Perdido - Im Bann des Vampirjägers
haben? Grauenhaft!«
»Geht mir genauso.«
»Ihm einfach das Blut auszusaugen! Das ist doch kein Tod für einen echten Mann.«
»Wenigstens hat er im Tod noch Schreie gehört«, meinte der große Jake wehmütig lächelnd. »Er hat’s immer gern gehört, wenn jemand in Todesangst so richtig losschreit, was?«
»Aber doch nicht er selber. Kein Mensch hört sich selber gern in Todesangst schreien, Jake.«
»Hm. Stimmt wahrscheinlich.« Der große Jake packte seinen Freund fester bei der Schulter. »Dein Banditenkumpel war ein schlechter Mensch, Tommy. Ein ganz abscheulicher Charakter – durch und durch verdorben.«
Tommy blickte auf und lächelte den großen Jake dankbar an. »Danke schön, Jake. Echt nett, dass du das sagst.«
Der kleine Jake in der Höhle seufzte und wiegte den Kopf.
»Der Vorfall mit den Vampirkängurus hat die Jungs ordentlich aus der Bahn geworfen«, sagte er. »Ist ja auch nicht schön, wenn der sterbende Nebenmann plötzlich unter die Erde gezerrt wird.«
»Tja, Mephistos Vampirtruppen sorgen gewissenhaft dafür, dass in Dämonien Mord und Totschlag herrschen«, entgegnete Walter, ohne von seiner Karte aufzublicken. »Ich fürchte bloß, wir werden uns noch mit Schlimmerem als ein paar angriffslustigen Kängurus herumschlagen müssen, wenn wir dem teuflischen Herrscher dieses Landes das Juwelenschwert entreißen wollen.«
Der kleine Jake musterte den Kartenzeichner, dann erwiderte er verächtlich: »Du willst uns bloß Angst einjagen. Du hast keine Ahnung, wovon du sprichst.«
»Stimmt.« Walter hob schmunzelnd den Kopf. »Beweisen kann ich es jedenfalls nicht. Aber seit ich hier bin, habe ich mehr als genug darüber gehört, was Mephisto für ein grausamer, brutaler … nun ja, für dich ist das ja alles Pillepalle.«
»Das beurteile immer noch ich!«, fauchte der kleine Jake. »Red gefälligst weiter! Was ist Mephisto für ein grausamer, brutaler …?«
Walter sah ihm tief in die Augen, holte Luft und flüsterte: »Vampanter.«
Der kleine Jake keuchte auf, riss sich aber gleich wieder zusammen und rang sich ein höhnisches Lachen ab. »Ein Vampanter? So was Albernes hab ich mein Lebtag noch nicht gehört!«
»Demnach habt ihr euch schon genau überlegt, wie ihr das fürchterlichste Ungeheuer, das je auf dieser Erde gewütet hat, entwaffnen wollt?«
Der kleine Jake zog die Stirn kraus. Sein Blick flackerte.
Walter fuhr fort: »Wer wäre schon derart lebensmüde, den Vampanter einfach so zu überfallen, ohne sich vorher einen ausgefeilten Plan zurechtgelegt zu haben?«
Der Zwerg zückte blitzschnell seinen Dolch und drückte Walter die Klinge an die Wange. »Kümmer du dich drum, uns zu Mephistos Schloss zu führen, sonst erleidest du auf der Stelle einen sograuenhaften Tod, dass du dir wünschst, die Kängurus hätten dich zu ihrem Opfer auserkoren und nicht Billy Blut.«
Walter zuckte nicht zurück und lächelte unerschütterlich. »Ich kann mich nur an die Karte halten.«
Der kleine Jake nahm den Dolch wieder weg und fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. »Und wie funktioniert deine … Zauberkarte ?« Das letzte Wort spie er aus wie Gift.
Walter breitete die Karte auf dem Boden aus.
»Die Karte zeigt einen kleinen Ausschnitt des Gebirges.« Er deutete auf die verschlüsselte Legende. »Und hier steht, wie wir das Schloss finden.«
»Wenn das so einfach ist, warum haben wir dann die weite Reise nach England unternommen, um dich zu entführen? Dann hätten wir die Karte doch auch selber lesen können, oder?«
»Hast du sie denn mal gelesen?«
»Nein, hab ich nicht!«, entgegnete der kleine Jake erbost. »Ich hab alle Hände voll mit Rauben und Morden zu tun – da kann ich nicht auch noch das blöde Alphabet lernen!«
»Kannst du etwa gar nicht lesen?«
»Klar kann ich nicht lesen … seh ich etwa aus wie ein Genie?«
»Dann darf ich dir vielleicht die Grundzüge des Kartenlesens erläutern.« Walter zog einen langen, dünnen Ast aus dem Haufen Reisig, den sie als Feuerholz gesammelt hatten. Er legte den Ast vor dem Höhleneingang auf die Erde. Dann brach er einen kürzeren Ast in sechs Stücke und legte die Stücke an den längeren Ast, bis sich ein Pfeil mit drei Spitzen übereinander ergab. »So einen Pfeil sieht man auf jeder Karte. Er zeigt immer nach Norden.« Walter deutete auf den entsprechenden Pfeil auf Marcellos Karte. »Die Ästchen hier zeigen nach Norden, das heißt, wir brauchen die Karte nur so hinzulegen, dass beide Pfeile in eine Richtung zeigen,
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