Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)
Liga spielten, führten das erste Team vor. Einer von Rijkaards Assistenten kam auf Guardiola zu und bat ihn, seinen Spielern zu sagen, sie sollten es etwas langsamer angehen lassen. Pep hatte bis dahin bezweifelt, ob er schon so weit war, das erste Team leiten zu können, aber dieser Vorgang lehrte ihn eines: Er konnte diese Aufgabe besser erledigen, als das gegenwärtig der Fall war.
Jetzt, wo auch Pep selbst zu den Guardiola-Befürwortern zählte, musste nach wie vor noch der Präsident überzeugt werden.
Joan Laporta rang nicht nur mit seiner Loyalität gegenüber Rijkaard und den Starspielern, die ihm beim Champions-League-Finale 2006 so viel Freude bereitet hatten, den Höhepunkt eines Traums und den zweiten Titelgewinn im prestigeträchtigsten Europapokalwettbewerb. Er wollte auch als ein Präsident in Erinnerung bleiben, der über seine gesamte Amtszeit hinweg einem einzigen Trainer die Treue gehalten hatte. Außerdem war da noch die vollkommen verständliche Angst, die Verantwortung für einen der bedeutendsten Klubs der Welt einem Mann anzuvertrauen, der gerade einmal acht Monate Berufspraxis als Trainer vorzuweisen hatte, und das mit einem Viertligisten. Inzwischen waren zwar alle anderen Vorstandsmitglieder von dieser Lösung überzeugt, aber es gab genauso viele Freunde und Journalisten, die zu Laporta sagten: »Mach das nicht, Joan, das ist Selbstmord, es ist fahrlässig.« Außerdem hatte man es in einer politischen Stadt wie Barcelona nicht vergessen, dass Guardiola bei den Wahlen im Jahr 2003 Laportas Rivalen unterstützt hatte. Dennoch gab Laporta schließlich nach und stimmte zumindest einem gemeinsamen Abendessen mit Pep zu, bei dem über die Zukunft gesprochen werden sollte.
Man traf sich im Februar 2008 im Restaurant Drolma des treffend benannten Majestic Hotel im Stadtzentrum von Barcelona. Dieses damals mit einem Michelin-Stern ausgezeichnete Lokal bot den Schauplatz für einen der entscheidenden Augenblicke der Klubgeschichte.
Nachdem die beiden eineinhalb Flaschen eines vorzüglichen Weines getrunken hatten, war Laporta so weit, das große Thema anzugehen. Nach der Darstellung des in Barcelona lebenden Journalisten und Bar Ç a-Experten Jordi Pons verlief das Gespräch so:
»Im Prinzip, wenn alles gut läuft, wird Frank Rijkaard die Mannschaft weiter trainieren, aber wenn nicht, nun, da haben wir an Sie gedacht. Sie könnten Frank ablösen«, deutete der Präsident an, vorsichtig das Terrain sondierend.
»Wenn Frank nicht weitermacht …«, dachte Pep laut nach.
»So wie die Dinge jetzt liegen, wird Rijkaard weitermachen, wenn sich das Team für das Champions-League-Finale qualifiziert. Aber wenn er geht, werden Sie der Trainer von Barcelona«, stellte Laporta klar.
»Das würden Sie sich nicht trauen!«, platzte Guardiola heraus, so ehrlich, wie er nur sein konnte. Diese Worte sollten die Überschrift für ein faszinierendes Pep-Porträt aus der Feder von Jordi Pons liefern.
Nach Peps Erinnerung spielte bei dieser Reaktion vielleicht der Wein eine kleine Rolle.
»Aber würden Sie es annehmen oder nicht?«
Pep entbot Laporta sein typisches dreistes Grinsen. Es war von der Art, wie wir es bei Pressekonferenzen oft gesehen haben und wie es einem mageren Burschen auf einem Dorfplatz in Santpedor oft aus der Klemme half.
»Ja«, sagte Pep. »Ja, ich würde es machen, weil Sie wissen, dass ich die Meisterschaft holen würde.«
Peps vom Alkohol befeuerte Kühnheit verwandelte sich am Tag nach dieser Besprechung in Selbstzweifel. Er vertraute sich seinem loyalen Assistenten Tito Vilanova an und rekapitulierte für ihn das Gespräch, das er am Vorabend mit dem Präsidenten geführt hatte: »Wenn Sie Frank entlassen, soll ich die erste Mannschaft übernehmen. Glaubst du, wir sind so weit?« Sein Freund zögerte keinen Augenblick mit der Antwort: »Du? Du bist schon längst so weit.«
Laporta stellte Rijkaard – so wie er es Pep beim Abendessen gesagt hatte – ein Ultimatum: Er musste die Champions League gewinnen, wenn er seine Laufbahn in Barcelona fortsetzen wollte. Der Holländer, der bereits wusste, dass Guardiola sein auserwählter Nachfolger war, reagierte in diesem Augenblick mit einer selbstlosen Geste, die sehr gut veranschaulicht, warum er sich die Zuneigung und den Respekt so vieler Leute bewahrt hat, zu denen auch sein damaliger Klubpräsident zählt. Rijkaard schlug vor, es wäre zum Wohl des Klubs doch eine großartige Idee, Pep sofort in den Trainerstab der ersten
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