Perdido - Im Bann des Vampirjägers
dein Blut schon auf der Zunge … Du wirst mein abendliches Festmahl!« Der Schatten warf den Kopf in den Nacken und lachte abermals grollend und teuflisch. Bei jedem »Ha!« wurde seine Stimme lauter.
Im selben Augenblick war es Kristall gelungen, ein Maul voll Seide zu fassen zu bekommen. Mit einem Satz riss sie den schwarzen Vorhang herunter und enthüllte das dahinter verborgene Ungeheuer.
Hinter dem Scheusal stand eine Kerze und warf seinen riesenhaften Schatten auf die Wand. Es trug einen schwarzen Umhang und hielt ein Schwert in beiden Vorderpfoten. Es war …
… ein kleiner, wuscheliger Pudel.
Der Hund merkte nicht, dass der Vorhang weg war. Er hielt weiter den Kopf in den Nacken gelegt und lachte teuflisch und so heftig, dass seine Schultern bebten.
Hugo wartete geduldig darauf, dass der Pudel sich beruhigte, aber der lachte nur umso heftiger.
»Hallo!«, rief der Junge schließlich. »Wir … äh … wir können dich sehen!«
Der Hund verstummte und machte die Augen wieder auf. Als er die drei Eindringlinge erblickte, die ihn verdutzt angafften, jaulte er erschrocken auf. »Tag zusammen«, sagte er dann etwas verlegen.
»Du bist gar nicht Mephisto«, erwiderte Hugo verächtlich.
»Oooh doooch!«, widersprach der Pudel mit schaurig verstellter Stimme. »Wie kannst du es waaaagen, das infraaage zu stellen? Für wen hääältst du dich?«
»Nein, du bist nicht Mephisto«, pflichtete Kristall Hugo bei. »So sieht kein Vampanter aus.«
»Ich bin noch viiieeel schrecklicher als der Vampanter. Ich bin nämlich ein Vampudel!« Der Hund knurrte gefährlich, aber seine Stimme schnappte über und das Knurren verklang in einem hohen Jaulen.
»Ach so, ein Vampudel bist du«, entgegnete Herkules ironisch. »Jenes sagenhafte Geschöpf, das alle Welt in Angst und Schrecken versetzt. Passt bloß auf, sonst pinkelt er euch ans Bein.«
»Und wo steckt der echte Mephisto?«, wollte Hugo wissen.
»Lass mich bloß mit dem in Ruhe«, erwiderte der Vampudel mürrisch. »Ich war ihm lange Jahre treu ergeben. Hab immer brav zu Hause gewartet, wenn er unterwegs war. Wenn er dann wiederkam, habe ich ihm die Pantoffeln gebracht und mich zu seinen Füßen gelegt, wenn er die anderen mit seinen Berichten über Mord und Totschlag ergötzt hat. Jahrelang habe ich aufs Wort gehorcht – Bring!, Sitz!, Mach Platz! – und das alles übrigens ohne den kleinsten Dank.«
Hugo nickte mitfühlend.
»Dann ist er von einer Reise nach Indien zurückgekommen und hat das Juwelenschwert mitgebracht. Am Tag seiner Rückkehr war er so was von schlecht gelaunt und hat sich aufgeführt wie die Axt im Walde. Keine Ahnung, was mit ihm los war.«
»Vielleicht hat er sich ja so benommen, weil der grausame Geist eines indischen Pantergotts in ihn gefahren war«, meinte Herkules.
Darauf ging der Vampudel nicht ein, sondern fuhr fort: »Er war derart mies drauf, dass er jedem den Kopf abgerissen hat, der ihm in die Quere kam – im wahrsten Sinne des Wortes. In derselben Nacht entpuppte er sich dann als Vampanter und tobte durch seinen Palast. Er brachte sogar seine eigene Familie um und meine Wenigkeit dazu! Dann hat er uns alle ein volles Jahr lang ins Verlies gesperrt. Und als er uns rausließ, sollten wir ihm wieder treu ergeben sein. Seine Frau und sein Kind gehorchten, aber ich warnicht bereit, sein Verhalten zu entschuldigen. Ich habe erst mal so getan als ob, aber als es endlich so weit war, schwor ich ihm, dass sich der beste Freund des Menschen nunmehr als sein ärgster Feind erweisen würde.«
Der Vampudel blickte selbstgefällig in die Runde.
Hugo, Kristall und Herkules erwiderten seinen Blick verständnislos.
»Dass sich der beste Freund des Menschen nunmehr als sein ärgster Feind erweisen würde, habe ich gesagt!«, wiederholte der Vampirhund.
»Wir haben’s gehört«, sagte Hugo.
»Sein ärgster Feind, kapiert?« Der Hund sah seine Zuhörer erwartungsvoll an.
Herkules gab sich einen Ruck. »Na ja. Da hast du jahrelang Zeit, dir was zu überlegen, und wenn es so weit ist, fällt dir bloß so ein lahmer Spruch ein.«
»Als ob dir etwas Besseres eingefallen wäre!«
»Was hältst du von: ›Die Welt ist doch gerecht – jetzt geht’s dem Herrn mal schlecht!‹?«
»Auch nicht übel«, räumte der Vampudel ein.
»Ist doch egal«, unterbrach Hugo die beiden ungeduldig. »Wie ging es dann weiter?«
Der Vampudel hatte den Faden verloren und musste erst überlegen. »Ach ja. In einer dunklen, stürmischen Nacht, als Blitz
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