Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)
wenigstens teilweise wiederbeleben könnte.
Die Selbstgefälligkeit und Disziplinlosigkeit der ersten Mannschaft wurde für alle Beobachter offensichtlich, und bestimmte Vorstandsmitglieder und ein wachsendes Presseaufgebot betonten jetzt, es gebe nur einen Mann, der die Ordnung im Camp Nou wiederherstellen könne. Nicht Pep Guardiola, sondern José Mourinho. Sie vertraten die Ansicht, der Chelsea-Cheftrainer verfüge über die einzigartige Kraft der Persönlichkeit und den Mut, der für die notwendigen, aber schmerzlichen Entscheidungen gebraucht werde. Wenn das einen Wandel in der Fußballphilosophie des Klubs mit sich bringe, dann müsse das eben sein: drastische Zeiten, drastische Maßnahmen. Und schließlich habe Mourinho immer von einer Rückkehr nach Barcelona geträumt.
Barcelona spielte am 27. November 2007 bei Olympique Lyon 2:2 unentschieden und erreichte so in alles andere als überzeugender Manier das Achtelfinale der Champions League. Die Gegentore resultierten aus einer chaotischen Verteidigung bei einer Standardsituation und aus einem unnötigen Elfmeter. Ein übereifriger, aufgeregter Rijkaard wurde zum ersten Mal in seiner Amtszeit in Barcelona auf die Tribüne geschickt.
An jenem Tag traf die Fußballabteilung eine wichtige Entscheidung: Sie beschloss, dass Rijkaard, dessen Vertrag noch ein Jahr lief, gehen musste.
Laporta schwankte nach wie vor, aber Marc Ingla, der Vizepräsident, und Txiki Beguiristain machten sich, um gewappnet zu sein, an die Entwicklung eines Plans B. Ingla, ein erfolgreicher Geschäftsmann, der im Marketingbereich tätig war, wollte Neuverpflichtungen genauso angehen wie jedes andere bedeutende Unternehmen, das eine Führungskraft einstellt: mit einem methodisch und analytisch betriebenen Auswahlvorgang, dem ein Vorstellungsgespräch folgt, bevor es dann zum Engagement kommt. In der Welt des spanischen Fußballs war das eine neuartige Vorgehensweise.
Luis Martín von El País schrieb hierzu: »Es wurde ein Anforderungsprofil für den neuen Trainer entworfen, das unter anderem einen Kriterienkatalog enthielt, den der Kandidat zu erfüllen hatte: Er musste die von Rijkaard übernommene Spielweise respektieren, für ein solides Arbeitsethos und Solidarität in der Gruppe eintreten, die Arbeit der Jugendmannschaften beaufsichtigen, einen Schwerpunkt auf die Vorbereitung und Erholung der Spieler legen, die mannschaftliche Disziplin wahren, allen Gegnern Respekt erweisen und über grundsolide Kenntnisse zur spanischen Liga verfügen. Außerdem sollte der nächste Trainer des FC Barcelona über ein Gespür und Verständnis für den Klub, seine Werte, Bedeutung und Geschichte verfügen.«
Ingla und Beguiristain gingen zunächst eine lange Liste potenzieller Kandidaten durch. Manuel Pellegrini, Arsène Wenger und Michael Laudrup schafften den Cut nicht, als die Namensliste auf ihre letztgültigen Präferenzen reduziert wurde. Es blieb eine engere Auswahl von drei Männern mit den Namen Ernesto Valverde (Espanyol-Trainer und ehemaliger Bar Ç a-Spieler), Pep Guardiola und José Mourinho. Valverdes Name wurde schon bald von der Liste gestrichen, als deutlich wurde, dass ihn zu wenige Vorstandsmitglieder unterstützten. Es ging jetzt nur noch um Guardiola oder Mourinho.
Dem einen fehlte es an Erfahrung, aber er vollbrachte mit dem B-Team wahre Wunder und war in jeder Hinsicht ein »Barcelona«-Mann. Der andere mochte zwar nicht über das Bar Ç a-Gen verfügen, aber er erfüllte praktisch jedes andere Kriterium und genoss außerdem die Unterstützung wichtiger Vorstandsmitglieder – etwa die des für Wirtschaftsfragen zuständigen Vizepräsidenten Ferran Soriano, eines weiteren Marketingfachmanns, der damals erklärte: »Die Marke Mourinho hat, in Verbindung mit der Marke Bar Ç a, das Potenzial, unserem Produkt zu enormer Bedeutung zu verhelfen.«
Ingla und Beguiristain bestanden im Januar 2008 auf einem persönlichen Treffen mit Mourinho und flogen nach Portugal, um mit dem Trainerkandidaten und seinem Berater Jorge Mendes zu sprechen, der eine gute Arbeitsbeziehung zu Barcelona unterhielt, weil er auch die Bar Ç a-Spieler Deco und Rafa Márquez vertrat.
Das Treffen fand in einer Filiale einer berühmten Lissaboner Bank stand. Mendes hatte diesen Ort vorgeschlagen, um jede unerwünschte Aufmerksamkeit zu vermeiden. Beguiristains Flug hatte sich verspätet, und bei seiner Ankunft war Ingla bereits im Gespräch mit dem portugiesischen Trainer. Mourinho präsentierte den Bar
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