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Perdido Street Station 01 - Die Falter

Perdido Street Station 01 - Die Falter

Titel: Perdido Street Station 01 - Die Falter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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flackerte und breitete sich aus. »Man kann sie nicht töten«, sagte er.
    »Erzähl mir nichts! Alles, was lebt, kann auch sterben.«
    »Du missverstehst mich. In abstracto können sie natürlich sterben, ergo ist es, theoretisch, möglich sie zu töten. Aber in der Praxis … Sie existieren auf verschiedenen Ebenen, wie schon gesagt, und Kugeln, Feuer oder was immer wirken nur auf einer. Man müsste sie in mehreren Dimensionen gleichzeitig treffen, oder ihnen in dieser einen außergewöhnlich großen Schaden zufügen, und die Gelegenheit dazu werden sie euch nicht geben. Verstehst du?«
    »Dann hilft nur laterales Denken …« Isaac trommelte sich mit den Handballen gegen die Schläfen. »Was ist mit biologischer Schädlingsbekämpfung? Natürliche Feinde …«
    »Haben sie nicht. Sie stehen an der Spitze ihrer Nahrungskette. Wir sind ziemlich sicher, dass es in ihrer ursprünglichen Heimat Tiere gibt, die dazu ausgerüstet sind, sie zu jagen und zu töten, aber nicht in etlichen tausend Meilen Umkreis von hier. Außerdem, wenn wir mit dieser Vermutung Recht haben sollten, hieße es, den Teufel mit dem Seibeiuns auszutreiben, und New Crobuzon wäre erst recht dem Untergang geweiht.«
    Isaac stöhnte. »Gütiger Jabber! Ohne Feinde oder Konkurrenten, mit einem massiven Angebot an Nahrung, frisch und ständig aufgefüllt … Wer soll ihnen Einhalt gebieten?«
    »Und dabei«, sagte Vermishank langsam, »haben wir noch nicht einmal bedacht, was geschieht, wenn sie … Sie sind noch jung, müsst ihr wissen, nicht ausgewachsen. Aber bald, wenn die Nächte heiß werden … Wir müssen überlegen, was passiert, wenn sie sich paaren …«
    Das Schweigen im Raum bekam ein drückendes Gewicht. Vermishank bemühte sich um eine ausdruckslose Miene, aber wieder erkannte Isaac die schreckliche Angst hinter der Maske. Vermishank fürchtete sich. Er wusste, was auf dem Spiel stand.
    Weiter hinten im Raum fuhrwerkte rotierend, zischend und scheppernd das Konstrukt. Es rollte scheinbar planlos hierhin und dorthin, verteilte Staub und Dreck und zog seinen Spieß zum Aufsammeln von Papier und anderem Abfall hinter sich her.
    Reparatur für die Katz’, dachte Isaac und wandte sich wieder an Vermishank. »Wann ist damit zu rechnen, dass sie sich paaren?«
    Vermishank leckte sich den Schweiß von der Oberlippe. »Sie sind Zwitter, habe ich mir sagen lassen. Wir selbst hatten nie Gelegenheit, sie bei der Paarung zu beobachten oder bei der Eiablage. Wir wissen nur, was man uns berichtet hat. Sie kommen in der zweiten Hälfte des Sommers in Hitze. Ein Exemplar übernimmt die Rolle des Weibchens. So um Sinn, Octuary herum. Normalerweise. Normalerweise, wohlgemerkt.«
    »Komm schon! Es muss eine Möglichkeit geben, sich ihrer zu erwehren!«, rief Isaac. »Versuch nicht, mir weiszumachen, Rudgutter hätte nicht etwas in der Hinterhand …«
    »Davon weiß ich nichts. Ich meine, natürlich weiß ich, dass ein Notfallplan existiert. Selbstverständlich. Aber wie er aussieht, kann ich nicht sagen. Ich habe …« Vermishank zögerte.
    »Ja was?«
    »Mir ist zu Ohren gekommen, dass man sich an die Dæmonen um Hilfe gewandt hat.« Keiner sagte ein Wort. Vermishank räusperte sich und fuhr fort: »Und dass sie verweigert wurde. Trotz massiver Bestechungsversuche.«
    »Warum?«, fragte Derkhan.
    »Weil die Dæmonen Angst hatten.« Vermishank leckte sich über die Lippen. Die eigene Angst, die er zu unterdrücken versuchte, machte sich wieder bemerkbar. »Versteht ihr, was das heißt? Sie hatten Angst. Denn trotz all ihrer Macht und ihrer übernatürlichen Kräfte – sie denken wie wir. Sie haben Vernunft, Intellekt, und soweit es die Gierfalter betrifft, sind sie deshalb – Beute. Jagdbares Wild.«
    Alle im Raum schwiegen. Der Lauf der Pistole in Lemuels Hand sank herab, aber Vermishank unternahm keinen Versuch zu fliehen; er war mit seinen Gedanken bei dem künftigen Schreckensszenario.
    »Was sollen wir unternehmen?«, fragte Isaac. Seine Stimme schwankte.
    Das Schnarren und Klappern des Faktotums wurde lauter. Die Maschine drehte sich auf ihrem mittleren Rad im Kreis. Ihre Funktionsarme waren ausgefahren und trommelten ein Stakkato auf den Dielenboden. Erst Derkhan, dann Isaac und David drehten sich nach ihr um.
    »Ich kann nicht denken bei dem Krach, den diese Blechbüchse veranstaltet!«, brüllte Isaac und sprang auf, um seine Hilflosigkeit und Angst an dem Konstrukt auszulassen. Bei seinem Näherkommen wirbelte es herum, fixierte ihn mit

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