Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Per Anhalter (German Edition)

Per Anhalter (German Edition)

Titel: Per Anhalter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oke Gaster
Vom Netzwerk:
Lidl-Tüte mit gesammelten Pfandflaschen.
    Seine „vermögenswirksamen Leistungen“ wie er manchmal sagt, in einem stillen, an sich selbst gerichteten Scherz.
    David hat es nicht eilig und ihn überkommt nur selten die Muße dazu, etwas gegen den Stau zu unternehmen. Hey, er lebt in einer Mietwohnung, anonym neben tausenden von anderen, die ebenso anonym leben. Niemand schert sich darum. Warum also er, wo es ihn doch nicht weiter stört?
    Manchmal denkt er, hey, die Glotze könnt ich eigentlich auch wegtun. Brauch ich eh nicht.
    Das ist die Wahrheit. Es kommt vielleicht ein, zweimal im Jahr vor, dass er sich eine DVD auf dem Fernseher ansieht oder eine Sendung. Er nutzt eher Youtube oder den DVD-Player seines Computers. Aber bis jetzt steht die Glotze trotzdem noch da.
    Er ist ein kleiner Aufschieber, zugegeben, aber es passt schon.
     
    Ob er noch viel an die Ereignisse von 2003 zurückdenkt?
    Ehrlich gesagt nicht.
    Er hat so viel Zeit damit zugebracht, dass er mittlerweile müde darauf geworden ist.
    Es ist Gras über die Sache gewachsen.
    Hin und wieder kommt es wie aus heiterem Himmel vor, dass er nachts nass wie ein begossener Pudel hochschreckt und sich eingeengt fühlt. Richtig fies eingeengt. Einmal hat er sogar ernsthaft geglaubt, er läge in Benneckes Wohnwagen und die Wände kämen auf ihn zu und würden ihn zerquetschen. Speziell in der Zeit, als er mit Mirco diese Unmengen an Stoff verbraten hatte, kamen solche abgefahrenen Scheißträume des Öfteren vor.
    Jetzt nicht mehr so. Wie gesagt – hin und wieder noch. Manchmal fragt er sich auch, ob sie vielleicht nach ihm suchen. Zumindest Lasse oder Mario.
    Ja, eine Weile war es schlimm, da hatte er jedes Mal, wenn es an der Tür klingelte, Panik, dass sie es waren.
    Aber das ist eigentlich auch Schnee von gestern. Ehrlich gesagt ist es heute kaum noch ein Thema für ihn.
    Es ist wie mit allem im Leben – Phasenweise schlimmer, dann wieder besser, aber es bestimmt nicht mehr über ihn und sein Handeln.
     
    Er hat so gut wie gar keinen Kontakt mehr zu seinen Wurzeln, sprich zu seiner Mutter.
    Mann, die Alte geht ihm auf die Nerven. Er schaut Weihnachten mal rein oder sie bei ihm wenn er Geburtstag hat oder so, aber für den Rest haben sie kaum noch was miteinander zu tun. Mit Nadja kommuniziert er von Zeit zu Zeit über Facebook. Sie hat so einen komischen Russen mit dem sie rum vögelt. Ein totaler Asi findet David. Er kann ihn nicht leiden. Vladimir heißt er und er hat einen schleimigen Seitenscheitel und rollt das R und sieht aus wie ein Zuhälter. Er ist der Vater von Paul. Paul geht ihm ehrlich gesagt am Arsch vorbei… Paul sieht seinem Schmierlappen von Vater ungeheuer ähnlich, aber das ist nicht das eigentliche Problem. Das eigentliche Problem ist vielmehr, dass er Kinder im Allgemeinen nicht ausstehen kann. Als Paul noch ganz frisch war fand er ihn noch niedlich, aber mittlerweile redet er nur noch gequollene Kacke und geht einem auf die Nerven mit seinen beknackten Fragen, zum Beispiel warum manche Menschen Beine haben und David nicht.
    Egal – Nadja ist Nadja, er ist er. Nadja hat Vladimir, den Lederjacken tragenden Asi der auf Bonze macht, und ihren kleinen Nervzwerg namens Paul, den sie immer „Puschel“ nennt, wenn sie ein Bild von ihm auf Facebook postet.
    Gleich mit Puschel in die Stadt , oder , Puschel sagt jetzt gute Nacht <3!!!
    Sie ist überhaupt immer Up to date was Fotos, Statusberichte und blöde Sprüche angeht.
    Egal, wann immer er sich anmeldet, von seiner kleinen Schwester ist garantiert was dabei.
    Sie hat 323 Freunde auf Facebook. Das ist der letzte Stand. Er hat sie mal drauf angesprochen, ob das wirklich sein kann, und sie hat ihm mit einem recht missmutigem Blick geantwortet, sie würde halt auch mal in Clubs oder auf Partys gehen und daher viele Leute kennen.
    Außerdem seien ihre alten Klassenkameraden da, ihre Arbeitskollegen, Mütter, die sie aus dem Krankenhaus kennt, Vladimirs Freunde sowie Bekanntschaften aus dem Badminton-Verein.
    Die Botschaft, die sie rüber bringen wollte, hat er natürlich verstanden:
    Halt dich einfach da raus, okay? Ich kann nichts dafür dass du im Rollstuhl sitzt und keine sozialen Kontakte mehr pflegst. Ja , es ist möglich so viele Freunde zu haben. Vielleicht ist nicht jeder direkt ein Freund sondern eher ein Bekannter, aber ich habe jeden davon mindestens einmal in meinem Leben real gesehen. Frage beantwortet?
    Wenn er gehässig dachte, hätte er der Botschaft auch noch hinzufügen

Weitere Kostenlose Bücher