Perdido - Das Amulett des Kartenmachers
seine Hände brannten, in seiner Brust stach es. Wie gern hätte er mit Herkules getauscht, denn der Mäuserich hatte sich wieder in die Wamstasche geflüchtet. Hugo hätte sich auch lieber irgendwo zusammengerollt und ausgeschlafen, aber die Sorge um seinen Onkel hielt ihn wach und trieb ihn weiter.
»Wonach sollen wir eigentlich Ausschau halten, wenn wir oben sind?«, rief er Snowdon zu, aber der heulende Wind übertönte ihn. Daraufhin beschleunigte er seinen Schritt und zupfte Snowdon am Fell. Snowdon blieb stehen, wandte den Kopf vom Wind ab und blickte auf den Jungen herunter.
Sein langes Fell stand wie eine Fahne waagerecht ab. Als ihm eine Bö die Stirnfransen aus dem Gesicht peitschte, sah Hugo zum ersten Mal seine Augen. Sie glichen Katzenaugen und leuchteten hellorange, die Pupillen waren schwarze Schlitze.
Hugo wiederholte seine Frage.
»Nach etwas, das wie ein schwarzes Dreieck aussieht«, erwiderte Snowdon. »Ein Felsbrocken vielleicht oder irgendeine Markierung auf dem Boden. Aber wir haben nicht mehr viel Zeit.«
Die Sonne übergoss den Himmel mit orangefarbenem und rosarotem Licht. Sie streifte schon fast den Horizont – bald würde sich die Dunkelheit herabsenken.
Da duckte sich Snowdon unvermittelt hinter einen Felsen und bedeutete Hugo und Pigasus, sich hinter ihn zu kauern. Herkules spähte unter Hugos Deckenumhang hervor.
»Etwa dreißig Schritt vor uns liegt ein Eingang zum Bau der Büffeloger. Wahrscheinlich führt er in das unterirdische Labyrinth. Irgendwo in diesem Irrgarten muss die Höhle sein, wo die Scheusale Hugos Onkel gefangen halten – und wer weiß, wie viele andere wehrlose Opfer noch.«
Snowdon unterbrach sich und spähte um den Felsen herum, dann fuhr er fort: »Dort einzudringen, hätte keinen Zweck. Das Gewirr der unterirdischen Gänge ist viel zu weitläufig und verschachtelt. Es heißt, man kann sein Leben lang durchs Labyrinth der Büffeloger irren, ohne einen Ausgang zu finden. Und darum müssen wir auf den Gipfel hinauf und uns dort nach der Eichel umsehen.«
Dagegen hatte Hugo nichts einzuwenden.
Pigasus jedoch fragte nach: »Woher weißt du denn, dass hier ein Eingang zum Labyrinth der Büffeloger ist? Könnte es nicht auch der Eingang zu irgendeiner beliebigen Höhle sein?«
Snowdon schüttelte den Kopf. »Zweierlei spricht dagegen. Erstens haben die Eingänge zum Bau der Büffeloger eine ganz bestimmte Form, nämlich einen fast vollkommenen Halbkreis. Wie der Höhleneingang dort vorn.«
»Könnte genauso gut Zufall sein«, entgegnete Pigasus.
»Zweitens wird die Höhle dort vorn von einem Büffeloger bewacht.«
»Verstehe.« Pigasus nickte scheinbar nachdenklich. »Nur mal angenommen, dein Verdacht wäre begründet – wie in aller Welt sollen wir dann ungesehen an dem Scheusal vorbeikommen?«
»Entweder machen wir kehrt und ersteigen den Gipfel auf einem anderen Weg oder wir schleichen uns an dem Posten vorbei.«
»Ich wüsste da noch eine dritte Möglichkeit«, mischte sich Herkules ein. »Nämlich dass ich mich an den Büffeloger anpirsche und ihn aus dem Weg räume.«
»Wie jetzt?«, fragte Pigasus.
»Na, du weißt schon, das Vieh kaltmache. Es außer Gefecht setze, ausschalte, unschädlich mache.«
Auf Pigasus’ Gesicht malte sich tiefstes Unverständnis.
»Ich – geh – hin – und – hau – dem – Vieh – eins – vor – den – Latz!«, erklärte Herkules überdeutlich.
Pigasus konnte sich das Lachen nicht verbeißen. »Mein lieber kleiner Freund – ich weiß sehr wohl, was ›aus dem Weg räumen‹ heißt. Ich kann mir nur nicht vorstellen, wie du das anfangen willst.«
»Ganz einfach. Ich klettere ihm auf den Kopf und … KAWUMM!«
»Kawumm?«
»Kawumm!«, wiederholte Herkules mit Nachdruck und hieb mit der geballten Pfote in die Luft. »Ein kräftiger Schlag auf den Hinterkopf und der Büffeloger ist hinüber. Kurz und schmerzlos. Er wird gar nichts merken.«
»Eben das hatte ich befürchtet«, entgegnete Pigasus.
»Das ist ein hervorragender Plan, Herkules«, mischte sich Hugo ein, »aber ich glaube doch, es wäre besser, wenn wir unauffällig vorgehen.«
»Jawoll!«, stimmte Pigasus zu. »Tarnung ist alles.«
»Und da Kehrtmachen zu lange dauert«, fuhr Hugo fort, »müssen wir uns irgendwie an dem Vieh vorbeischleichen.«
»Das sehe ich genauso«, sagte Snowdon. »Soweit ich es von hier aus erkennen kann, ist der Büffeloger eingeschlafen. Gewiss sammelt er Kräfte für das Fest heute Nacht. Wir müssen uns an ihm
Weitere Kostenlose Bücher