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Perdido - Das Amulett des Kartenmachers

Titel: Perdido - Das Amulett des Kartenmachers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rob Stevens
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hoch. Sein flacher Kopf war tropfenförmig und ähnelte einem Helm und vorn ragten zwei gefährliche Greifzangen heraus.
    Das Insekt wandte bedächtig den Kopf hin und her und ließ suchend die Fühler spielen. Dabei klapperte es voller Vorfreude auf ein blutiges Festmahl mit den Zangen.
    »Das ist dann ja wohl ein Vampirkäfer«, flüsterte Hugo.
    »Nicht bewegen!«, flüsterte Pigasus zu Antwort. Er lag mit verdrehten Gliedmaßen auf der Erde. »Die Viecher sind blind, aber ihre Fühler spüren die kleinste Bewegung.«
    Hugo hätte beinahe genickt, verkniff es sich aber. Je mehr Mühe er sich gab, still zu halten, desto deutlicher wurde er sich der Bewegungen bewusst, die sein Körper von allein machte. Ob das Vieh spüren konnte, wie sich sein Bauch unter dem losen Hemd hob und senkte, während er versuchte, nur ganz flach zu atmen? Konnte es seine Augenbewegungen oder seinen hämmernden Herzschlag orten oder womöglich den angstschlotternden Herkules in der Wamstasche?
    Delfina fiel das Stillstehen nicht minder schwer. Sie hatte sich geduckt, als der Käfer an ihrem Kopf vorbeigeflogen war. Jetzt verharrte sie wie versteinert in unbequem gebückter Haltung. Sie war schon vom Wassermangel geschwächt, jetzt taten ihr auch noch die Beine weh.
    Mit einem Mal wurde sie ohnmächtig und sackte stöhnend zusammen.
    Der Käfer wandte jäh den Kopf und krabbelte zu ihr hinüber. Seine Beine bewegten sich wie flinke Finger, die auf eine Tischplatte trommeln. Hugo bekam eine Gänsehaut, als das Vieh an ihm vorbeihuschte, aber er wagte nicht, sich zu rühren, sondern sah untätig zu, wie sich der Käfer über die bewusstlose Delfina beugte.
    Er hob sie mit den beiden vordersten Beinen auf und stellte sich auf die spindeldürren Hinterbeine. Schlaff wie eine Lumpenpuppe hing das Mädchen in seinen Klauen. Dann legte der Riesenkäfer den Kopf in den Nacken und riss die Zangen weit auf.
    »Wir müssen ihr helfen!«, raunte Herkules aus Hugos Tasche.
    Hugo nickte knapp, gab sich einen Ruck, trat hinter das Käfervieh und zog ihm den Ast über den Rücken.
    »Lass sie los!«, brüllte er.
    Den Käfer beeindruckte das mitnichten. Er wandte lediglich den Kopf und ließ prüfend die Fühler spielen. Doch dann wandte er sich wieder seinem Opfer zu und riss abermals gierig die Zangen auf.
    »Greif zum Bogen, Pigasus!«, befahl Hugo.
    Pigasus richtete sich schwerfällig auf und zog einen Pfeil aus dem Köcher auf seinem Rücken. Dann legte er den Pfeil auf dieSehne, hielt den Bogen auf Armlänge von sich weg und zog die Sehne, die er zwischen die Zehen geklemmt hatte, zurück. Wie ein geübter Bogenschütze kniff er ein Auge zu und visierte sein Ziel gründlich an, dann ließ er den Pfeil los.
    Der Pfeil schwirrte mit tödlicher Geschwindigkeit durch die Luft. Leider verfehlte er den Käfer um fast zehn Meter und bohrte sich irgendwo im Wald in einen Baumstamm.
    »Was war das denn?«, fragte Hugo.
    »Tut mir leid.« Pigasus zuckte die Achseln. »Anfängerpech.«
    Der Riesenkäfer schloss die Zangen um Delfinas Hals. Hugo musste etwas unternehmen! Er packte seinen Ast wie einen Speer, schlich sich abermals hinter den Käfer, richtete das spitze Ende der Waffe auf ein Bein und stach in eine Panzerlücke.
    Der Vampirkäfer bäumte sich jaulend auf, ließ Delfina fallen und fuhr herum. Mit einem anderen Bein trat er Hugo den Ast aus der Hand. Hugo wollte die Flucht ergreifen, stolperte aber auf dem unebenen Waldboden und plumpste auf den Hintern. Der Käfer baute sich mit klappernden Zangen vor ihm auf. Hugo krabbelte rückwärts, stieß sich den Hinterkopf an einem dicken Baumstamm und begriff, dass er in der Falle saß.
    Da sprang Herkules aus Hugos Tasche und rammte dem Käfer den Kaktusstachel ins Bein.
    »Verzieh dich, Mistvieh!«
    Der Käfer zuckte nicht mal zusammen.
    Hugo hörte die Bogensehne noch einmal schwirren und schöpfte wieder Hoffnung, da hörte er fast im selben Augenblick, wie sich auch dieser Pfeil in einen Baum bohrte.
    Der Vampirkäfer hob Hugo hoch. Die Borsten an seinen Beinen verhakten sich wie Kletten in den Kleidern des Jungen. Hugo schaute angstvoll in den klaffenden Schlund zwischen densäbelähnlichen Zangen. Da ging ein krampfhaftes Zucken durch das Insekt, es ließ den Jungen fallen und taumelte rückwärts. Hugo sah verwundert zu, wie das Ungeheuer vor und zurückschwankte wie Oliver Muddel, wenn er in angetrunkenem Zustand gerade stehen wollte. Aus dem Maul des Käfers rann eine zähe, dunkle

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