Per Anhalter (German Edition)
du.“
Mario kapierte zunächst gar nichts.
„Weg?“, fragte er sie begriffsstutzig. „Wieso weg?“,
„Ja. Sie sind nicht mehr da.“,
„Aber wie können die denn alle...“,
„Sie sind nicht mehr da!“,
„Und nu? Ich mein, Lasse haut doch nicht einfach...“,
„Sie sind nicht mehr da !“ wiederholte sie keifend, den Blick längst wieder starr nach vorn gerichtet.
„Du schwingst jetzt deinen Arsch ins Auto und DANN HOLST DU SIE MIR WIEDER!“
Jetzt war es besser, einfach gar nichts mehr zu sagen. Doch er konnte nicht anders, als sie zu fragen,
„Wo genau soll ich die denn suchen? Ich meine, wie…“
Sonja kam aus dem Wohnwagen, und er unterbrach. Britta hatte sie ebenfalls bemerkt, was angesichts der Lautstärke ihres Weinens auch nicht sonderlich überraschend war. „Sonja, ab in den Wagen. Aber zack“, pfiff Britta sie an. Dann wandte sie sich wieder ihm zu.
„Es ist mir egal wo du suchst. Aber du suchst sie . Und ich will sie alle drei hier haben.“
Sie schlug die Tür zu und donnerte über das Feld, die Anhöhe hinauf und dann nach rechts in den Wald hinein. Das wiederum war etwas, wofür er Britta bewunderte und liebte. Sie war eine Frau der Tat. Unerschrocken und furchtlos. Sie fuhr immer mit einem Affenzahn und es war nicht gerade gesund, sich ihr in den Weg zu stellen. Mit dem kleinen Corsa würde er auf diesem unwegsamen Gelände alle Mühe haben, überhaupt vorwärts zu kommen. Uwe hatte sich um sowas immer einen Dreck geschert.
Während Britta ihre Autos sorgfältig danach auswählte, dass sie auf jedem Terrain einsatzbereit waren, nahm Uwe alles, was er kriegen konnte und investierte lieber in Gras, manchmal in Pillen oder Alkohol. Der Geruch von Benzin und frisch gemähtem Gras lag in der Luft. Britta hatte ordentlich umgepflügt. Er grinste. Aber nur kurz. Denn nun machte sich sein Magen bemerkbar.
Er wurde seit einiger Zeit immer leicht nervös, und dies spürte er vornehmlich im Magen.
David ist weg. Vivi ist weg. Und Lasse ist auch weg , dachte er. Und wir sollten wohl auch schon längst nicht mehr hier sein. Und Uwe ist tot. Umgebracht worden, wie es scheint. Was, wenn die drei entführt wurden? Aber wieso ist dann Sonja noch da?
Mario schluckte und kratzte sich am Kopf. Das war gerade echt alles ein bisschen viel für ihn. Besonders die Sache mit Uwe beschäftigte ihn immens. Jemand musste von ihnen wissen, und dieser jemand zeichnete wohl auch verantwortlich dafür, dass David, Vivi und Lasse verschwunden waren. Oder etwa nicht?
Er wankte zum Corsa zurück und öffnete die Tür. Wohl fühlte er sich hier an diesem Ort von Anfang an nicht. Insofern war es gut, dass sie von hier weg mussten. Er wollte irgendwohin und dort bleiben. Am besten hatte es ihm immer in Dänemark oder Schweden gefallen. In Schweden ganz besonders. Der Norden Schwedens, fast schon Lappland, war richtig klasse, genau nach seinem Geschmack. Dort interessierte sich wahrhaftig niemand dafür, wer man war oder was man vorhatte. Rings umher, Kilometerweit, nichts als Wildnis. Und gesetzt dem Fall, man traf wirklich mal auf einen anderen Menschen, dann war das in aller Regel jemand, gegen den man selbst brav und harmlos wie ein Lämmchen wirkte. Außerdem galt in Schweden das so genannte Jedermannsrecht. Man konnte campen wo immer man wollte und es war so normal wie in Deutschland mit der Nagelschere den Rasen zu schneiden.
Er spielte kurz mit dem Gedanken, einfach aufzubrechen. Hätte er die Kohle gehabt und seine wichtigsten Habseligkeiten… Wer weiß, vielleicht wäre er schwach geworden. Vielleicht hatte Britta jedoch auch recht und er war wirklich ein Weichei. Ein Verlierer, der immer groß rum tönt und dann doch nichts macht…Vielleicht war aber auch genau jetzt der Zeitpunkt gekommen, wo er sich selbst und dem Rest der Welt das Gegenteil beweisen musste.
Möglicherweise war das seine letzte Chance.
Wenn er ehrlich war, brauchte er Britta doch gar nicht. Im Gegenteil: Er wäre froh, wenn er sich von ihren irren Ansichten und Lebensweisen losreißen konnte. Wenn endlich Ruhe wäre. Sie würde ihm nicht fehlen. Ihre trottelige, behinderte Monstrosität von einer Nutte, Sonja, erst recht nicht und Lasse war so aufdringlich und Nerv tötend wie Fußpilz. Was wollte er also noch hier? Sie hatten die gestohlene Bargeldbeute auf ihren Reisen zum Großteil bereits in Euro umgetauscht. Was würde er brauchen? Wie hoch war wohl sein Anteil? Und wen interessierte schon der Anteil? Er
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