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Per Anhalter (German Edition)

Per Anhalter (German Edition)

Titel: Per Anhalter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oke Gaster
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Kühe, auf anderen wuchs Mais, aber unter Abwechslung verstand man nun wirklich etwas anderes.
    Zuhause hatte er sich aus dem Papierkorb ein Stück alte Pappe geholt und mit einem Eddingstift dick die Worte, Nach Flensburg darauf geschrieben. Das war wichtig, denn so wussten die Leute gleich, wohin er wollte. Wie enttäuschend wäre es denn bitte, wenn mehrere Leute anhielten und er ihnen erst sagen musste, wohin er wollte und die ihm dann sagten, dass sie nicht bis nach Flensburg fahren würden.
    Das musste alles schon genau durchdacht werden.
     
    Endlich erreichte er die Auffahrt.  Der Verkehr war sehr dicht (je näher er an die Autobahn heran kam, so schien es, desto dichter wurde der Verkehr) und doch war es merkwürdig einsam hier.
    Einsam auf die Weise, wie jemand sich in einem vollkommen fremden Land fühlt.
    So einsam, dass es in Davids Magen vor beklemmendem Unbehagen rumorte und er sich mit einem Mal (zumindest anflugweise) sogar wünschte, lieber zu Hause geblieben zu sein.
    Die euphorische Vorfreude in Kombination mit Aufregung, war einem Gefühl beklemmenden Unbehagens gewichen.
    Besonders die Lastwagen, die nur wenige Meter an ihm vorbei rasten, beunruhigten ihn auf eigentümliche Weise. Sie stanken penetrant nach Reifengummi und Diesel und in den Fahrerkabinen saßen in den meiste Fällen dicke, unrasierte Typen, die ihn anglotzten wie eine Aussätzigen. Und wenn sie dies nicht taten, dann telefonierten sie oder guckten stur geradeaus, als ob er Luft war. Egal was sie machten, jede der Varianten wirkte irgendwie befremdlich. Das hier war eine völlig andere Welt. Ihre Welt . Die der Trucker und Pendler, die isoliert waren in ihren Kabinen. Merkwürdig, zu keiner Zeit in seinem Leben war ihm je ein Lastwagenfahrer aufgefallen. Er hatte sich nie Gedanken über die Leute gemacht, die den ganzen Tag irgendwo auf irgendeiner Straße unterwegs waren. Sie alle sahen genauso blass und öde aus wie die Straßen an sich. Sie wirkten nicht einmal wie reale Menschen aus Fleisch und Blut. Sie waren auf eine undefinierbare Art und Weise uniformiert. Er hatte den Eindruck, keiner von ihnen dachte an etwas anderes, als ans Vorwärtskommen. Sie waren fleischgewordene Maschinen, die ihn nach dem Abbiegen auf die Autobahn unwiderruflich aus ihren farblosen Gedanken verbannten.
     
    Er ließ den immer schwerer werdenden Rucksack vom Rücken gleiten und stieß das Fahrrad in den Straßengraben. Das Gras hier war gelblich und ausgedörrt.
    Alte Bierflaschen, Wurstpackungen und McDonalds-Überreste lagen im Straßengraben.
    Müll aus den Fenstern von tausenden Fahrzeugen fortgeworfen, von zigtausenden Menschen, die hier Tag für Tag entlang fuhren. Nicht wenig von dem Schrott stammte ganz bestimmt auch von den LKW-Fahrern, die sich hinter ihrer grimmig-grauen Maske der Langeweile versteckten, egal woher sie kamen oder wohin sie auch unterwegs waren.
     
    Er stand inzwischen eine gute halbe Stunde hier. Es kam ihm deutlich länger vor. Von Minute zu Minute brannte die Sonne heißer. Möglich, dass es nur Einbildung war, aber wenn, dann war es eine grauenvoll intensive Einbildung! Das Pappschild hielt er in der linken Hand, während er den rechten Daumen hoch streckte. Der Rucksack hatte seinen Rücken während der Fahrt mit dem Fahrrad in eine klitschnasse Oase verwandelt. In ihm befanden sich neben zwei T-Shirts und zwei Boxershorts auch noch zwei Flaschen ACE-Saft und eine Tüte Kartoffelchips. Die guten von Aldi. An eine Zahnbürste indes hatte er nicht gedacht. Wahrscheinlich hatte es gute Gründe, weshalb in der Regel stets Mütter das Reisegepäck für ihre Kinder packten. Eine Mutter hätte niemals eine Zahnbürste vergessen… Ganz zu schweigen von ein paar Pflastern oder Batterien (nur für alle Fälle). Eine Mutter hätte ihr Kind auch nicht mit einem Handyguthaben von gerade einmal ein paar Cents auf eine derartige Reise losgeschickt. Eine Mutter hätte für alles gesorgt, selbst in der größten Hetze und Eile. Er hingegen hatte nur wahllos einiges zusammengeklaubt und war sich Zuhause noch sicher, ganz bestimmt an alles gedacht zu haben. Einzig von einer einzigen Sache wusste er bereits Zuhause, dass sie fehlte: Zu seinem Entsetzen nämlich, hatte Mutter ihre Zigarettenhülsen, den Tabak sowie das Stopfgerät versteckt. Das bedeutete, dass er nur noch vier selbstgedrehte Fluppen dabei hatte und sparsam damit umgehen musste… Er brauchte dringend eine. Kippen waren immer gut, besonders in Phasen wie diesen, wo

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