Perdido - Im Bann des Vampirjägers
Rührte er sich noch? Als er über den Kopf des Scheusals hinwegstieg, sah er, dass ein Eiterrinnsal wie eine Träne aus dem roten Auge lief.
»Der Ärmste«, sagte Kristall ironisch. »Vor lauter Aufregung zusammengeklappt.«
»Bestimmt bekommt er nicht oft Überraschungsbesuch«, spottete Herkules. »Da ist ihm glatt die Luft weggeblieben.«
Hugo musste zwar unwillkürlich grinsen, aber die Angst schnürte ihm trotzdem die Kehle zu. »Wartet mal eben«, sagte er und packte den Vampir mit beiden Händen am Ärmel, »ist das auch wirklich …«
Er stemmte die Füße gegen die Wand und mit einiger Anstrengung gelang es ihm, das Ungeheuer auf den Rücken zu wälzen. Dabei wurde der schlaffe Arm so abgespreizt, dass der schwarze Umhang aufklaffte und man das Schwert sah.
Hugos Blick fiel auf den Knauf der Waffe. »Das darf doch nicht wahr sein!«, keuchte er.
Herkules und Kristall starrten das Schwert schweigend an.
Der Vampir hatte ein langes Schwert umgegürtet. Die Klinge war aus Metall und der kunstvoll verzierte, aus einem Stück gefertigte Knauf war … aus Holz.
48. Kapitel
D
as ist gar nicht der Vampanter«, sagte der fassungslose Hugo. »Das ist wieder nur einer seiner Wachposten.« Der Anblick seines leblos am Boden liegenden Freundes versetzte ihm einen Stich. »Was haben wir bloß getan, Lupus!«, flüsterte er.
Da hörte man es hinter der wuchtigen Tür poltern. Hugo verstummte sofort und huschte auf Zehenspitzen weiter den Flur entlang.
Als er den kümmerlichen Lichtschein seiner Fackel auf die Tür richtete, stellte er fest, dass sie nicht ganz geschlossen, sondern nur angelehnt war. Mit angehaltenem Atem drückte er sie einen Zentimeter auf. Zum Glück quietschten die Angeln nicht. Hugo legte ein Auge an den Spalt. Auch Herkules, der wieder auf dem Kopf des Jungen saß, schob das spitze Schnäuzchen durch die Lücke, und Kristall beugte sich vor, um Hugo über die Schulter zu schauen.
Sie blickten in einen großen Raum, der wie die Eingangshalle eine gewölbte Decke besaß. Mehrere Wandfackeln, deren matter rötlicher Lichtschein über die glatt geschliffenen Wände flackerte, kämpften gegen die Finsternis an. An der hinteren Wand stand ein Sessel mit einer hohen Lehne. Mitten im Raum ruhte ein steinerner Sockel, auf dem ein großer, ebenfalls aus Stein gehauener Behältermit einer eingemeißelten, nicht zu entziffernden Inschrift stand. Sonst war der große Raum leer.
»Das ist Mephistos Sarg«, flüsterte Hugo. »Wahrscheinlich schläft er darin.«
»Der Deckel steht offen«, stellte Kristall fest.
Als plötzlich ein riesenhafter Schatten auf die Wand fiel, fuhr Hugo erschrocken zusammen. Der Schatten gehörte zu einer bestimmt drei Meter hohen Gestalt. Die Gestalt hatte eine kurze Schnauze, trug einen langen Umhang und hatte den Kragen bis zu den spitzen Ohren hochgeschlagen. Außerdem hielt sie ein langes Schwert in beiden Händen.
Hugo nahm allen Mut zusammen und betrat den Raum. Kristall blieb ihm dicht auf den Fersen.
»Du da!«, ertönte es grollend. »Wie kannst du es wagen, mein Gemach zu betreten! Ich bin Mephisto – Herrscher über alle Vampire! Wenn du mein Schloss nicht auf der Stelle wieder verlässt, wirst du deine Dreistigkeit bitter bereuen.«
Hugo zitterte wie Espenlaub, aber er blieb tapfer stehen. Dabei spürte er, wie sich Kristalls warmer Leib an seine Beine schmiegte.
»Das ist er!«, raunte Herkules.
Hugo fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und hob sein Schwert, das allerdings in seiner zitternden Hand hin und her schwankte. Er holte tief Luft und sagte: »Wir sind gekommen, um dir das Juwelenschwert abzunehmen.« Es sollte sich herrisch und drohend anhören, klang aber leider piepsig und zittrig.
Das ganze Gemach erbebte vom hämischen Donnergelächter der dunklen Gestalt. »Ha-ha-ha-ho-ho!«
Hugo und Herkules waren starr vor Schreck, aber Kristall huschte quer durch den Raum. Eine Ecke war mit einem schwarzen Seidenvorhang abgeteilt. Kristall beschnüffelte den Stoff, dann versuchte sie, ihn mit den Krallen herunterzureißen, und als ihr das nicht gelang, biss sie hinein.
Hugo packte sein Schwert fester und machte ein paar zaghafteSchrittchen auf den Schatten zu. »Ich … ich habe keine Angst vor dir!«, verkündete er wenig überzeugend.
»Ich will dir auch gar keine Angst einjagen«, lautete die Antwort. »Ich will dich umbringen.«
Der Schatten hob das Schwert über den Kopf und ließ drohend die Kiefer auf- und zuschnappen. »Ich schmecke
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