Per Saldo Mord
Ihnen ein bißchen gar zu flott, und dabei setzen Sie eine Miene auf, als wäre das alles das Natürlichste von der Welt. Hol’s der Teufel, Lam! Ich bin wahrscheinlich etwas durchgedreht und überreizt. Ich hocke an meinem Schreibtisch und telefoniere mit Gott und der Welt, lasse Berichte los und nehme welche entgegen und weiß nicht mehr, wo mir der Kopf steht. Und Sie sitzen hier zwischen den kahlen vier Wänden und können in aller Ruhe Probleme wälzen. Kein Wunder, daß Sie mir die Rosinen unter der Nase wegpicken. Aber wütend bin ich trotzdem.«
»Auf mich?« fragte ich mit Unschuldsmiene.
»Jawohl, verdammt noch mal! Aber auf mich auch. Solch eine Chance erwischt man selten, und ich hätte von selbst draufkommen müssen. Es ist zum Auswachsen! Da schließe ich Sie hier ein und überlasse Ihnen als einzigen Zeitvertreib den Wandkalender und den verdammten Anzeiger. Natürlich schmökern Sie in dem Ding, stoßen auf einen Anhaltspunkt und präsentieren ihn mir mit der gönnerhaften Bescheidenheit eines Fußballchampions, der gerade zwei Tore geschossen hat.«
Ich sagte mit gespielter Erbitterung: »Das hat man davon, wenn man sein Wort hält. Ich hätte die Zeitschrift stillschweigend in den Papierkorb bugsieren, von hier verduften und dem Hinweis selbst nachgehen sollen. Von jetzt an pfeife ich auf unsere Zusammenarbeit.«
»Ihr Plan hat zwei Haken — oder vielmehr drei. Erstens werden Sie nicht von hier verduften, zweitens werden Sie keinen Hinweisen nachgehen, und drittens werden Sie auch künftig alle Informationen brav an mich weiterleiten. Ich möchte Ihnen nicht raten, mir etwas vorzuenthalten. Sonst sähe ich mich nämlich gezwungen, Sie hinter schwedische Gardinen zu befördern.«
Er betrachtete mich ärgerlich, warf plötzlich den Kopf zurück und lachte schallend auf. »Okay, Lam. Ich kann Ihren Standpunkt begreifen, und ich nehm’s Ihnen nicht übel, daß Sie meutern. Sie ahnen eben nicht, wie kompliziert so eine Morduntersuchung ist. Jedenfalls danke ich Ihnen für den Hinweis. Wir werden ihn nachprüfen.«
»Wie geht’s Ernestine?« erkundigte ich mich.
»Großartig. Wir haben sie verhört, und sie fand die ganze Prozedur sehr spannend. Sie hatten recht, sie ist ein nettes Mädel.«
»Wann lassen Sie uns gehen?«
»So bald wie möglich. Die Ermittlungen sind noch nicht so weit gediehen, daß wir Sie auf die Menschheit loslassen können. Sie müssen sich schon noch ein bißchen gedulden.«
»Mit anderen Worten, Sie wollen warten, bis Frank Sellers Ihnen aus Los Angeles das Zeichen gibt, daß Sie mich aus der Quarantäne entlassen können.«
Er lächelte.
»Wenn das so ist, verlange ich einen Anwalt«, erklärte ich.
Der Inspektor schüttelte den Kopf. »Auf dem Ohr bin ich taub, Lam.«
»Dann drehen Sie sich um. Vielleicht versteht mich Ihr anderes Ohr besser.«
Er grinste nur. »Fassen Sie sich in Geduld und zerbrechen Sie sich weiter Ihr Köpfchen. Und lassen Sie mich rufen, wenn Ihnen wieder was Gutes eingefallen ist. Sonst lege ich Sie übers Knie.«
Er nahm die Zeitschrift an sich und verschwand.
10
Um vier Uhr nachmittags kam Hobart zurück. »Ich hab’ eine freudige Nachricht für Sie, Lam. Sie können abhauen.«
»Wo ist Ernestine?«
»Die hab’ ich schon vor einer Stunde nach Hause geschickt.«
»Eigentlich hätte ich sie ganz gern nach Hause gebracht«, erklärte ich.
Er grinste. »Möglich. Aber beruhigen Sie sich, sie hatte einen Begleiter. Ich hab’ sie dem Kriminalbeamten anvertraut, der sie verhört hat, und Sie ahnen gar nicht, wie geschmeichelt sie sich fühlte. Sie sagte, das Fernsehen sei zahm im Vergleich zum wirklichen Leben. Wie finden Sie das?«
»Okay. Und was für Pläne haben Sie mit mir? Bekomme ich vielleicht auch einen Begleiter?«
»Ich kann nicht dulden, daß Sie mir bei der Untersuchung dazwischenfunken, Lam. Wenn Sie zu naseweis werden, muß ich Sie hops nehmen.«
»Wie steht’s mit Evelyn Ellis? Haben Sie den Kasten mit der Gabel gefunden?«
»Seien Sie nicht albern. So glatt geht das nur bei euch talentierten Amateuren. Damit Sie’s wissen, Evelyn behauptet, sie habe zwar die Bestecke an akkreditierte Kunden der Firma verteilt, selbst jedoch keins angenommen, weil sie keine Verwendung dafür gehabt habe. Sie gehöre nicht zum Typ des häuslichen Bienchens, und dann fragte sie, wo eine junge Frau von ihren Dimensionen im Badeanzug ein Vorlegebesteck verborgen haben sollte.«
»Sie hatte doch eine Handtasche bei sich,
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