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Per Anhalter (German Edition)

Per Anhalter (German Edition)

Titel: Per Anhalter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oke Gaster
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diese Wilden eine Art, äh, gesellschaftlich abgespalten lebender Zweig von Leuten. Ich persönlich hab davon auch noch nie etwas gehört. Gut möglich, dass es Zigeuner sind. Sollen aber wohl Deutsche gewesen sein.“,
    „Wieso, aber, warum, also…“,
     „Hm?“,
    „Warum… wurde denn Ihr Kollege erschossen?“,
    „Diese Leute wurden gesehen. In Mohrbüll. In diesem kleinen Dorf in der Nähe von Flensburg. Eine Anwohnerin hat den Förster informiert, und der ist mit dem Dorfsheriff möchte ich mal sagen, in diesen Wald gefahren. Hört sich vielleicht jetzt doof an, aber so wie ich das sehe, haben die sich da schlicht und ergreifend mit den Falschen angelegt. Das konnte aber auch niemand ahnen…“
     
    ***
     
    Nadja stand hinter der Tür und lauschte. Sie konnte die Dienstwaffen der Polizisten sehen und ihre großen, wuchtigen Körper. Jetzt hatte sie erst so richtig Angst. Das, was der dicke Polizist da erzählte, klang wie eine schreckliche Gruselgeschichte. Die schrecklichste, die sie je gehört hatte. Ihr Bild von den Wilden glich dem, das ihre Mutter im Kopf hatte, auf dramatische Weise, nur das ihre Wilden auch noch Masken trugen, in Bambushütten lebten und Menschen aßen.
    Sie fragte sich, ob Lena vielleicht die Tochter einer Wilden war… Ob Lena ihn vielleicht geködert hatte, wie ein Mann mit Kuscheltieren oder Lollies kleine Kinder köderte. Sie überlegte, einfach um die Ecke zu gehen und ihre These einzubringen. Aber die laute Stimme des Polizisten und die Pistolen machten ihr Angst. Sie argwöhnte, man würde sie mit aufs Revier nehmen, sie in eine Zelle sperren. Aus irgendeinem Grund war das alles, was sie mit der Polizei assoziierte – Schusswaffen, Knast und vor allen Dingen Ärger.
    Warum kam von ihnen keiner auf die Idee, dass Lena etwas mit der Sache zu tun haben könnte?
    Vielleicht war es ja so…
    Sie lugte noch einmal um die Ecke. Der eine Polizist, ein jüngerer mit Brille, drehte sich um, so dass auch der andere Polizist guckte. Sie war bemerkt worden! Sofort machte sie auf dem Absatz kehrt und rannte ins Schlafzimmer, wo sie sich unter der Bettdecke versteckte. Sie wusste, dass sie sich gerade arg kindisch verhielt, und doch rechnete sie irgendwie ernsthaft damit, dass diese Polizisten ihr nachliefen, und sie fanden, und sie in ihre Handschellen steckten. Aber sie kamen nicht. Sie redeten einfach weiter… Von hier aus konnte sie nicht alles verstehen… Und eigentlich wollte sie auch gar nicht alles verstehen… Gerade gestern Abend hatte sie vorm Einschlafen doch noch mit einer allwissenden inneren Stimme kommuniziert. Vielleicht war es Gott? Oder etwas vergleichbares… Sie wusste es selbst nicht genau. Jedenfalls hatte sie die Stimme gebeten, sie angefleht , dass David einfach zurückkommen sollte. Und die Stimme hatte ihr geantwortet, das würde er tun.
    Wann , hatte sie die Stimme daraufhin gefragt, das konnte sie ihr jedoch nicht sagen. Vielleicht schon heute. Aber auf gar keinen Fall brauchte sie sich Sorgen zu machen, es würde alles wieder ins Lot kommen.
    Mach dir keine Sorgen. David geht es gut. Denk am besten gar nicht weiter an ihn. Kuschel dich an Mama.
    Das hatte sie getan.
    David wird wieder kommen flüsterte die innere Stimme dann noch einmal, und kurz darauf war sie eingeschlafen.
    Ein beruhigendes Gefühl.
    Am liebsten hätte sie es ihrer Mutter ins Ohr geflüstert, aber das war ihr dann doch zu peinlich. Erwachsene glaubten nicht an so etwas. Zumindest ihre Mutter nicht.
    Sie hätte sie allenfalls am Kopf getätschelt, sie müde angelächelt und dann gesagt: „Lieb, dass du das sagst, Schatz. Lass es uns einfach hoffen.
    Aber Nadja wusste es.
     Sie wusste , David würde heimkehren und dass es ihm gut ging.
    Ihrer inneren Stimme konnte sie vertrauen, immer!
    Und was war jetzt? Jetzt war Davids Handy in einem Wald gefunden worden, wo Wilde hausten.
    Sie schloss die Augen, beschwor die innere Stimme erneut herauf. Und wieder beruhigte sie die innere Stimme. Im Hintergrund hörte sie die Stimme ihrer Mutter, die des dicken Polizisten… Sie wollte es nicht hören und brachte es dennoch nicht fertig, einfach wegzuhören. Sie schaute zur Decke empor und lauschte.
    Es roch nach Kaffee und Aftershave, dass einer der Polizisten drauf hatte. Sie fixierte die Babyfotos von David und sich an der Wand neben dem Bett. David, direkt nach der Geburt… Als er noch winzig und unschuldig war… als noch alles möglich war… als noch keiner ahnte, dass er eines Tages mal

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