Per Anhalter in den Himmel - wahre Geschichten für Teens
alle auf dem Weg postiert worden, um zu prüfen, ob wir den Sinn der Geschichte vom barmherzigen Samariter, der unter die Räuber gefallen war, wirklich begriffen hatten. Wir waren allesamt durchgefallen.
Bernice Brooks
Aus: Stuff You Don’t Have To Pray About
„Welcher von den dreien“, fragte Jesus jetzt den Schriftgelehrten, „hat nach deiner Meinung Gottes Gebot erfüllt und an dem Überfallenen als Mitmensch gehandelt?“
Der Schriftgelehrte erwiderte: „Natürlich der Mann, der ihm geholfen hat.“
Lukas 10,36–37 (Hoffnung für alle)
Als ich Mary wählte
In der sechsten Klasse war ich ein typisch amerikanischer Junge. Ich war klug, sportlich, geistreich, sah gut aus und war total nett. Als ich in die Mittelstufe kam, ging es mit alledem zwar rapide bergab, aber wenigstens dieses eine Jahr lang hatte ich alles.
Natürlich hatte ich auch Miss Owens als begleitende Lehrkraft. Sie unterstützte unseren Klassenlehrer Mr Jenkins zeitweise in seinem Unterricht, und sie wusste, dass es das eine oder andere gab, woran ich noch arbeiten konnte, auch wenn ich schlau und unglaublich nett war.
Zu den Anforderungen in der Grundschule gehörte es, tanzen zu lernen. Meine Eltern hatten zunächst einige Bedenken, aber weil es sich nicht um enges Paartanzen, sondern um Squaredance handelte, war es dann doch in Ordnung.
Jedes Mal, wenn wir tanzen übten, mussten wir eine schreckliche Prozedur absolvieren: Die Jungen stellten sich in einer Reihe an der Tür zu unserem Klassenraum auf, und dann suchte sich einer nach dem anderen ein Mädchen als Tanzpartnerin aus. Die Mädchen saßen dabei an ihren Tischen. Wenn sie dann aufgefordert wurden, standen sie auf und gingen zu dem Jungen, dessen Gunst ihnen zuteil geworden war.
Ihr könnt mir echt glauben, dass den Jungen das absolut nicht gefiel – mir jedenfalls gefiel es nicht. Aber stellt euch doch bloß einmal vor, da ein Mädchen zu sein. Stellt euch mal vor, darauf warten zu müssen, dass man herausgepickt wird. Stellt euch vor, wie es ist, mit ansehen zu müssen, wer alles vor einem gewählt und aufgefordert wird. Stellt euch das Gefühl vor, sich Sorgen darüber machen zu müssen, dass man von einem Jungen aufgefordert wird, den man absolut nicht ausstehen kann. Stellt euch vor, wie man sich Gedanken darüber macht, vielleicht sogar überhaupt nicht aufgefordert zu werden!
Stell dir mal vor, du wärst Mary. Mary saß in der Klasse ziemlich weit vorn rechts. Sie war nicht hübsch. Sie war eigentlich auch nicht klug. Und geistreich war sie auf gar keinen Fall. Sie war nett, aber das reichte damals nicht. Und ganz bestimmt war Mary nicht sportlich. Sie hatte nämlich Kinderlähmung oder so was gehabt, als sie klein war, und ein Arm war nicht in Ordnung, ebenso ein Bein, und um das Ganze abzurunden, war sie auch noch ziemlich – na, sagen wir, kräftig.
Und an dieser Stelle kommt Miss Owens ins Spiel. Miss Owens nahm mich nämlich eines Tages beiseite und sagte: „Wenn wir nächstes Mal Squaredance üben, dann möchte ich, dass du Mary aufforderst.“
Ebenso gut hätte sie mich auch anweisen können, zum Mars zu fliegen. Es war ein Gedanke, der so neu und unfassbar für mich war, dass ich ihn kaum in meinen Kopf hineinbekam, geschweige denn dort behalten konnte. Meinte sie etwa, ich sollte eine andere wählen als die Beste, die Hübscheste, die Beliebteste, wenn ich an der Reihe war? Das erschien mir wie das Außerkraftsetzen eines Naturgesetzes oder so etwas.
Und dann tat Miss Owens etwas ganz Fieses. Sie sagte, ein Christ müsse sich so verhalten. Ich wusste auf der Stelle, dass sie mich damit beim Wickel hatte. Ich war verloren, weil ich wusste, dass sie recht hatte. Es war nämlich genau das, was Jesus auch getan hätte. Ich war sogar erstaunt, dass ich es am Sonntag nicht groß an der Pinnwand in der Sonntagschule gesehen hatte: „Jesus forderte das hinkende Mädchen zum Jeshiva-Tanz auf.“ So etwas musste doch irgendwo in der Bibel stehen.
Ich quälte mich. Mary aufzufordern ging dermaßen gegen all die Coolness, die ich mühsam erworben hatte.
Und es kam der Tag, an dem wir wieder Squaredance hatten. Wenn Gott mich wirklich liebte, so dachte ich, dann würde er mich als Letzten wählen lassen. Dann würde es kein Aufsehen erregen, dass ich Mary aufforderte. Ich hätte dann das Richtige getan, ohne dass es mich etwas gekostet hätte.
Ihr könnt euch sicher vorstellen, wie es dann wirklich kam. Aus welchem Grund auch immer stellte Mr Jenkins mich
Weitere Kostenlose Bücher