Per Anhalter (German Edition)
schienen. Ach, da vorne ist Theater, guckt mal. Lasst uns man noch in Ruhe austrinken und danach dann weiter…
„Sie sind vorläufig festgenommen“ erklärte Plaschke mit seiner kehligen Stimme. „Gegen Sie besteht dringender Tatverdacht wegen Mordes und Kindesentführung in mehreren Fällen. Sie haben das Recht die Aussage zu verweigern. Alles was Sie sagen kann und wird vor Gericht gegen Sie verwendet werden.“
Lasse schluchzte und fiepte wie ein Hund. Lolle, der Britta (alias Nadine Bennecke) über Jahre unter der Hand mit Autos versorgt hatte, tobte vor Wut und schnauzte zuerst die Polizisten mit den Worten, „Das können Sie gerne mit meinem Anwalt besprechen. Das ist ja wohl eine Frechheit hier!“ an, und fast im gleichen Atemzug Britta, „Kannst du mir das mal erklären hier? Kannst du mir das irgendwie mal erklären ? Siehst du deshalb so beschissen aus am Kopp, oder was? Hä?“ Doch Britta antwortete nicht. Sie hatte den Kopf gesenkt und ließ sich, als einzige völlig widerstandslos, abführen. Jeder von den Dreien wurde einzeln mit einem Auto abtransportiert.
Vor Ort würden keine Verhöre stattfinden.
Lasse wollte sich partout nicht auf die Rückbank des Polizeiautos setzen. Er wehrte sich mit Tritten und wand sich immer wieder aus dem festen Griff von Michael Thaysen. Zwei SEK-Leute eilten zur Hilfe und schleiften das wild tobende, zu groß geratene Kleinkind ins Auto. Anfangs wehrte sich auch Lolle dagegen, abgeführt zu werden. Er verlor sogar einen seiner Holzschuhe und totterte herum wie Rumpelstilzchen, dass er auf der Stelle mit jemandem sprechen wolle, dass er arbeiten müsse weil er selbständig sei und dass das alles hier eine einzige, bodenlose Frechheit sei. Michael Friedrichsen ging gar nicht darauf ein, sondern bemerkte lediglich gegenüber seinem Kollegen Thaysen: „Wir müssen die Kippen da nachher noch mal austreten, nicht dass wir hier noch ´n Waldbrand haben.“ Thaysen nickte lachend und bemerkte cool, „Wir haben so schon genügend Aufmerksamkeit schätz ich mal.“
Plaschke hatte die Hauptverdächtige unter seine Fittiche genommen. Sie war nach wie vor die einzige, die keinen Widerstand leistete. Ganz ruhig und demütig trottete sie mit gesenktem Kopf vor sich her. Der erfahrene Kripo-Beamte hatte anfangs den Eindruck, als würde die Frau am liebsten vor Scham im Boden versinken. Dieser Eindruck erhielt sich so lange aufrecht, bis er die Tür des Autos aufmachte und sie bat, sich hinzusetzen. Dabei erkannte er nämlich, dass sich auf ihrem Gesicht kesse Grübchen und Lachfalten befanden. Diese Frau schämte sich für rein gar nichts . Vielmehr zelebrierte sie es scheinbar, im Mittelpunkt zu stehen.
Plaschke hatte sie auch im Verhörzimmer vor sich. Es war die reinste Posse.
Sie beantwortete keine einzige Frage, noch nicht einmal die nach ihrem Namen. Sie saß teilnahmslos mit übereinander geschlagenen Beinen da und starrte ihm pausenlos in die Augen, als ob sie vorhatte, ihn zu hypnotisieren. Es war Teil eines morbiden Spiels. Ihres morbiden Spiels! Und die Frau hatte eindeutig die stärkeren Nerven. Sie verzog nicht eine Miene als sie mit den Vorwürfen konfrontiert wurde, und jegliche Strafandrohungen nahm sie ohne eine einzige Regung zur Kenntnis. Sie wollte sich nicht verteidigen, stritt nichts ab. Irgendwann verließ Plaschke den Raum. Ihm wurde es zu anstrengend die Nerven zu bewahren und nichts Unüberlegtes zu sagen. Als er im Korridor stand, genehmigte er sich einen Kaffee und überlegte gemeinsam mit seinem Kollegen was zu tun war. Die beiden Männer beobachteten sie durch das Spiegelglas. Nicht einmal jetzt änderte sich ihr starrer Blick.
„Was für eine Schlange“ lamentierte Plaschke voller Ungeduld.
„Was für eine elende falsche Schlange“. Sein Kollege, Wolf Reinfeldt, schnaubte und klopfte ihm auf die Schulter.
„Lass sie. Die kriegen wir schon dran. Die ist längst nicht so stark wie sie denkt.“ Plaschke schaute seinem Kollegen in die Augen.
„Und was sagen wir dem Staatsanwalt? Und der Presse? Und was ist mit den Eltern von diesem Jungen? Jetzt haben wir sie und sind trotzdem kein Stück weiter. Bin gespannt, ob die anderen was herausbekommen haben.“,
„Mach dich doch nicht so verrückt! Ich hab das Gefühl, als ob sie bald einknickt. Sie ist doch total nervös und unruhig und das wird von Minute zu Minute schlimmer. Raue Schale, weicher Kern. Ich spür das!“,
„Was?“ zischte Plaschke, „Findest du? Ne, jetzt
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