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Perdido Street Station 01 - Die Falter

Perdido Street Station 01 - Die Falter

Titel: Perdido Street Station 01 - Die Falter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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Rücken von Mr. X, der gebannt auf die Bilder der nun ausgespannten Flügel starrte, hypnotisch wallende Muster der in chaotischen Sequenzen unter der Haut der Kreaturen pulsierenden Pigmentzellen.
    Mr. X trat zurück, um die Flügel besser sehen zu können. Sein Gesichtsausdruck war nicht zu erkennen.
    Der Gierfalter hielt ihn in seinem Bann. Er war größer als ein Bär. Ein Bündel peitschendünner Appendizes wuchs aus seinen Flanken und schnellte zu Mr. X hin. Andere, kleinere, scharf bekrallte Gliedmaßen öffneten und schlossen sich erwartungsvoll.
    Die Kreatur stand auf Beinen, die aussahen wie Affenarme; sie hatte drei Paar davon. Je nach Belieben war sie ein Zwei-, Vier- oder Sechsfüßler.
    Jetzt reckte sie sich in die Höhe, und ein scharfgratiger Schwanz schlüpfte zwischen den Beinen hervor, als Stütze. Das Gesicht …
    (Unablässig in Bewegung, diese unregelmäßig gezackten Schwingen, in jeden Winkel des Raums züngelnd, jeder veränderlich und unbeständig wie Öl auf Wasser, jeder das exakte Spiegelbild des anderen, fließende Muster, lockend, lähmend.)
    Der Falter hatte keine erkennbaren Augen, nur zwei tiefe Gruben, aus denen, stumpfen Fingern ähnlich, fleischige, biegsame Fühler sprossen, darunter fletschten Reihen großer quadratischer Zähne. Isaac überlief es eiskalt, als die Kreatur den Kopf zur Seite neigte und dieses unbeschreibliche Maul öffnete, aus dem sich eine albtraumhafte Zunge rollte, tentakelartig, speicheltriefend.
    Sie schleckte durch die Luft. Die Spitze war mit hauchfeinen Alveolen besetzt, die pulsierten, während das ungetüme Organ herumschlenkerte wie ein Elefantenrüssel.
    »Es sucht mich«, wimmerte Barbile, riss sich los und rannte zur Tür.
    Augenblicklich folgte die Zunge des Gierfalters der Bewegung, und dann ging alles sehr schnell. Ein Knochenspieß oder Ähnliches zuckte vor und stieß durch Mr. X’ Schädel wie durch Wasser. Mr. X erschauerte; noch ehe der erste Blutstropfen aus den Wunden quoll, umfing ihn der Gierfalter mit vier seiner Arme, riss ihn dichter zu sich heran und schleuderte ihn dann quer durchs Zimmer.
    Auf seiner Bahn zog er Blut und Knochensplitter hinter sich her wie einen Kometenschweif. Er starb im Fluge.
    Tot prallte er gegen Barbiles Rücken und stieß sie zu Boden, dann landete er schwer und schlaff vor der Tür. Seine Augen standen offen.
    Lemuel, Isaac und Derkhan ergriffen nun ernsthaft die Flucht. Alle schrien durcheinander in einer Kakophonie verschiedener Stimmlagen.
    Lemuel machte einen Satz über Barbile hinweg, die panikerfüllt unter Mr. X’ massigem Torso hervorzukriechen versuchte. Sie wälzte sich auf den Rücken und schrie um Hilfe. Isaac und Derkhan erreichten sie gleichzeitig, packten ihre Arme und zogen. Sie hielt die Augen fest geschlossen.
    Doch als sie Mr. X’ Leichnam von ihr heruntergerollt hatten und Lemuel seinen in Ausübung seines Berufs gestorbenen Leibwächter mit verzweifelten Fußtritten von der Tür wegbeförderte, kroch unversehens ein zäher, gummiartiger Tentakel heran und ringelte sich blitzschnell um Barbiles Fußknöchel. Sie spürte es und fing an zu schreien.
    Derkhan und Isaac stemmten sich dem Zug entgegen, dann aber ruckte der Tentakel, und Barbile wurde ihnen mit demütigender Leichtigkeit aus den Händen gerissen. Sie rutschte a tempo über den Dielenboden, man hörte ihre Kleider an Holzsplittern ratschen.
    Ihre Stimme überschlug sich.
    Lemuel hatte unterdessen die Tür aufgerissen, stürmte hinaus und die Treppe hinunter, ohne noch einen Blick zurückzuwerfen. Isaac und Derkhan richteten sich auf, drehten wie auf Befehl den Kopf und richteten den Blick in den Spiegel.
    Beiden entfuhr ein Laut des Entsetzens.
    Barbile wand sich unaufhörlich schreiend in der vielarmigen Umklammerung des Gierfalters. Gliedmaßen und Hautfalten streichelten sie. Sie schlug um sich, und eine lebendige Schlinge umfasste ihre Handgelenke; sie trat mit den Füßen, und ein Tentakel fesselte ihre Beine.
    Die riesenhafte Kreatur neigte den Kopf zur Seite und es entstand der Eindruck, dass sie ihre Gefangene mit Appetit und Wohlwollen betrachtete, dabei stieß sie glucksende, obszöne Laute aus.
    Das letzte Paar Hände kroch heran und befingerte Barbiles zusammengekniffene Augen. Versuchten, zärtlich und sanft, sie zu öffnen.
    Barbile kreischte und wimmerte und bettelte um Hilfe, und Isaac und Derkhan standen da und schauten, fasziniert.
    Derkhan griff mit flatternden Händen in die Jacke und zog ihre Pistole

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