Per Anhalter (German Edition)
gibt als anderswo. Frag mal in Bayern nach.“,
„Aber gerade so in den ländlichen Regionen. Inzest, Missbrauch in der Nachbarschaft. All dieser Kram finde ich, ist hier extrem reich vertreten.“
Plaschke zuckte erneut mit den Schultern und der nächste, kurze Moment der Stille trat ein.
„Jedenfalls… Wie ging´s denn weiter?“ fragte Sasetti, den die Geschichte offenbar extrem fesselte.
„Wir haben sie festgenommen und das Schwein von Bruder auch.“,
„Na, ich mein wegen Furie und so. Und was ist aus den Kindern…“,
„Sie war zuerst eigentlich so eine von der Sorte wo du meintest, dass ist ´ne ganz nette, weißt du? Ich mein, sie sah zwar restlos verbraucht aus und so, aber man hätte niemals angenommen, dass die mit ihrem eigenen Bruder fickt oder so. Aber als wir sie dann nach und nach mit immer mehr Vorwürfen konfrontierten, da zeigte sie ihr wahres Gesicht. Und dieses Gesicht ganz einfach, diese Art sich zu geben, dieses realitätsfremde wie bei Bennecke, das war bei der auch. Und ich musste halt an sie denken vorhin.“,
„Toni wollte wissen, wie die Geschichte weiter ging.“,
„Jaa, Toni kann auch mal fünf Minuten warten, oder? Parallelen gibt’s ja noch genug. Wie viele Gutachter waren nötig, bis der Richter zufrieden war und ihre Aussage überhaupt für voll nahm?“ fragte sie an Plaschke gerichtet. Dieser schürzte die Lippen und nickte, „Das waren einige.“,
„Ja-ha, das waren einige , das kannst du wohl laut sagen. Angeblich hätte sie ja auch von den vier Kindern nie etwas mitbekommen, weißt du? Die hätte ihr angeblich jemand untergejubelt. Höchstwahrscheinlich die Polizei.“,
„Unfassbar“ sagte Toni fasziniert, „Und das hat der Richter auch noch hinterfragt?“,
„Der Richter, ihre Anwältin, Hansen-Bergström war das übrigens, falls euch das etwas sagt.“,
„Oooha, Hansen-Bergström. Die gab´s damals auch schon, was?“,
„Toni, ich glaub Hansen-Bergström gab es schon zur Zeit der Dinosaurier.“,
„Du aber, Marianne, wer hat denn die Frau angezeigt letztlich?“,
„Letztlich angezeigt, da wirst du lachen: Ihr anderer Bruder.“,
„WAS?“,
„Ihr anderer Bruder“ mischte Plaschke, der mittlerweile auch grinste, lautstark dazwischen, „Der übrigens auch seinen Pillemann schon in seiner Schwester drin hatte.“,
„Hey, ihr verarscht mich doch grade, oder? Das klingt ja wie Scary-Incest-Family oder so. Irgend sonn Horrorscheiß.“,
„Geh doch ins Archiv gucken, Mann. Ist wirklich passiert. Und ich mein das war 92, 93 so um den Dreh. Aber genau weiß ich das jetzt auch nicht mehr.“,
„Herrje, das ist Kiel hier, oder? Sowas passiert hier.“ Jetzt schauten sich Süßmuth und Plaschke an und schüttelten gleichzeitig den Kopf. Sie fanden die Geschichte nun beide nicht so dermaßen brisant, dass man so fasziniert wie ein kleiner Junge mit halb offenem Mund um immer mehr Informationen rang, wie Sasetti es gerade tat.
„Was ist denn mit Kindern…“,
„Toni!“ rief Süßmuth, „Geh ins Archiv und guck nach. Da steht alles genau drinnen. Alles über die Faszination des Schreckens.“,
„Ja, glaub das mach ich auch gleich. Die Geschichte ist ja echt unfassbar.“
Plaschke ging noch einmal dazwischen und meinte: „Ich glaub nicht, dass die Kinder überhaupt noch leben. Die waren ja alle drei schwerstens behindert und mehr tot als lebendig. Und wenn du fragst, wieso der Bruder die angezeigt hat, meine ich, es ging um irgendwelche Drogensachen.“,
„Ja, Drogen“ bestätigte Süßmuth. „Er hat Drogen verkauft und sie, also die Schwester, hat die nicht bezahlt. Und da hatte er wiederum Druck von anderer Seite und… wie das eben ist. Wenn du nicht zahlst, verrate ich euch.“,
„Wie bescheuert“ sinnierte Sasetti, „Wenn er selbst auch schon in ihr drin war.“,
„Toni, das sind Leute die raffen das doch gar nicht. Der hat doch die Tragweite von alledem auch nicht begriffen. Alle wie sie da waren hatten sie einen an der Marmel. So einfach ist das“ erklärte der Besen.
„Weißt du was“, meinte Plaschke, „Wir lassen über den Fall von Klausi ne schöne Doku anfertigen und dann haben wir für Toni was passendes zum Julklapp.“,
„Ja“, lachte sie, „Besser als immer irgendwelche Scherzgeschenke oder Notfalldinger, weil einem nichts Bessres eingefallen ist. Da würden wir ihm mal richtig ne Freude mit machen.“,
„Ich weiß nicht, was ihr daran so lustig findet. Der Fall hört sich einfach spannend
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