Percy Jackson Bd. 5 Die letzte Göttin
Annabeth mich aus dem Fluss gezogen hatte, ließ ich aus. Ich begriff sie noch immer nicht so ganz und beim bloßen Gedanken daran wurde ich
verlegen.
Sie schüttelte ungläubig den Kopf. »Hast du überhaupt eine Vorstellung davon, wie gefährlich das war?«
»Ich hatte keine Wahl«, sagte ich. »Nur so kann ich es mit Luke aufnehmen.«
»Du meinst … di immortales, natürlich! Deshalb ist Luke nicht gestorben. Er ist zum Styx gegangen und … oh nein, Luke. Was
hast du dir nur dabei gedacht?«
»Du machst dir also mal wieder Sorgen um Luke«, knurrte ich.
Sie starrte mich an, als ob ich soeben aus dem Weltall gefallen wäre. »Was?«
»Vergiss es«, murmelte ich. Ich fragte mich, was Hermes damit
gemeint hatte, dass Annabeth Luke nicht gerettet hatte, als das noch möglich gewesen wäre. Sie verschwieg mir etwas. Aber im
Moment hatte ich keine Lust zu fragen. Das Letzte, was ich wollte, war, noch mehr über ihre Geschichte mit Luke zu hören.
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»Das Entscheidende ist, dass er im Styx nicht gestorben ist«,
sagte ich. »Und ich auch nicht. Jetzt muss ich ihm gegenübertreten. Wir müssen den Olymp verteidigen.«
Annabeth sah mir noch immer ins Gesicht, als ob sie nach Ver-
änderungen suchte, die mein Bad im Styx verursacht hatte. »Du
hast Recht. Meine Mutter hat gesagt …«
»Plan 23.«
Sie wühlte in ihrem Rucksack und zog Dädalus’ Laptop heraus.
Das blaue Delta leuchtete auf, als sie ihn hochfuhr. Sie öffnete einige Dateien und fing an zu lesen.
»Hier ist es«, sagte sie. »Bei den Göttern, das ist aber eine
Menge Arbeit.«
»Eine von Dädalus’ Erfindungen?«
»Eine Menge Erfindungen … gefährliche. Wenn meine Mutter
will, dass ich diesen Plan umsetze, dann muss sie die Lage für ganz schön übel halten.« Sie sah mich an. »Und ihre Nachricht an dich?
Denk an die Flüsse. Was bedeutet das?«
Ich schüttelte den Kopf. Wie so oft hatte ich keine Ahnung, was die Götter mir sagen wollten. An welche Flüsse sollte ich denken?
Den Styx? Den Mississippi?
In diesem Moment kamen die Stoll-Brüder in den Thronsaal
gestürzt.
»Das müsst ihr sehen«, rief Connor. »Schnell!«
Die blauen Lichter am Himmel waren verschwunden, deshalb be-
griff ich nicht sofort, was er meinte.
Die anderen aus dem Camp hatten sich in einem kleinen Park
am Berghang versammelt. Sie drängten sich am Geländer und
schauten hinab auf Manhattan. Auf das Geländer waren Ferngläser montiert, in die man eine goldene Drachme einwerfen konnte, um sich die Stadt anzusehen. Im Moment waren alle belegt.
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Ich schaute auf die Stadt hinunter. Von hier aus konnte ich fast alles sehen – den East River und den Hudson, die die Umrisse von Manhattan bildeten, das Gitter aus Straßen, die Lichter der
Wolkenkratzer, den dunklen Streifen des Central Park im Norden.
Alles sah normal aus, aber irgendwas stimmte nicht. Ich spürte es in meinen Knochen, ehe ich begriff, was es war.
»Ich … ich höre nichts«, sagte Annabeth.
Da war das Problem.
Sogar aus dieser Höhe hätte man den Lärm der Stadt hören
müssen: Millionen von Menschen, die herumeilten, Tausende von
Autos und Maschinen – das Summen einer riesigen Metropole.
Man denkt nicht darüber nach, wenn man in New York lebt, aber
es ist immer da. Sogar mitten in der Nacht. New York schweigt nie.
Aber jetzt tat es das.
Ich fühlte mich, als wäre mein bester Freund plötzlich tot
umgefallen.
»Was haben sie getan?« Meine Stimme klang gepresst und
wütend. »Was haben sie meiner Stadt angetan?«
Ich stieß Michael Yew von seinem Fernglas weg und schaute
hindurch.
In den Straßen unter mir war der Verkehr zum Stillstand gekom-
men. Fußgänger lagen auf dem Bürgersteig oder rollten sich in
Hauseingängen zusammen. Es gab keine Anzeichen von Gewalt,
keine Autowracks, nichts. Die gesamte Bevölkerung von New York schien plötzlich einfach beschlossen zu haben, alles stehen und liegen zu lassen und in Ohnmacht zu fallen.
»Sind sie tot?«, fragte Silena verblüfft.
Mein Magen wurde zu Eis. Eine Zeile aus der Weissagung hallte
in meinen Ohren wider: »In endlosem Schlaf sieht der Heros die Welt.« Mir fiel ein, wie Grover im Central Park dem Gott 163/396
Morpheus begegnet war. Du hast Glück, dass ich meine Energie für die Hauptoffensive aufspare.
»Sie sind nicht tot«, sagte ich. »Morpheus hat die gesamte Insel Manhattan einschlafen lassen. Die Invasion hat begonnen.«
Ich kaufe zwei neue Freunde
Mrs O’Leary war
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