Per Saldo Mord
setzen wir uns eigentlich nicht?« Sie wippte graziös zur Couch hinüber, ließ sich in die Kissen sinken, strich ihren Rock glatt und fuhr sich mit den Fingerspitzen über die Strümpfe. »Was kann ich für Sie tun, Donald?«
Ich schob mir einen Sessel heran. »Ich würde ganz gern ein paar Einzelheiten über Evelyn Ellis erfahren, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind. Klatsch und dergleichen. Sie verstehen, was ich meine, nicht wahr?«
»Ich habe der Polizei alles gesagt, was ich weiß.«
»Unsinn. Man sagt der Polizei nie alles, was man weiß. Wie steht’s zum Beispiel mit Evelyns Liebesieben?«
»Keine Ahnung. Vermutlich ist es ziemlich bewegt.«
»Geben Sie sich einen Ruck, Bernice. Sie müssen nicht glauben, daß ich Ihr Vertrauen mißbrauchen will. Ich werde schweigen wie das Grab. Außerdem erweisen Sie nicht nur mir, sondern auch Ernestine einen Gefallen, wenn Sie offen mit der Sprache herausrücken.«
»Na, Evelyn Ellis ist ein paar Jährchen über einundzwanzig. Ich
schätze, sie ist nicht ganz unerfahren — und das erwartet ja auch niemand von ihr, oder?«
»Allerdings nicht. Hören Sie auf, wie die Katze um den heißen Brei zu schleichen. Ich kann nur konkrete Tatsachen gebrauchen.«
»Schön. Fragen Sie.«
»Also, was wissen Sie über den japanischen Fotografen?«
»Oh, Sie meinen den Burschen, der so komisch abgehackt spricht? Das ist ein Schatz.«
»Okay. Und was ist er sonst noch?«
»Keine Ahnung. Ich hab’ ihn nie gesehen. Natürlich kenne ich die Nummer, die sie immer wählt, wenn sie ihn anruft. Es ist das Fotostudio >Brillant<. Sie hat alle ihre Reklamefotos dort anfertigen lassen.«
»Besteht zwischen den beiden ein freundschaftliches Verhältnis?«
»Also, ich weiß nicht recht; eigentlich mehr von seiner Seite aus als von ihrer; es ist ziemlich schwer zu erklären. Er betet sie an, und sie läßt sich das gefallen. Sie ist seine Göttin, der Traum seiner schlaflosen Nächte... Ich möchte fast wetten, er hält sie für ein süßes, treues, braves kleines Pusselchen und für die Unschuld in Person.«
»Die beiden sprechen also ziemlich oft miteinander?«
»O ja. Sie ruft ihn an, und seine Stimme ist gar nicht zu verkennen.«
»Wissen Sie, worüber sie in den letzten Tagen gesprochen haben?«
»Nein. Ich hab’ nie zugehört. Sein Kauderwelsch geht mir auf die I Nerven.«
»Okay. Und jetzt möchte ich, daß Sie ein Ferngespräch für mich anmelden, Bernice. Ich lass’ mir danach die Gebühren durdigeben und bezahle sie Ihnen. Sprechen werde ich selbst.«
»Wen soll ich anrufen?« fragte sie.
»Carl Dover Christopher, den Präsidenten der Firma Christopher, Crowder & Doyle in Chicago. Sie müssen sehen, daß Sie seine Privatnummer rauskriegen. Wenn es nicht gerade eine Geheimnummer ist, werden Sie vermutlich keine Schwierigkeiten haben. Er ist ein 1 sehr reicher und prominenter Mann.«
Sie lachte. »Die Nummer lautet Madison 6-497183.«
Ich starrte sie verblüfft an. »Woher wissen Sie das?«
»Er ist bis über beide Ohren in Evelyn verschossen. Sie war früher Stenotypistin oder so was bei einer Importfirma in Chicago. Irgend so ein Reklameonkel suchte für die Metallwarenmesse nach einem geeigneten Fotomodell, das die nötigen Kurven hatte, um die Eisenwaren für das Publikum ein bißchen interessanter zu machen. Werbung ohne Sex lockt nicht mal einen Hund hinterm Ofen hervor. Na, Sie wissen ja, wie so was läuft. Und...«
»Schon gut. Die Geschichte von ihrer Wahl zur Miss Eisenwarenhandel kenne ich bereits. Erzählen Sie mir lieber von ihren Beziehungen zu Carl Christopher.«
»Darauf wollte ich gerade kommen. Er hat sie nämlich entdeckt und dafür gesorgt, daß sie gewählt wurde.«
»Weiter.«
»Ich weiß das alles, weil er ungefähr drei Wochen nach der Messe eine Geschäftsreise nach San Francisco machte, in unserem Hotel ab- stieg und Evelyn anrief. Sie wohnte damals noch in Los Angeles und wollte sich hier mit ihm treffen. Sie flog herüber, nahm ein Zimmer und trug sich unter dem Namen Beverly Kettle ein. Uns erklärte sie, Evelyn Ellis sei nur ihr Bühnenname; richtig heiße sie Beverly Kettle. Wir in der Zentrale dachten uns unser Teil. Im übrigen war es uns egal, ob sie so oder so hieß. Mr. Christopher rief sie allerdings immer unter dem Namen Evelyn Ellis an.«
»Hatten sie ein Verhältnis miteinander?«
»Keine Ahnung. Ihre Zimmer lagen in derselben Etage, aber soviel ich weiß, hat niemand durchs Schlüsselloch geguckt. Mr.
Weitere Kostenlose Bücher