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Perdido Street Station 01 - Die Falter

Perdido Street Station 01 - Die Falter

Titel: Perdido Street Station 01 - Die Falter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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Tauben und Spatzen und Stare äußerten ihre Kritik an der Situation mit Gurren, Tschilpen und Rätschen – obwohl keine stimmgewaltigen Solisten, ergaben sie en masse einen scharfen, durchdringenden Chor. Papageien und Kanaris setzten schrille Ausrufezeichen, die Isaac zusammenzucken ließen. Gänse und Hühner und Enten ergänzten die Kakophonie um eine rustikale Note. Starrgesichtige Aspis’ warfen flatternd die kleinen Eidechsenkörper gegen den Maschendraht ihrer Käfige. Sie leckten sich mit den winzigen Löwengesichtern die Wunden und brüllten wie kampflustige Mäuse. Um große Glasbehälter mit Fliegen und Bienen und Wespen vibrierte ein an- und abschwellendes, bedrohliches Summen. Fledermäuse musterten Isaac kopfunter mit grellen Äuglein; Libellenschlangen ließen die lanzettförmigen Flügel surren und zischten laut.
    Die Käfige waren nicht gereinigt, und stechender Ammoniakgeruch hing in der Luft. Guteseele zockelte unruhig herum, witterte und schüttelte den gestreiften Kopf. David folgte Isaacs Blick.
    »Ja«, rief er, »sieht du? Der Gestank treibt sie zur Verzweiflung.«
    Isaac räusperte sich. »Freunde und Kollegen, ich weiß eure Langmut zu schätzen, glaubt mir. Es ist eine Sache von Geben und Nehmen, stimmt’s? Lub, weißt du noch, deine Klangexperimente? Als so ein Knabe sich zwei Tage lang an dieser riesigen Trommel ausgetobt hat?«
    »Das waren zwei Tage, mit deinem neuen Faible leben wir schon fast eine Woche! Wie lange noch? Was hast du für einen Termin? Wenigstens ausmisten könntest du!«
    Isaac musterte die zwei finsteren Gesichter. Sie waren ernsthaft wütend. Er zerbrach sich den Kopf nach einem Kompromiss.
    »Also gut«, sagte er schließlich. »Ich miste aus, heute Abend. Versprochen. Und ich werde Tag und Nacht schuften – ich weiß! Ich werde mir zuerst die vornehmen, die den meisten Lärm machen. Wenn ich mich beeile, ist das Schlimmste vorbei in«, – er wagte es kaum auszusprechen –, »zwei Wochen?«
    David und Lublamai johlten, doch er unterbrach ihre Pfiffe und Verwünschungen. »Dafür übernehme ich im nächsten Monat einen höheren Anteil der Miete. Was sagt ihr dazu?«
    Das Gespött verstummte augenblicklich, seine beiden Kollegen schauten abwägend zu ihm hinauf. Sie waren Brüder im Geiste, die bösen Buben von Brock Marsh, aber sie lebten von der Hand in den Mund, und bei Geld hörte die Freundschaft auf. Dessen eingedenk, war Isaac bemüht zu verhindern, dass sie etwa auf den Gedanken kamen, sich ein neues Quartier zu suchen. Nie und nimmer konnte er allein die Miete aufbringen.
    »Von welcher Summe reden wir?«, wollte David wissen.
    Isaac wog ab. »Zwei Guineen zusätzlich?«
    David und Lublamai tauschten einen Blick. Das Angebot war nicht zu verachten.
    »Und«, Isaac nutzte seinen Vorteil, »da wir gerade davon sprechen, ich könnte etwas Hilfe gebrauchen. Ich weiß nicht recht, wie ich mit einigen dieser – hm – wissenschaftlichen Versuchsobjekte umgehen soll. Hast du nicht früher mal ein Praktikum in Zoologie gemacht, David?«
    »Nein«, antwortete David scharf. »Ich war Assistent bei einem Professor für theoretische Ornithologie. Sterbenslangweilig. Und deine Manipulationsversuche sind trostlos durchschaubar, mein Bester. Deine verflohten Flattermänner werden mir nicht sympathischer, wenn du mich in dein Projekt einbeziehst… « Er lachte mit einem Anflug echter Belustigung. »Hast du ein Kurs in empathischer Menschenführung belegt, oder was?«
    Doch ungeachtet seiner Spöttelei, stieg David die Treppe hinauf, Lublamai im Schlepptau.
    Oben blieb er stehen und bestaunte die Masse der lamentierenden Gefangenen.
    »Teufels Dreizack, Isaac«, flüsterte er schließlich. »Was hat dich das gekostet?«
    »Lemuel hat mir noch keine Rechnung aufgemacht«, antwortete Isaac vorsichtig. »Aber mein neuer Auftraggeber steht dafür grade.«
    Lublamai hatte ebenfalls die oberste Stufe erklommen, er zeigte auf einen Stapel verschieden großer Kästen in der hinteren Ecke.
    »Was ist da drin?«
    »Da bewahre ich meine Exotica auf. Aspis, Lasifliegen …«
    »Du hast eine Lasifliege?«, rief Lublamai. Isaac nickte grinsend.
    »Ich bring’s nicht über’s Herz, mit dem niedlichen Ding Experimente anzustellen.«
    »Kann ich sie sehen?«
    »Na klar. Sie steht da drüben hinter dem Kasten mit den Fiedertieren.«
    Während Lublamai zu den Käfigstapeln hinübertrabte, schaute David sich unternehmungslustig um.
    »Wo ist denn nun dein ornithologisches Problem?«,

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