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Per Anhalter (German Edition)

Per Anhalter (German Edition)

Titel: Per Anhalter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oke Gaster
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zu einer Lena aus dem Internet radeln würde, und das wegen ihm zwei Polizisten in die Wohnung kommen würden, weil sie sein Handy gefunden hatten… Grundgütiger, als David geboren wurde gab es womöglich noch nicht einmal Handys… Er hatte die Augen geschlossen und lag in einem Ding, das aussah wie eine gläserne Bratschale. Er trug einen blauen Strampelanzug mit einem Elefanten drauf und flauschige, gestreifte Söckchen, die so süß und winzig klein waren…
    Ihr Bild war ebenfalls im Krankenhaus gemacht worden. Allerdings lag sie in einer richtigen Wiege, nicht in so einem Glasdingsbums. Oder sah das bei David vielleicht nur aus wie eine Schale aus Glas? Sie wusste es nicht. Und eigentlich spielte es auch gar keine Rolle. Sie hatte auf dem Foto ebenfalls einen Strampelanzug an. Ihrer war rosa. Sie schlief nicht, sondern hatte die Augen aufgeschlagen und die winzige rechte Hand steckte in ihrem Mund.
    Als dieses Foto gemacht wurde, war David schon Vorschulkind. Er hatte sie von Anfang an in sein Herz geschlossen. Vor allem aber hatte sie ihn in ihr Herz geschlossen. Es gab nichts und niemanden auf der Welt, der ihr auch nur ansatzweise so viel bedeutete, wie ihr großer Bruder. Vielleicht noch ihre Mutter, jedoch auf eine andere, eine speziellere Weise. Essentiell eben.
    Sie fragte sich, wo David wohl war, als das Foto von ihr gemacht wurde. Vielleicht war er da gerade im Vorschulunterricht… Oder er war mit im Zimmer und schaute zu, wie man sie fotografierte…
    Wie sehr sie ihren großen Bruder vermisste…
    Ihm durfte einfach nichts passiert sein.
    Warum war er nur gegangen?
    Was wäre wohl gewesen, wenn ich früher wach geworden wäre? Hätte ich versucht, ihn aufzuhalten? Diese blöde Lena… Diese blöde Scheiß-Lena.
     
    Sie hörte, wie der Polizist ihrer Mutter erklärte, er würde sich melden. Mama war merkwürdig ruhig geworden. Sie wusste nicht, ob sie es als gutes oder als schlechtes Zeichen deuten sollte. Bald darauf jedenfalls, ging Mama mit den beiden Polizisten durch den Flur und brachte sie zur Tür. Sie redeten über Davids Computer. Die Dielen knarrten unter ihren Schritten. Lena zog die Bettdecke über den Kopf. Sie wollte partout nicht gesehen werden, und sie wollte vor allem nicht, dass die Polizei ihr Fragen stellte.
    Als sie auf Höhe der Schlafzimmertür waren, kam es ihr vor, als wären die da draußen unheimliche Geschöpfe, Monster, die ihr warmes Blut und ihr frisches Fleisch rochen. Irgendwo ist hier doch noch jemand. Ich rieche es. Es muss ganz in der Nähe sein. Hier… Irgendwo hier ist es. Gleich würden sie am Bett sein. Sie würden um sie herum schleichen, bis eine ihrer großen Hände nach ihr griff, die Bettdecke wegriss und Ü-ber-rasch-ung brüllte.
    Sie kniff die Pobacken fest zusammen und rollte sich unter der warmen Decke ein.
    Was, wenn sie Mama mitnehmen? Sie wissen ja nicht, dass ich dann alleine bin… und vielleicht hat Mama es vergessen . Ja, vielleicht hat Mama vergessen dass ich hier bin… Vielleicht…
    Doch dann hörte sie zu ihrer Erleichterung, wie die Haustür aufging und sie tschüss zu Mama sagten.
    „Wir melden uns bei Ihnen, Frau Gimm. Spätestens heute Nachmittag.“,
    „Also brauch ich denn nicht den Computer abbauen?“,
    „Nein. Also ich denke nicht, dass das nötig sein wird. Wir werden jetzt Rücksprache mit den Flensburger Kollegen halten, und dann sehen wir mal. Aber ich melde mich.“,
    „Gut.“,
    „Auf alle Fälle.“,
    „Alles klar!“,
    „Tschüss, Frau Gimm.“,
    „Tschüss!“
    Dann wurde die Haustür geschlossen und Lenas verkrampfte Haltung löste sich allmählich wieder. Sie hörte die trippelnden Schritte ihrer Mutter im Flur und rechnete damit, dass sie gleich zu ihr ins Bett zurückgekrochen kommen würde, um mit ihr zu sprechen. Stattdessen klickte in der Küche Mamas Feuerzeug. Es roch jetzt wieder sehr intensiv nach Aftershave. Kein unangenehmer Geruch. Ein bisschen wie Leder… frisch… so roch auch David, wenn er gerade frisch aus der Dusche kam.
    „Naa“ hörte sie und schlug die Bettdecke weg. Doch ihre Mutter war nicht im Raum. Sie dachte im ersten Moment, sie hätte mit ihr gesprochen. Doch stattdessen telefonierte sie.
    Und sie saß noch immer in der Küche.
    Nadja spitzte die Ohren und nach nur wenigen Augenblicken war ihr klar: Sie telefoniert mit Oma und Opa. Und irgendwie war es gut. In Ordnung… Besser, als wenn sie sich wieder über Wochen nicht beieinander meldeten.
    Sie erzählte die Geschichte am

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