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Per Anhalter (German Edition)

Per Anhalter (German Edition)

Titel: Per Anhalter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oke Gaster
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an.“,
    „Ja, und wir haben das Ebenbild zu der Tussi von damals im Keller sitzen, Toni. Ich weiß noch, dass sie damals auch kaum geredet hat und plötzlich sprudelten da so diffuse Weltansichten aus ihr heraus, dass man sich gefragt hat, ob das, was sich da vor einem gerade abspielt, überhaupt wahr sein kann. Bennecke ist genau das Kaliber. Eins zu eins. Die kennt kein Mitgefühl. Sie ist dazu gar nicht in der Lage. Ich will nicht wissen, was sie den anderen Kindern angetan hat.“
    Plaschke schaute Süßmuth an und seufzte, „Und genau das macht mich so wütend. Ich will es von ihr hören. Ich will dass dieses Miststück redet. Und ich will ihre Scheißkomplizen haben. Die sollen alle bluten!“,
    „Lass das nicht so an dich ran!“ Unterbrach Süßmuth. „An sowas gehen die Meisten von uns zu Grunde!“ Er schaute ihr lange und intensiv in ihr beinahe leichenblasses Gesicht. Nein, sie war keine wirklich schöne Frau und sie war es nie gewesen. All die Jahre über sah sie schon knittrig und verhärmt aus. Und seit jeher machte sie allein schon ihre äußere Erscheinung uninteressant und in gewisser Weise auch unnahbar. Aber eines musste man ihr lassen: sie hatte Ahnung. Und sie hatte Recht mit ihren Beobachtungen zu Bennecke und mit dem was sie sagte. Hatte er nicht selbst schon genug Kollegen zu Grunde gehen sehen, weil sie irgendwann den Grundsatz vergaßen, dass dem Beruf im Privatleben kein Platz eingeräumt  werden sollte. Jochen zum Beispiel. Immer die große Hamburger Kotterschnauze, äußerlich jemand , der weder Tod noch Teufel fürchtete, bis ihm ein Rocker ein Messer an die Kehle hielt. Seither war aus. Berufsunfähig! Er konnte keine Nacht mehr ruhig schlafen, seit der Kerl vor seiner Tür gestanden und ihn bedroht hatte. Irgendwie war es ihm und seinen Kumpels gelungen, die Adresse herauszufinden und vom einst frechen, lockeren Jochen war seither nichts weiter als eine labile, graue Hülle übrig. Einmal war er im Präsidium zum Gespräch über seine Lage und berichtete allen offen weinerlich, dass er sogar das Bett nachts nässte und regelmäßig kurz davor war, Rotz und Wasser zu heulen vor lauter Angst, dass sie wieder kommen könnten. Und warum das alles? Weil er auf Gedeih und Verderb diese Bande von Schweinehunden hochgehen lassen wollte und so wie es aussah sogar seine Freizeit mit Ermittlungsarbeit zubrachte. Bis sie ihn eiskalt erwischten. Und als wenn das allein nicht schon schlimm genug wäre, berichtete bald darauf auch noch sein achtjähriger Sohn, dass er lieber nicht mehr allein zur Schule gehen wolle, weil immer ein großer Mann hinter ihm her ginge. Last but not least erhielt seine Frau Post mit Ultimaten, bis wann sie sich von ihrem Mann zu trennen hatte, wenn sie nicht sehr unglücklich verenden wollte.
    Nun war Bennecke ein ganz anderes Kaliber als diese wie auch immer geartete Abspaltung von Rockern. Doch auch er hatte Familie und ein Privatleben und der Fall verfolgte ihn zweifelsohne jetzt schon bis ins Bett, so verbissen war er darin.
    Er wollte nicht wie Jochen enden, als Schatten seiner selbst, der verzweifelt darum bemüht war wie immer zu wirken und in Wahrheit am liebsten sterben wollte vor lauter Verzweiflung.
    Ob er den Fall einfach abgeben sollte? Würde ihn das schwach machen? War er vielleicht bereits zu schwach dafür?
     
    Er drückte seine Zigarette in dem überfüllten Aschenbecher auf dem Tisch aus und bemerkte, dass Sasetti ihn erwartungsfroh anglotzte. Auch der Besen würde ihn ansehen und womöglich darauf spekulieren, dass er sich als „schwach“ offenbarte und zugab, dass ihm dieser schwerwiegende Fall mit all seinen perversen Wirrungen eine Nummer zu groß war. Aber da meldete sich sein gutes altes Ego wieder.
    Das gute alte Ego trat immer dann in Kraft, wenn er drauf und dran war, Schwäche zu zeigen. Es meldete sich, wenn das Fieberthermometer 39 Grad anzeigte und sein Schädel so dicht verschleimt war, dass er seine Murmel kaum zur Seite neigen konnte, und flüsterte ihm zu, dass er mal darüber nachdenken sollte, was den Kollegen wohl lieber wäre: Für dich einspringen oder dass du dich zur Arbeit schleppst so wie immer? Was meinst du wohl? Natürlich Letzteres, alter Junge. Du bist zäher als die anderen, besonders als diese jungen Spunde, die sich für jeden Pups der bei ihnen quer sitzt gleich einen gelben Schein besorgen. Du willst doch nicht, dass sie über dich so herziehen wie über Boll neulich? Oder über Timmsen… Und das tun sie,

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