Perdido - Das Amulett des Kartenmachers
schlagen können.«
»Ich bin übrigens der Springer!«, warf Herkules ein und reckte seinen Kaktusstachel in die Höhe. Dann setzte er beiläufig hinzu: »Ehrlich gesagt weiß ich gar nicht recht, was ein Bauer ist.«
»Dann kommt, tapferer Herkules, lasst uns aufbrechen.« Hugo setzte den Tornister auf, Herkules huschte an ihm hoch und nahm auf seiner Schulter Platz.
»Wart mal, Hugo!«, sagte Pigasus. »Du hast vielleicht schon mitgekriegt, dass ich es nicht so mit dem Kämpfen habe. Wahrscheinlich bin ich so weit davon entfernt, ein Held zu sein, wie es nur irgend geht. Anders ausgedrückt: Ich fresse und schlafe viel zu gern, um mich im Kampf gegen die Büffeloger irgendwie nützlich machen zu können.«
Pigasus hielt inne, um einen Pfirsich in den Mund zu stecken, dann fuhr er mit neuem Schwung fort: »Wie dem auch sei … ich will verflucht sein, wenn ich drauf warte, dass mich die Büffeloger im Schlaf abmurksen. Es mag aussichtslos sein, die silberne Eichel finden oder den Büffelogern entkommen zu wollen – oder auch nur den Wald durchqueren zu wollen. Wahrscheinlich ist es unser Verderben, wenn wir diesen geschützten Ort verlassen, aber wenn wir hierbleiben, gibt es für uns gar keine Hoffnung mehr. Ich für meinen Teil bin nicht bereit, die Hoffnung jetzt schon aufzugeben.«
Hugo lächelte ihn dankbar an, doch Pigasus war noch nicht fertig. »Delfina und Kramer müssen allerdings hierbleiben,denn man weiß nicht, wann wir unterwegs auf den nächsten Fluss stoßen, wo sie atmen können.«
»Ich bleibe hier und bewache die Klamm«, sagte Kramer.
»Ich komme ein Stückchen mit«, sagte Delfina. »Ich muss nicht so oft ins Wasser wie Kramer.«
»Und du, Snowdon?«, fragte Hugo. »Wie sieht’s mit dir aus?«
Snowdon warf seinen Kescher über die Schulter, sah vom einen zum anderen und erwiderte: »Ohne mich.«
24. Kapitel
H
ugo, Pigasus und Delfina zogen im Gänsemarsch in Richtung Hedderwald, Herkules thronte auf Hugos Schulter. Es war heiß und schwül, die Sonne brannte vom Himmel. Außerhalb des Schlupfwinkels war die Insel noch farbenprächtiger, als Hugo es sich je hätte träumen lassen. Sie überquerten eine Wiese mit leuchtend türkisfarbenem Gras und kamen an Büschen mit goldenen Blättern vorüber, die wie Hände geformt waren. Orangefarbene Glockenblumen überragten sie und rote Riesennarzissen schienen ihnen grüßend zuzunicken. Als sie eine kurze Rast einlegten, nahm Hugo die wundersamen Pflanzen in seine Karte auf.
Außer seinem Notizbuch hatte er ein paar Pfirsiche und Kartoffeln eingepackt, zu seiner Verteidigung trug er einen großen Ast. Pigasus hatte sich einen Bogen und eine Handvoll Pfeile, deren Fehlen Snowdon seiner Meinung nach nicht auffallen würde, »ausgeborgt«. Obwohl er im Leben noch keinen Pfeil abgeschossen hatte, fühlte er sich damit mutiger. Delfina hatte eine Schlinge in Hugos Messseil geknüpft und es sich über die Schulter gehängt, Herkules war mit seinem Kaktusstachel bewaffnet. Keiner der vier wollte zugeben, wie unruhig er war,darum scherzten sie unterwegs immer wieder über ihr Abenteuer.
»Wer fürchtet sich schon vor fleischfressenden Wasserschnecken und dreiköpfigen Schlangen?«, spottete Herkules.
»Möchte wissen, was an Vampirkäfern so schlimm sein soll«, stimmte Hugo ein.
»Hoho!«, lachte Pigasus überdreht. »Was ist schon dabei, dass sie groß wie Menschen sind und Zähne wie Krummsäbel haben!«
Da musste Hugo doch schlucken.
»Sie kommen aber nur nachts raus«, sagte Delfina rasch. »Wenn es dämmert, haben wir den Wald längst wieder verlassen.«
»Längst!«, bekräftigte Pigasus erleichtert. »Es besteht also nicht der mindeste Anlass zur Sorge.«
Mit frischem Mut marschierten sie weiter.
Nach einer Weile erkundigte sich Hugo: »Wer ist denn nun eigentlich dieser Noah Lang?«
Pigasus erläuterte ihm, dass Noah Lang das Insel-Orakel war – das älteste und weiseste Geschöpf weit und breit. Der Sage nach lebte er im Wald, besaß aber die Fähigkeit, sich jederzeit unsichtbar zu machen und nach Belieben woanders wieder aufzutauchen. Er nutzte diese Gabe, um Gefahren – und ungebetenen Besuchern – aus dem Weg zu gehen, weshalb es fürchterlich schwierig war, ihn aufzustöbern. Angeblich gewährte er nur jenen seine Unterstützung, deren Anliegen redlich war.
»Wie sollen wir ihn denn dann finden, wenn er sich unsichtbar machen kann?«
»Darüber habe ich mir noch gar keine Gedanken gemacht«, antwortete Pigasus. »Wir
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