Percy Pumpkin (Bd. 3) - Fluch der Toteninsel (German Edition)
nur ein Brummen aus und Percy und Claire wurden von zwei starken Armen gepackt.
Im Licht des Gangs erkannte Percy, dass ihr Retter tatsächlich Onkel Adalbert war. Er hatte seinen weißen Arbeitskittel übergeworfen, trug dazu allerdings schwere Seemannsstiefel und eine Kapitänsmütze. Und er schien sehr schlechte Laune zu haben. Unermüdlich fluchte er vor sich hin und verwendete dabei Ausdrücke, die Percy noch nicht einmal im Hafenviertel von London gehört hatte.
»Ich kann mich jetzt nicht um euch halbe Portionen kümmern «, schimpfte Onkel Adalbert. »Ich habe schon genug andere Probleme.«
Ohne eine weitere Erklärung schob er Claire und Percy einen schmalen Korridor entlang, dessen Wände und dessen Fußboden aus Eisenplatten bestanden, die mit dicken Schrauben aneinandergefügt waren. Dabei glich er die schlingernden Bewegungen des U-Bootes mit geschickten Schritten aus, was Claire und Percy lange nicht so gut gelang. Vor allem Percy hatte Mühe, sein Gleichgewicht zu halten, weil er Jim auf dem Arm trug.
Schließlich öffnete Onkel Adalbert eine kleine Tür mit einem verglasten Bullauge in der Mitte und ließ die Kinder eintreten. »Verhaltet euch ruhig und macht keinen Ärger!«, befahl er. Dann schmiss er die Tür hinter Percy ins Schloss. Ein Klicken verriet, dass er sie von außen verriegelte.
Aus der hinteren Raumecke winkten ihnen Linda und John zu und lächelten matt. Sie hatten offenbar damit gerechnet, dass Percy und Claire ihnen demnächst Gesellschaft leisten würden.
Percy legte Jim vorsichtig auf eine schmale Anrichte neben der Tür und schaute sich mit Claire verwundert in dem kleinen Zimmer um, in das Onkel Adalbert sie geführt hatte. Es sah so ähnlich aus wie der Maschinenraum eines Schiffes. Überall verliefen Rohre und daneben einige Schläuche, die sich träge weiteten und wieder zusammenzogen, weil offenbar irgendetwas in ihnen zirkulierte. An den freien Stellen der Wände standen einige Möbelstücke. Außer der Anrichte gab es noch drei Sessel, die man zwar drehen, aber nicht verschieben konnte, und sechs Schlafkojen. Die beiden Dreier-Stockbetten trennte ein Wandschrank.
»Onkel Adalbert hat ein U-Boot in Form eines Monsterrochens konstruiert«, stellte John fest.
»Hat er nicht«, sagte Linda.
»Na ja, dann eben ein großes U-Boot, das aussieht wie ein Fisch«, verbesserte sich John.
»Auch nicht.«
»Als was würdest
du
denn dieses Monstrum hier bezeichnen?« John sah seine Cousine ratlos an.
»Als ein großes U-Boot, das aussieht wie ein Fisch«, entgegnete Linda. »Aber es ist nicht von Onkel Adalbert konstruiert worden.«
»Wie bitte? Woher willst du das wissen?«, fragte John.
»Weil der Ingenieur dieses technischen Wunderwerks garantiert der Kerl ist, der uns hier eingesperrt hat«, kam Claire ihrer Schwester zu Hilfe.
»Äh, ja, also doch Onkel Adalbert, oder wie?« John schaute zwischen den Zwillingen hin und her, war aber offenbar zu müde, um sich mit ihnen zu streiten.
»Das war nicht Onkel Adalbert«, sagte Linda.
Claire sah die beiden Jungen herausfordernd an. »Ist euch an unserem Kapitän nichts aufgefallen?«
Percy rieb sich über die Stirn und sagte dann langsam: »Doch. Ihr habt recht. Er hatte zwei gesunde Beine. Denn mit einer Prothese hätte er den schaukligen Korridor niemals so elegant entlanggehen können.«
»Aber dieser, äh, Kapitän hat doch genauso ausgesehen wie Onkel Adalbert«, sagte John.
»Ja«, seufzte Linda. »Das hat er tatsächlich. Er hatte sogar an derselben Stelle ein Muttermal auf der Stirn, hast du das auch bemerkt?«
John nickte verwirrt. »Aber wie kann denn dann …« Er brach ab und fügte nach einem Moment resigniert hinzu: »Da komme ich nicht mehr mit.«
»Linda hat nur gesagt, dass unser Kapitän Onkel Adalbert wie ein Ei dem anderen gleicht«, erwiderte Claire. »Das heißt aber nicht, dass er auch Adalbert
ist!
«
Percy war der Diskussion nur mit halbem Ohr gefolgt. In seinem Kopf herrschte ein solches Durcheinander, dass er keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte. Die schrecklichen Geschehnisse auf Schloss Darkmoor, das furchtbare Leuchtturm-Abenteuer, Onkel Ernie in seiner Schweinsmaske als Handlanger von Dr. Uide, die Stimme in seinem Kopf, seine entführten Eltern, deren Befreiung sie keinen Schritt näher gekommen waren, und jetzt auch noch ein zweiter Onkel Adalbert – es war alles viel zu viel. Eine bleierne Müdigkeit legte sich auf ihn, als hätte ihm jemand einen Sack über den Kopf gezogen.
Weitere Kostenlose Bücher