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Perdido Street Station 01 - Die Falter

Perdido Street Station 01 - Die Falter

Titel: Perdido Street Station 01 - Die Falter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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Dampfmaschine herausdrang und blakendes Licht einer Öllampe.
    Zwei der Soldaten verschwanden in dem Geheimzimmer. Man hörte einen gedämpften Protestschrei und wiederholte Hammerschläge. Benjamin Flex kam mit Armen und Beinen rudernd aus dem Loch geflogen, Blutstropfen spritzten in strahlenförmigen Mustern an die Wände. Er schlug mit dem Kopf voran auf den Boden, brüllte und versuchte wegzukriechen. Ein Offizier bückte sich, packte ihn an der Hemdbrust, hob ihn mit dampfdruckverstärkter Kraft vom Boden hoch und rammte ihn gegen die Mauer.
    Ben versuchte zu spucken und starrte trotzig auf das unkenntliche, blau maskierte Gesicht – mit dunkel getönter, verschnörkelter Schutzbrille und Gasmaske und Stachelhelm dem Kopf eines Insektendämons ähnlicher als dem eines Menschen.
    Die Stimme, die zischend aus der Mundöffnung drang, war monoton, aber gut verständlich.
    »Benjamin Flex, bitte erklären Sie mündlich oder schriftlich Ihre Bereitschaft, mich und andere Beamte der Miliz von New Crobuzon zu einer Örtlichkeit unserer Wahl zu begleiten, um dort zum Zweck der Preisgabe staatsdienlicher Informationen einem Verhör unterzogen zu werden.« Der Milizzer stauchte Ben gegen die Wand und nickte zufrieden, als dem Delinquenten ein bellender Atemstoß entfuhr. »Zustimmung zur Kenntnis genommen von mir selbst und zwei weiteren Beamten«, schloss er. »Bezeugt?«
    Zwei der Milizionäre hinter ihm nickten synchron und antworteten: »Bezeugt.«
    Der Offizier versetzte Ben einen brutalen Schlag mit dem Handrücken, der dessen Kopf zur Seite und gegen die Mauer schleuderte. Ben sah feurige Sterne, von den aufgeplatzten Lippen lief ihm Blut über das Kinn. Der klobig gepanzerte Mann warf sich den Verhafteten über die Schulter und stapfte aus dem Zimmer.
    Zwei Soldaten neben der Maueröffnung warteten eine gewisse Zeitspanne, dann, mit genau aufeinander abgestimmten Bewegungen, nahm jeder einen großen Metallzylinder vom Gürtel und drückte den Stift nach unten, der eine brisante chymische Reaktion in Gang setzte.
    Sie warfen die Zylinder in das Chaos des verwüsteten Redaktionsbüros, wo das Konstrukt in stoischer Unverdrossenheit das Rad der Druckerpresse drehte. Dann polterten sie wie ungetüme zweibeinige Rhinozerosse hinter ihrer Truppe her den Flur hinunter. Säure und Pulver im Zünder der Stabbombe mischten sich, flammten heiß auf und entzündeten die eigentliche Ladung. Zwei scharfe Detonationen ließen die modrigen Backsteinmauern des Gebäudes erbeben.
    Der Korridor buckelte unter der Gewalt der Explosion, unzählige brennende Fidibusse wurden aus der Tür geblasen, heiße Druckerschwärze und verbogene Leitungsrohre. Glas- und Metalltrümmer schossen in einer Fontäne aus dem Oberlicht. Fetzen von Leitartikeln und Anprangerungen regneten wie schwelendes Konfetti auf die umliegenden Gassen nieder. WIR BEHAUPTEN hieß es auf einem Blatt und BETRUG! auf einem anderen. Auf manchen Schnipseln erkannte man den Zeitungskopf, Lauffeuer, hier zerrissen und verkohlt, nur eine Silbe noch leserlich:
    Lauf …
     
    Einer nach dem anderen klinkten sich die Milizsoldaten mit einer Klaue an ihrem Gürtel an den Seilen fest, betätigten einen Hebel in ihrem integrierten Rucksack und setzten einen starken, unsichtbaren Motor in Gang. Der Gürtelflaschenzug drehte sich, starke Zahnräder griffen ineinander und hievten die plumpen, schwarzen Gestalten am Seil hinauf, zurück in den Bauch des Luftschiffs. Der Offizier hatte seinen Gefangenen immer noch über der Schulter liegen, aber der Flaschenzug bewältigte die doppelte Last ohne Stocken.
    Während lustlose Flammen über die Ruine des zerstörten Schlachthauses spielten, beschloss ein größerer Gegenstand, vom Dach zu fallen, wo die aufgebogene Regenrinne ihm Halt gegeben hatte. Er drehte sich in der Luft und landete scheppernd auf dem Straßenpflaster. Es war der Kopf von Bens Konstrukt mit dem daran befestigten rechten Arm.
    Der Arm bewegte sich krampfhaft, drehte eine Kurbel, die nicht mehr vorhanden war. Der Kopf rollte hin und her wie ein von Zinn umhüllter Totenschädel, und für einen grausigen Moment entstand der Eindruck bewusster Bewegung, als er von dem auf und zu klappenden Unterkiefer über den rauen Boden geschoben wurde.
    Nach einer halben Minute waren die letzten Energiereserven verbraucht. Die Glasaugen vibrierten, glotzten starr. Nichts rührte sich mehr.
    Ein Schatten streifte das leblose Konstrukt, als das Luftschiff, nachdem es seine Besatzung

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