Image des Präsidenten durch interne Streitigkeiten im Klub und durch Anschuldigungen vonseiten einer Reihe von ehemaligen Mitgliedern des Laporta-Vorstands – zu denen auch der inzwischen zurückgetretene Sandro Rosell zählte – Schaden genommen. Sie beschuldigten ihn, einen autoritären Führungsstil entwickelt zu haben, und manche Leute erklärten, er leide unter Realitätsverlust. Eine Saison 2006/2007 ohne Titelgewinn war natürlich nicht hilfreich. Macht ist eine merkwürdige Sache, und Laporta war das beste Beispiel dafür, wie sie selbst die idealistischste Persönlichkeit verändern kann.
»Mein ganzes Leben lang wollte ich
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