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Perdido - Das Amulett des Kartenmachers

Titel: Perdido - Das Amulett des Kartenmachers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rob Stevens
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Muddel.
    Die beiden Ruderer sahen zu, wie das Schiff immer mehr verschwamm, als das Boot in die Nebelwand eintauchte. Bald war die El Tonto Perdido nicht mehr zu erkennen.
    Die feuchte Luft legte sich auf Hugos Gesicht und kroch unter seine Kleidung. Er zog fröstelnd die Knie an die Brust und biss die Zähne zusammen, damit sie nicht klapperten.
    »Meine Güte!« Walter schnaufte von der ungewohnten Anstrengung. »Was für ein Abenteuer!« Er lächelte, aber Hugo erkannte trotz des Nebels, dass es ein gezwungenes Lächeln war.
    »Stimmt«, gab Hugo zurück. Sein Herz klopfte so schnell, als wollte es zerspringen. »Ein echtes Abenteuer! Nur wir beide!«
    »Alles halb so wild«, beruhigte ihn Walter. »Wir fertigen rasch eine grobe Karte der Insel an, das kann nicht lange dauern. Ehe du ›Abrakadabra‹ gesagt hast, sind wir wieder auf dem Schiff, versprochen.«

    Im Nebel verlor Hugo die Orientierung, als trüge er eine Augenbinde. Er hörte die Wellen an den Bootsrumpf schlagen, aber er hätte nicht sagen können, ob sie vorankamen. Ohne die Sonne hatte er keine Vorstellung, wie lange sie schon unterwegs waren: vielleicht eine Stunde, vielleicht drei. Nach einer Weile war er nicht mal mehr sicher, wo der Himmel war und wo das Meer.
    Da lichtete sich der Nebel schlagartig und sie ruderten unter strahlend blauem Himmel weiter. Eine so scharf abgegrenzteNebelbank war Walter noch nie begegnet. Sie erstreckte sich wie eine Mauer aus Rauch quer über das Wasser. Aber Hugo beugte sich gebannt vor und spähte geradeaus.
    »Da ist sie!« Seine Augen wurden tellergroß, seine Stimme überschlug sich. »Da ist die Insel! Wir sind gleich da.«
    Geradeaus ragte eine schroffe schwarze Klippe wie ein mächtiges Kohleflöz aus dem Meer. Die Felswand führte etwa sechzig Meter senkrecht nach oben und entzog sich nach beiden Richtungen sanft geschwungen dem Blick. Als Walter näher herangerudert war, sah Hugo die Brandung an einen schmalen Strand schlagen, der aus knallviolettem Sand bestand. Die farbenprächtige Bucht übertraf seine kühnsten Vorstellungen und er war auf einmal wieder ganz vergnügt.
    Das Boot blieb mit einem Ruck im Sand stecken. Walter sprang hinaus und zog das Fahrzeug an einem Tau noch ein paar Meter auf den Strand hinauf. Er schlang das Tau um einen Felsblock und half Hugo auszusteigen.
    Als er sich umsah, blieb ihm schier die Spucke weg. »Ist ja irre! So etwas hab ich ja noch nie gesehen.«
    »Ich auch nicht.« Hugo drehte sich um und schaute aufs Meer hinaus. »Die Nebelwand umschließt die Insel wie eine Mauer.«
    »Du hast’s erfasst«, pflichtete ihm Walter bei. »Darum hat wohl auch noch niemand dieses Eiland entdeckt.«
    »Und was machen wir jetzt?«
    Walter legte den Kopf in den Nacken und spähte an der steilen Felswand empor. »Nun, dort hochklettern kann man nicht, darum lass uns den Strand erkunden – vielleicht gibt es ja irgendwo eine Stelle, an der man besser auf die eigentliche Insel hinaufkommt.«
    An den Enden der schmalen, halbmondförmigen Bucht ragten hohe Felsausläufer wie knotige Finger ins Meer hinaus. Man konnte sie nicht umgehen und die Steilklippen waren überall so hoch wie die Mauern von Plymouth Castle. Es gab nur einen Zugang – klettern.
    »Das ist zu gefährlich«, sagte Walter nach reiflicher Überlegung. »Wir müssen wieder aufs Schiff und dem Admiral Meldung machen. Entweder kann er irgendwelche Besatzungsmitglieder überreden, den Felshang zu erklimmen, oder er segelt einmal um die ganze Insel herum und sucht eine geeignetere Stelle, um an Land zu gehen.«
    »Müssen wir denn unbedingt gleich wieder zurück?«, fragte Hugo. »Können wir nicht noch ein bisschen bleiben? Ich find’s schrecklich aufregend, sich endlich wie ein richtiger Entdecker zu fühlen.«
    Walters innere Stimme riet ihm, wieder ins Boot zu steigen, und er sah sich prüfend um. Alles war ruhig und friedlich. Dann begegnete er dem leuchtenden Blick seines Neffen.
    »Na schön, meinetwegen bleiben wir noch ein paar Stunden hier am Strand. Aber dann geht’s direktemang wieder aufs Schiff!«
    »Hurra!«, rief Hugo. »Komm, wir machen ein Lagerfeuer.«
    Er zog die Stiefel aus, rannte barfuß über den Strand und hinterließ lauter Fußstapfen im violetten Sand.

12. Kapitel
    Z
wischen den Felsen entdeckten Hugo und Walter einen Tümpel, in dem sie zwei untertassengroße Krebse fingen. Sie machten mit Treibholz ein Feuerchen und spießten die Krebse auf Äste, die sie über die Flammen hielten. Eine

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