Per Saldo Mord
begleitet hat und momentan in ihrer Wohnung sitzt, ist ein stattlicher Junggeselle. Seiner Meinung nach ist sie ein verdammt nettes, vernünftiges Mädchen, und die zwei scheinen sich sehr gut miteinander zu vertragen. Würde mich gar nicht wundern, Lam, wenn er Sie bei Ernestine aussticht, denn Sie sind doch im Augenblick sowieso nicht greifbar.«
»Wo liegt das Hotel?«
»Direkt am Meer. Es ist das Strandhotel. Sollen wir Sie dort hinbringen, oder wollen Sie lieber hierbleiben?«
»Ich bin für den Blick aufs Meer.«
Er grinste. »Okay. Ich werde das arrangieren. Es wird ungefähr eine halbe Stunde dauern.«
Er ging hinaus. Fünfunddreißig Minuten später tauchte ein Beamter in Zivil auf und nickte mir zu. »Kommen Sie mit, Lam.«
Ich folgte ihm zu einem Streifenwagen. Mein Begleiter fuhr ungewöhnlich vorsichtig und im Schneckentempo durch die Stadt. Das Strandhotel lag ganz weit draußen und Meilen vom Fotoatelier >Brillant< und dem Hotel >Caltonia< entfernt. Hobart hatte eine sehr geschickte Wahl getroffen. Ich war da fast ebenso isoliert wie auf einer einsamen Insel.
Der Beamte führte mich in mein Zimmer. Es war ein hübscher, luftiger, komfortabel eingerichteter Raum.
Ich sah mich um. »Wie steht’s mit Rasierapparat, Zahnbürste und...«
»Ihre Reisetasche steht da drüben auf dem Stuhl. Der Fernsehapparat ist in Ordnung. Auf dem Tisch liegen die neuesten Zeitungen. Das Hotel hat nur zwei Ausgänge, die Drehtür, durch die wir eben reingekommen sind, und die Feuertreppe. Unten in der Halle sitzt ein Aufpasser. Die Feuertreppe wird nicht überwacht.«
»Warum nicht?«
»Erstens wäre es für einen Beobachtungsposten da draußen verdammt kalt und ungemütlich, und zweitens würde es dem Inspektor vermutlich ganz gut in den Kram passen, wenn Sie über die Feuerleiter verduften würden. Damit wäre der Fall gegen Sie komplett.«
»Ich wußte gar nicht, daß es einen Fall Donald Lam gibt.«
»Doch. Uns fehlen nur noch ein paar Beweise.«
»Ich verstehe. Dem Inspektor wäre es lieb, wenn ich mich aus dem Staub machen würde.«
Er nickte. »Sehen Sie, hier bei uns gilt Flucht als Schuldbeweis. Falls Sie sich aus dem Staub machen, können wir Sie jederzeit verhaften und unter Mordanklage stellen.«
»Schönen Dank für den Hinweis. Es ist sehr freundlich von Ihnen, daß Sie mich gewarnt haben.«
»Oh, das gehört auch zu meinen Instruktionen«, antwortete er heiter. »Wir wollen sichergehen, daß es sich tatsächlich um Flucht handelt, falls Sie von hier verschwinden. Jetzt kann ich beschwören, daß ich Sie vorher drauf aufmerksam gemacht habe.«
»Ganz recht.«
»Die Zimmertür wird nicht abgeschlossen, aber Sie können sie von innen verriegeln, falls Sie nervös sind. Die Feuertreppe befindet sich am Ende des Korridors.«
»Den Vordereingang darf ich nicht benutzen?«
»Nein, der wird überwacht.«
»Na, jetzt kenne ich wenigstens die Spielregeln und bin über die Dimensionen der Falle im Bilde.«
»Der Falle?«
»Sicher. Ich könnte Inspektor Hobart gar keinen größeren Gefallen tun, als mich zu verkrümeln. Meine Flucht wäre ein gefundenes Fressen für ihn.«
»Tja, damit haben Sie höchstwahrscheinlich recht. Also, viel Spaß und Hals- und Beinbruch!« Er grinste mir zu und ging hinaus.
Ich rief den Zimmerservice an und bestellte einen doppelten Manhattan-Cocktail, ein Filet mignon, Bratkartoffeln, Kaffee und Apfelkuchen. Man teilte mir mit, bis auf den Cocktail werde man mir das Gewünschte sofort heraufschicken. Leider dürfe mir kein Alkohol serviert werden. Befehl von oben.
Ich schaltete den Fernsehapparat ein, machte es mir in einem Sessel bequem, ließ die letzten zwanzig Minuten eines hochdramatischen Kriminalfilms über mich ergehen und hörte die Nachrichten und die Wettervorhersage. Dann kam der Zimmerkellner und servierte das Essen. Ich verputzte es, ließ das Geschirr abräumen und warf einen Blick in die Zeitungen.
Sie brachten nur ein paar kurze, wenig aufschlußreiche Meldungen über den Mord. In einem Hotel in der City sei ein Mann erstochen worden; die Polizei habe einige vielversprechende Spuren entdeckt und rechne innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden mit einer Verhaftung. Die gleiche alte Masche wie sonst auch. Die Polizei mußte dem Steuerzahler für sein Geld etwas bieten.
Ziemlich lange nach Eintritt der Dunkelheit klopfte es leise an der Tür. Ich erhob mich, öffnete sie und stand Hazel Downer gegenüber.
»Donald!« rief sie.
»Ist’s die
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