Percy Pumpkin (Bd.1) - Mord im Schloss
Schatten warf.
Percy zählte acht lange Schattenbeine. Und die steckten in einem massigen, aufgedunsenen Schattenkörper.
»Eine Monsterspinne«, sagte John und gab ein heiseres Krächzen von sich.
Percy nickte und starrte voller Entsetzen in den Gang. Er wusste aus seinen Romanen, dass es in solchen Situationen
lebenswichtig
war, nicht die Nerven zu verlieren.
»Ganz ruhig bleiben«, sagte er leise zu sich selbst, »ganz ruhig. Es gibt keine Monsterspinnen. Es gibt keine …«
Plötzlich setzte sich der Schatten in Bewegung und krabbelte rasend schnell auf sie zu. Percy und John machten auf dem Absatz kehrt und rannten schreiend in einen dunklen Seitengang.
Johns Fuß schien auf wunderbare Weise geheilt zu sein, denn er lief fast noch schneller als Percy, wobei sich ein Teil seines Verbands löste und hinter ihm herwehte.
Der Gang wurde immer schmaler. Ab und zu streifte etwas Nasses, Kaltes ihre Gesichter. Percy kam ein schrecklicher Gedanke: Was, wenn sie in eine Sackgasse gelaufen waren, aus der es kein Entkommen gab? Vielleicht hatte die Monsterspinne ja genau das geplant – sie so lange vor sich herzutreiben, bis sie in der Falle saßen. Bestimmt waren esSpinnweben, die ihre Gesichter streiften. Und jede Sekunde konnten sie in ein gewaltiges Spinnennetz laufen, in dem sie sich dann hilflos verfangen würden.
Da war es auch schon zu spät. Percy und John rannten in eine riesige, weiche Masse hinein und fielen rücklings zu Boden.
Jetzt war alles aus! Die Monsterspinne würde sie fressen.
»Passt doch auf!«, sagte Johns Mutter und zog pikiert ihr Kleid glatt.
»Da seid ihr ja endlich«, zischte Claire.
Percy wischte sich den Schweiß von der Stirn und schaute sich ungläubig um. Auch John war sprachlos. Sie hatten mit allem Möglichen gerechnet, aber ganz bestimmt nicht damit, hier Johns Mutter zu treffen. Und nicht nur sie. Percy stellte fest, dass der schmale Gang in eine Art Halle übergegangen war, in der sich sämtliche Schlossbewohner versammelt hatten. Nur seine Eltern konnte er nirgendwo entdecken.
Alle tuschelten und flüsterten aufgeregt durcheinander. Lediglich Jasper wirkte so gelassen wie immer. Er stand etwas abseits von der Gruppe und beteiligte sich nicht an dem allgemeinen Gedränge. Offenbar wollten alle durch die große Eichentür gelangen, die sich am anderen Ende der Halle befand.
»Das ist der Eingang zur Speisekammer«, erklärte John. »Brenda hat uns schon oft hierher mitgenommen, damit wir ihr beim Tragen der Einmachgläser helfen.«
In diesem Moment gellte erneut ein schrecklicher Schrei durch das Kellergewölbe, nicht ganz so laut wie die beiden vorherigen, aber noch immer so, dass es einem durch Mark und Bein ging.
»Jetzt aber los«, sagten Claire und Linda wie aus einem Mund. Mit etwas Ellenbogeneinsatz drängten die vier sich bis zur Tür der Speisekammer vor. Jim folgte ihnen.
Percy entdeckte Heinrich, den bleichen Cousin aus Deutschland. Er starrte entsetzt in die Speisekammer und sah noch blasser aus als sonst. Seine Beine zitterten so heftig, dass er sich an die Wand lehnen musste.
Die vier zwängten sich durch die Tür und nun erblickten auch sie den Grund für den Aufruhr: Brenda lag in einer mindestens zwei Meter großen Blutlache. Auf ihrer Brust klebten kleine dunkelrote Stückchen, die aussahen, als ob jemand ihr Herz zu Hackfleisch verarbeitet hätte. Das Schlimmste aber war, dass Brenda sie selbst im Tod noch gutmütig anzulächeln schien.
Percy wurde schlagartig übel. Jim drängte sich kläglich winselnd an seine Beine.
Claire und Percy schoben sich an einer hysterisch schluchzenden Küchenmagd vorbei und gelangten schließlich zu Tante Caroline, die gerade gemeinsam mit Lord Darkmoor dabei war, Lucille zu beruhigen. Sicher war es das Kindermädchen gewesen, die Brenda gefunden und so laut geschrien hatte, denn sie krächzte immer wieder heiser: »Ist sie tot? Ist die arme Brenda tatsächlich tot?«
»Sie vermittelt durchaus diesen Eindruck«, sagte Lady Caroline und tätschelte Lucille die Schulter. Dann bemerkte sie Claire. »Gut, dass du hier bist. Wo ist deine Schwester?«
Claire deutete mit dem Zeigefinger in Richtung der Steintreppe, während sie den Blick nicht von Brendas Leiche wandte. »Da oben mit John. Hast du eine Ahnung, wer das gemacht haben könnte?«
»Selbstverständlich nicht, meine Liebe, aber wir haben jetzt etwas viel Wichtigeres zu besprechen.« Lady Caroline winkte Linda zu sich heran.
»Etwas Wichtigeres, als einen
Weitere Kostenlose Bücher