Percy Jackson Bd. 5 Die letzte Göttin
Ich bin ein TITAN!«
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Er stampfte mit dem Sensengriff auf die Brücke auf und eine
Welle purer Macht schleuderte mich rückwärts. Autos drehten sich um sich selbst; Halbgötter – sogar Lukes eigene Leute – wurden von der Brücke gefegt. Die Brückenkabel bebten und ich rutschte ein ganzes Stück auf Manhattan zu.
Unsicher kam ich auf die Füße. Die restlichen Apollo-Leute hatten das Ende der Brücke erreicht, außer Michael Yew, der auf
einem Brückenkabel hockte, nur wenige Meter von mir entfernt.
Sein letzter Pfeil lag an der Bogensehne.
»Hau ab, Michael«, schrie ich.
»Percy, die Brücke!«, rief er. »Sie gibt schon nach!«
Zuerst verstand ich nicht, was er meinte. Dann schaute ich nach unten und sah Risse im Boden. Teile der Straße schmolzen im
griechischen Feuer. Die Brücke war vom Stoß des Kronos und von den explodierenden Pfeilen übel zugerichtet.
»Zerstöre sie«, schrie Michael. »Nutze deine Macht!«
Es war eine durchgeknallte Idee – das konnte eigentlich nicht
funktionieren –, aber trotzdem bohrte ich Springflut in die Brücke.
Die magische Klinge versank bis zum Griff im Asphalt. Salzwasser schoss aus dem Riss, als ob ich einen Geysir getroffen hätte. Ich zog die Klinge heraus und der Spalt wurde größer. Die Brücke
bebte und fing an, zu zerfallen. Stücke von Hausgröße fielen in den East River. Kronos’ Halbgötter schrien entsetzt auf und wichen zurück; einige wurden umgeworfen. Innerhalb weniger Sekunden
klaffte zwischen Kronos und mir ein fast zwanzig Meter breiter Spalt in der Williamsburg Bridge.
Die Schwingungen verebbten. Kronos’ Leute krochen zum Rand
des Spalts und schauten die über vierzig Meter hinab in den Fluss.
Aber wir waren noch nicht sicher. Die Brückenkabel waren un-
versehrt. Kronos’ Leute könnten sich daran entlanghangeln, wenn 193/396
sie mutig genug waren. Und vielleicht kannte Kronos ja einen magischen Trick, um den Abgrund zu überbrücken.
Der Titanenherrscher sah sich die Sache an. Er schaute zur
aufgehenden Sonne hoch, dann lächelte er über den Abgrund hin-
weg. Er hob die Sense zu einem spöttischen Gruß. »Bis heute
Abend, Jackson.« Er schwang sich auf ein Pferd, wirbelte herum und galoppierte zurück nach Brooklyn, gefolgt von seinen
Kriegern.
Ich drehte mich um, um Michael Yew zu danken, aber meine
Worte blieben mir in der Kehle stecken. Ein Stück von mir entfernt lag ein Bogen auf der Straße. Sein Besitzer war nirgendwo zu
sehen.
»Nein!« Ich durchsuchte die Trümmer auf meiner Seite der
Brücke und starrte in den Fluss hinab. Nichts.
Ich schrie vor Zorn und Trauer. Mein Schrei hallte in der mor-
gendlichen Stille über die ganze Stadt. Ich wollte gerade Blackjack herbeipfeifen, damit er mir bei der Suche helfen könnte, als das Handy meiner Mom klingelte. Das Display meldete einen Anruf
von Finklestein & Co – vermutlich ein Halbgott, der mit einem geliehenen Telefon anrief.
Ich drückte auf die grüne Taste und hoffte auf gute Nachrichten.
Aber natürlich lag ich da falsch.
»Percy?« Silena Beauregard schien geweint zu haben. »Plaza
Hotel. Komm schnell her und bring einen Heiler aus der Apollo-
Hütte mit. Es geht um … es geht um Annabeth.«
Rachel macht ein schlechtes Geschäft
Ich schnappte mir Will Solace aus der Apollo-Hütte und befahl
seinen restlichen Geschwistern, weiter nach Michael Yew zu
suchen. Wir borgten uns von einem schlafenden Motorradfahrer
eine Yamaha FZI aus und fuhren in einem Tempo, das meiner
Mom einen Herzanfall beschert hätte, zum Plaza Hotel. Ich war
noch nie Motorrad gefahren, aber es war auch nicht schwieriger, als einen Pegasus zu reiten.
Unterwegs fielen mir jede Menge leere Sockel auf, auf denen
sonst Statuen standen. Plan 23 schien zu funktionieren. Ich wusste nicht, ob das gut oder schlecht war.
Wir brauchten nur fünf Minuten zum Plaza – einem altmodis-
chen weißen Steinhaus mit blauem Giebeldach an der Südostecke
des Central Park.
Taktisch gesehen war das Plaza nicht das optimale Hauptquarti-
er. Es war nicht das höchste Gebäude in der Stadt und lag auch nicht sonderlich zentral. Aber es hatte einen gewissen altmodischen Charme und im Laufe der Jahre hatte es eine Menge berüh-
mter Halbgötter beherbergt, wie die Beatles und Alfred Hitchcock, also fühlte ich mich irgendwie in guter Gesellschaft.
Ich brauste mit der Yamaha an den Kantstein und hielt am
Springbrunnen vor dem Hotel.
Will und ich sprangen ab. Die Statue oben
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