Percy Jackson, Band 4: Percy Jackson - Die Schlacht um das Labyrinth
hatte, war es schwer, auf der Insel die Zeit im Auge zu behalten. Ich wusste, dass ich aufbrechen musste. Bestenfalls würden meine Freunde sich Sorgen machen; schlimmstenfalls waren sie in groÃer Gefahr. Ich wusste nicht einmal, ob Annabeth aus dem Vulkan entkommen war. Obwohl ich mehrere Male versucht hatte, den Empathielink zu Grover herzustellen, bekam ich keinen Kontakt. Ich fand es schrecklich, nicht zu wissen, ob es ihnen gut ging.
Andererseits war ich wirklich schwach. Ich konnte immer nur wenige Stunden auf den Beinen sein. Was immer ich im Mount St. Helens gemacht hatte, es hatte mich ärger mitgenommen als alles, was ich jemals erlebt hatte.
Ich kam mir nicht vor wie ein Gefangener oder so. Ich erinnerte mich an das Lotos Hotel und Casino in Vegas, wo ich zu aufregenden Spielen verleitet worden war, bis ich fast alles vergessen hatte, was mir wichtig war. Aber die Insel Ogygia war ganz anders. Ich dachte die ganze Zeit an Annabeth, Grover und Tyson. Ich wusste genau, warum ich hier wegmusste. Aber ich ⦠konnte nicht. Und dann war da noch Kalypso selber.
Sie redete nie viel über sich, aber gerade deshalb wollte ich unbedingt mehr wissen. Ich saà auf der Wiese, nippte am Nektar und versuchte, mich auf die Blumen oder die Wolken oder die Spiegelungen im See zu konzentrieren, aber ich starrte doch immer nur Kalypso an, wie sie bei der Arbeit die Haare über ihre Schulter warf, und die kleine Strähne, die ihr ins Gesicht fiel, wenn sie sich hinkniete, um im Garten zu graben. Manchmal streckte sie die Hand aus und Vögel kamen aus dem Wald geflogen, um sich auf ihrem Arm niederzulassen â Kolibris, Papageien, Tauben. Sie wünschte ihnen einen guten Morgen, fragte, wie es denn zu Hause im Nest so aussah, und die Vögel zwitscherten eine Weile und flogen dann fröhlich wieder davon. Kalypsos Augen leuchteten. Manchmal sah sie mich an und wir tauschten ein Lächeln, aber fast sofort wurde ihr Gesicht wieder traurig und sie wandte sich ab. Ich verstand nicht, was ihr so zu schaffen machte.
Eines Abends aÃen wir zusammen am Strand. Unsichtbare Dienstboten hatten einen Tisch mit Rindereintopf und Apfelwein gedeckt, was vielleicht nicht sonderlich aufregend klingt, aber das liegt nur daran, dass ihr es noch nie probiert habt. Mir waren die unsichtbaren Dienstboten zu Beginn meines Aufenthaltes nicht einmal aufgefallen, aber nach einer Weile bemerkte ich, dass sich die Betten selbst machten, die Mahlzeiten selbst kochten und die Kleider von unsichtbaren Händen gewaschen und zusammengelegt wurden.
Jedenfalls saÃen Kalypso und ich beim Abendessen und sie sah im Kerzenlicht wunderschön aus. Ich erzählte ihr von New York und Camp Half-Blood und wie Grover einmal einen Apfel gegessen hatte, mit dem wir gerade FuÃball spielen wollten. Sie lachte und zeigte dabei ihr umwerfendes Lächeln, und unsere Blicke trafen sich. Dann schlug sie die Augen nieder.
»Da, schon wieder«, sagte ich.
»Was denn?«
»Du weichst aus, als ob du versuchst, keinen Spaà zu haben.«
Sie starrte weiterhin ihr Glas an. »Wie gesagt, Percy. Ich bin bestraft worden. Verflucht, könnte man sagen.«
»Wie denn? Erzähl es mir. Ich möchte dir helfen.«
Sie bedeckte ihren halb leer gegessenen Teller mit einer Serviette, und sofort entfernte ihn ein unsichtbarer Diener. »Percy, diese Insel, Ogygia, ist mein Zuhause, hier bin ich geboren. Aber sie ist auch mein Gefängnis. Ich stehe unter ⦠Hausarrest, so könnte man das wohl nennen. Ich werde niemals dein Manhattan besuchen. Oder irgendeinen anderen Ort. Ich bin hier allein.«
»Weil Atlas dein Vater ist.«
Sie nickte. »Die Götter haben kein Vertrauen zu ihren Feinden. Und das ist auch richtig so. Ich dürfte mich nicht beklagen. Einige Gefängnisse sind längst nicht so schön wie meins.«
»Aber das ist nicht fair«, sagte ich. »Dass du mit ihm verwandt bist, heiÃt doch noch lange nicht, dass du ihn unterstützt. Diese andere Tochter, die ich gekannt habe, Zoë Nachtschatten, die hat gegen ihn gekämpft. Und sie ist nicht eingesperrt worden.«
»Aber Percy«, sagte Kalypso mit sanfter Stimme. »Im Ersten Krieg habe ich ihn unterstützt. Er ist schlieÃlich mein Vater.«
»Was? Aber die Titanen sind böse!«
»Wirklich? Allesamt? Jederzeit?« Sie schob die Lippen vor. »Sag es mir, Percy. Ich will nicht mit dir streiten.
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