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Perdido Street Station 01 - Die Falter

Perdido Street Station 01 - Die Falter

Titel: Perdido Street Station 01 - Die Falter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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quatschendes Schmatzen, als der Brocken schlagartig zerplatzte und das Innere des Glases mit Krümeln und Fett bespritzte.
    Lublamai rief herauf und wollte wissen, was in Jabbers Namen passiert wäre, aber Isaac hörte es nicht. Er starrte mit aufgesperrtem Mund den explodierten Käse an. Dann lachte er vor ungläubiger Freude laut auf.
    »Isaac? Was zum Teufel ist los da oben?«, brüllte Lublamai.
    »Nichts, gar nichts! Tut mir leid wegen der Störung … Nur ein Experiment … Alles in Butter …« Ein breites Grinsen, das sich unaufhaltsam von Ohr zu Ohr über sein Gesicht breitete, hinderte ihn daran, weiterzusprechen.
    Er schaltete die Krisismaschine ab und hob den Glassturz hoch. Er fuhr mit den Fingern durch die schmierige Masse innen. Unglaublich!, dachte er.
    Der Programmierung gemäß hätte der Käsebrocken sich ein oder zwei Zentimeter vom Boden erheben sollen. Aus dieser Sicht war das Experiment als Fehlschlag einzustufen, doch Isaac hatte nicht damit gerechnet, dass überhaupt irgendetwas passieren würde. Er musste sich bei den Formeln verrechnet, die Karten falsch programmiert haben. Die gewünschten Effekte exakt zu spezifizieren drohte das schwerste Stück Arbeit zu sein. Wahrscheinlich war der ganze Ablauf eben schrecklich primitiv gewesen, voller Irrtümer und Ungenauigkeiten. Und er hatte nicht einmal versucht, die Art von permanenter Feedbackschleife zu erzeugen, die er eigentlich erreichen wollte.
    Aber – aber – er hatte Krisisenergie nutzbar gemacht.
    Das war noch nie zuvor gelungen. Zum ersten Mal glaubte Isaac tatsächlich, dass seine Ideen funktionieren könnten. Jetzt kam es darauf an, dass Prinzip zu verfeinern. Natürlich würde es noch viele harte Nüsse zu knacken geben, aber das machte ihm keine Angst, denn das Fundament war gelegt, das Hauptproblem der gesamten Krisistheorie war gelöst.
    Isaac suchte seine verstreuten Notizen zusammen und sortierte sie andachtsvoll. Er konnte nicht glauben, was er vollbracht hatte. Schon nahmen neue Pläne in seinem Kopf Gestalt an. Nächstes Mal, dachte er, benutze ich eine Vodyanoi-Skulptur. Etwas, das bereits von Krisisenergie zusammengehalten wird. Dann wird’s erst richtig spannend, vielleicht können wir diese Schleife ans Laufen bringen … Er platzte fast vor unterdrückter Euphorie.
    Ich gehe bummeln, beschloss er. Das gehört gefeiert. Ich werde Lin fragen, ob sie mitkommt. Ich mache mir einen schönen Abend und gebe mir gehörig die Kanne. Ich habe soeben eins der vertracktesten Rätsel in einer der umstrittensten Wissenschaftsdisziplinen gelöst, und ich verdiene einen satten Schluck! Er grinste über sein flammendes Eigenlob, dann wurde er ernst. Der Zeitpunkt war gekommen, Lin ins Vertrauen zu ziehen.
    Ich kann nicht länger nur allein darüber brüten, dachte er.
    Er vergewisserte sich, dass er Schlüssel und Brieftasche eingesteckt hatte, reckte und schüttelte sich und ging nach unten.
    Lublamai drehte sich beim Geräusch seiner Schritte um.
    »Ich bin weg, Lub«, sagte Isaac.
    »Du machst Feierabend? Es ist erst drei.«
    »Was soll’s, ich habe ein paar Überstunden angesammelt.« Isaac zwinkerte. »Ich nehme einen halben Tag frei. Falls jemand nach mir fragt, ich bin morgen wieder zu sprechen.«
    »Geht klar.« Lublamai drehte sich wieder zu seiner Arbeit herum. »Viel Spaß.«
    Isaac ging mit einem gebrummelten Abschiedsgruß hinaus.
    Mitten auf dem Paddler Way blieb er stehen und seufzte, rein aus Wonne, an der frischen Luft zu sein. In der kleinen Straße herrschte nicht viel Betrieb, aber es waren dennoch Leute unterwegs. Isaac grüßte ein oder zwei Nachbarn, dann schlenderte er in Richtung Petty Coil. Es war ein herrlicher Tag, und er hatte beschlossen, zu Fuß nach Salacus Fields zu gehen.
     
    Die warme Luft strömte durch Tür und Fenster und die Ritzen in den Mauern des Lagerhauses. Einmal unterbrach Lublamai kurz seine Tätigkeit, um sich den Nacken zu massieren. Guteseele verlustierte sich damit, einen verirrten Käfer in Angst und Schrecken zu versetzen. Das Faktotum war schon vor einiger Zeit mit Putzen fertig geworden und stand jetzt leise tickend in der Ecke, eine der optischen Linsen – hatte es den Anschein – unverwandt auf Lublamai gerichtet.
    Nicht lange, nachdem Isaac gegangen war, stand Lublamai auf, beugte sich aus dem offenen Fenster neben seinem Arbeitsplatz und band ein rotes Tuch draußen an einen Mauerhaken. Er schrieb die Dinge auf, die er besorgt haben wollte, falls Teafortwo das Signal

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