Per Saldo Mord
oder nicht? Außerdem wäre es bei dem Trubel nicht aufgefallen, wenn sie den Besteckkasten unterm Arm fortgetragen hätte.«
»Freilich. Keine Bange, Lam, wir lassen nicht locker. Sie brauchen mir nicht zu sagen, wie man eine Morduntersuchung führen muß. Sie haben mich gefragt, was wir bisher herausgefunden haben, und jetzt wissen Sie’s — nichts.«
»Darf ich mit Evelyn Ellis sprechen?«
Hobarts Miene verdüsterte sich. »Also, Lam, schreiben Sie sich folgendes hinter die Ohren: Sie sind in San Francisco. Sie können in ein Hotel gehen. Sie können ins Theater gehen oder in ein feudales Nachtlokal. Sie können mit irgendeinem Flittchen anbändeln; Sie können sich nach Herzenslust amüsieren und sich meinetwegen auch betrinken.
Sie können machen, was Sie wollen. Nur zwei Orte müssen Sie meiden: das Fotostudio >Brillant< und das Hotel >Caltonia<. Wenn Sie sich an den Japs heranmachen oder an Evelyn Ellis, fliegen Sie ins Loch. Und ich schwöre Ihnen, daß Sie so lange drin bleiben, bis ich den Fall geklärt habe.«
»Ist Ihnen eigentlich jemals der Gedanke gekommen, daß ich einen Auftrag übernommen habe und mir mein Honorar verdienen muß? Daß man mir 50 000 Piepen geklaut hat und daß ich...«
»Sicher ist mir der Gedanke gekommen«, antwortete Hobart müde. »Ich denke andauernd daran, weil ich sonst nichts zu tun habe. Herrgott, Lam! Ich habe eine verdammte Schweinerei am Hals, und ich bin nicht scharf darauf, daß Sie mir mit Ihrer feinen italienischen Hand noch mehr Knüppel zwischen die Beine werfen.«
»Kann ich nach Los Angeles zurückfliegen?«
»Von mir aus gern; aber es wäre vermutlich nicht sehr ratsam. Frank Sellers ist nicht gerade gut auf Sie zu sprechen.«
»Da ist eine Hazel Downer oder Hazel Clune, die…«
»Ich weiß. Wir haben sie überwacht. In der Nacht vor dem Mord war sie in San Francisco. Im Moment ist sie wieder hier.«
»Hier? In der Stadt?«
Er nickte.
»Wo?«
Er begann den Kopf zu schütteln. Dann kniff er plötzlich die Augen zusammen und dachte nach. Offenbar war ihm eine Idee gekommen. »Warum wollen Sie das wissen?« erkundigte er sich.
»Weil sie meine Klientin ist und ich in ihrem Auftrag hier bin. Ich kann ihr schließlich nicht gut Tagesspesen abknöpfen, wenn ich die ganze Zeit über irgendwelche Stühle im Polizeipräsidium ab wetze.«
»Möchten Sie lieber in einer Zelle schlafen oder in einem Hotelzimmer?« fragte Hobart.
»Soll das ein Witz sein?«
»Nein, eine Frage.«
»Dann wird Sie meine Antwort vermutlich überraschen. Ich schlafe lieber in einem Hotelzimmer.«
»Ich glaube, das läßt sich einrichten. Aber Sie müssen mir auch einen Gefallen erweisen.«
»Was meinen Sie damit? Ich erweise Ihnen einen Gefallen nach dem anderen, und was schaut dabei für mich heraus? Nichts.«
Er grinste. »Sie sind zu ungeduldig. Hören Sie zu. Wir besorgen Ihnen ein Hotelzimmer mit Telefon, das Sie allerdings nicht für
Stadtgespräche benutzen dürfen. Unten gibt es ein gutes Restaurant mit Zimmerbedienung, und Sie können sich alles raufbringen lassen, wonach Ihnen der Sinn steht. Wir decken Sie mit Zeitungen und Illustrierten ein. Sie können lesen. Ein Fernsehapparat ist auch da, und Sie können auf den Bildschirm starren, wenn Sie wollen. Sie können auch schlafen gehen. Nur Weggehen können Sie nicht, weil wir das Hotel überwachen. Wenn Sie’s trotzdem probieren, wird das verdammt unangenehm — für Sie.«
»Mit anderen Worten, ich bin in Haft.«
»Nicht unbedingt. Sie sind in polizeilicher Obhut und dürfen nur mit unserer Erlaubnis das Hotel verlassen.«
»Obhut klingt gut. Und wie lange soll das Affentheater dauern?«
»Keine Ahnung. Vielleicht können wir Sie morgen früh freilassen.«
»Meine Geschäftspartnerin wird sich meinetwegen Sorgen machen.«
»Allerdings. Sie ist völlig aus dem Häuschen. Sie hat Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um Sie zu erreichen, und hat mindestens ein dutzendmal hier im Präsidium angerufen.«
»Und was haben Sie ihr gesagt?«
»Daß gegen Donald Lam nichts Bestimmtes vorliege und daß wir einen Mann dieses Namens nicht festgenommen hätten.«
»Sehr witzig! Sie halten mich doch fest.«
»Ja; aber nicht, weil etwas Bestimmtes gegen Sie vorliegt. Wir halten Sie fest, weil Sie mit uns Zusammenarbeiten wollen.«
»Ernestine wird sich wundern, wo ich stecke.«
»Keine Bange, Ernestine schwebt mindestens im neunten Himmel. Sie hilft jetzt der Polizei. Der Kriminalbeamte, der sie nach Hause
Weitere Kostenlose Bücher